Race Around Austria Challenge Unsupported

01:30 Uhr ist keine gute Zeit für wohlüberlegte Entscheidungen - vor allem wenn man schon seit zehn Stunden im Sattel sitzt, noch 330 Kilometer bis zur Ziellinie fehlen und man in einem Wartehäuschen einer Busstation liegt und darauf wartet, dass sich der Kreislauf erfängt... Doch wie ist es soweit gekommen??

# Prolog

Nach drei Jahren des Fotografierens beim Race Around Austria war 2020 das Jahr der Teilnahme - irgendwann kommt man einfach nicht mehr aus. Und die neue Kategorie "Unsupported" war genau der richtige letzte Anreiz für eine Teilnahme - kein Team, das man organisieren muss, kein Auto, das man mieten muss, keine Verpflichtungen anderen gegenüber.

Ich weiß nicht genau, ob man meine Vorbereitung auch so nennen kann. Ich habe versucht, zwischen Corona, Homeoffice und Familie möglichst viel Zeit im Sattel zu verbringen. Das war in meinen Augen wichtiger und sinnvoller als ein strukturierter Trainingsplan, der wohl nicht so gut mit meiner (zwangsläufig) spontanen Zeitplanung funktioniert hätte. Bis zum RAA sind es dann doch rund 6.000 Kilometer geworden - ein Wert, der mich grundsätzlich recht optimistisch auf den August zugehen hat lassen. Zwei Dinge konnte ich nicht wie geplant oder gewünscht umsetzen: Ich wollte mehr lange Ausfahrten machen, um mich und meinen Körper an längere Belastungen zu gewöhnen - geworden ist es dann nur eine richtig lange Ausfahrt, der 300er nach Mariazell. Ebenfalls nicht ausprobieren konnte ich längere Nachtfahrten - sowohl als Test für meine Lampen und deren Akkus als auch für mich in psychologischer Hinsicht.

Ausreichend (oder wahrscheinlich zu viel) habe ich in Gedanken über mein Equipment investiert. Das Streckenstudium auf diversen Karten hat mir viel Spaß gemacht und war fast so gut wie eine echte Probefahrt (auch wenn man natürlich kein richtiges Gefühl für die Route bekommt...). Auch in Detailfragen wie Akkulaufzeiten, Kalorienbilanzen, Taschenvolumen und Pack-Varianten hab ich mich mit großer Freude vertieft, einiges vermutlich schon "zer-dacht" und da und dort über das Ziel hinausgeschossen.

Am Ende kommt das Event dann schnell näher und näher und so richtig bereit wird man nie sein... Die Ungeduld, endlich losfahren zu können und nicht mehr an dieses oder jenes denken zu müssen hat die letzten zwei Wochen vor dem Rennen überwogen. Dass ich die ersten beiden Tage der RAA-Woche noch die anderen Teilnehmer fotografieren konnte, war als Ablenkung durchaus willkommen und hilfreich. Mit Nora und ihrem Team und Michael, der wie ich in der Unsupported-Kategorie am Start stand, konnte man sich außerdem noch vortrefflich die Stunden vor dem Rennen schön gestalten. Die Stimmung war zwischen Vorfreude und Begeisterung bis hin zum gegenseitigen "Anstacheln" wie es früher in der Schule vor wichtigen Schularbeiten üblich war.

# I: St. Georgen - Schärding

Um 15:28 am Mittwoch sind alle diese Gedanken und Unsicherheiten wie verflogen. Moderator und Freund Oliver schickt mich mit motivierenden Worten die Startrampe hinunter und schon nach den ersten Metern durch St. Georgen ist man plötzlich ganz alleine, tritt beständig in die Pedale und es ist schlicht und ergreifend nicht greifbar, was da nun vor einem liegt. 560 Kilometer und 6000+ Höhenmeter sind eine Kategorie, die so einfach nicht fassbar ist, wenn man zuvor noch nie solche Distanzen zurückgelegt hat. 300 sind mittlerweile eine Kategorie, an der sich viele abgearbeitet haben. Aber sind 560 nun so wie 300 nur etwas länger? Kommt man in einen Flowzustand und die Kilometer verfliegen nur so? Oder sind 560 einfach fast doppelt so viel wie 300 und es wird einfach eine einzige große Quälerei?

Die ersten 100 Kilometer des Rennen führen durch das relativ flache Innviertel, das Terrain liegt mir - dennoch bin ich etwas überrascht, dass beim ersten Stop bei einer Tankstelle bei Suben ein 30er-Schnitt auf meinem Tacho aufscheint. Verbunden mit den heißen Temperaturen des späten Nachmittags dräut mir, dass das eventuell ein zu schneller und zu ressourcenraubender Start ins Rennen war.

# II: Sauwald (Schärding - Passau)

Aus Schärding klettert man kurz über eine 16%-Rampe die Stadt hinaus, nach 100 Kilometern des Drückens im Sitzen sind die ersten Höhenmeter fast eine Erleichterung. Es ist ca. 19:30 und ich radle in einen wunderbaren Sonnenuntergang, die Felder rechts und links von mir scheinen golden und es wirkt wie eine schöne, lange Ausfahrt, die gemütlich in den Abend hineinführt. Kurz vor Schardenberg treffe ich auf Sylvia aus dem Wiener Verein Mitzi and Friends, die mit Familie am Straßenrand steht und alle Fahrerinnen und Fahrer anfeuert - das gibt Kraft und wird nur der erste von vielen Momenten sein, in dem man Energie aus großartigen Anfeuerungen erhält. Die Abfahrt Richtung Passau - hinunter zur Donau - fließt dahin und flott bin ich bei Kilometer 130 angelangt.

# III: Passau - Niederranna

Es folgen 30 Kilometer entlang der Donau, die Szenerie - obwohl landschaftlich sehr ansprechend - wird eintöniger: links Donau, rechts Wald. Die Sonne zeichnet sich mittlerweile nur noch als dunkelroter Streifen am Horizont hinter mir ab, ansonsten senkt sich jetzt die Nacht über mich. Seit 20:00 gelten die Nachtregeln des Rennens, das bedeutet, dass vorne und hinten am Rad die Lichter eingeschaltet sein müssen. Und während die Fahrer mit Betreuerfahrzeug im Scheinwerferlicht desselben unterwegs sind, müssen die Lampen der Unsupported-Fahrer*innen so stark sein, dass sie ein gefahrloses Vorankommen auch in der finstersten Nacht ermöglichen (entsprechende Akkukapazitäten inklusive).

Um 21:00 erreiche ich die Donaubrücke bei Niederranna, die das Ende der flachen Kilometer markiert und den Beginn des berühmt-berüchtigten Mühlviertels. "Ende" ist auch ein Stichwort, das mein Körper sich denkt. Als Familienvater habe ich mich in den letzten zwei Jahren an eher frühes Schlafengehen gewöhnt, dementsprechend zeigt mein Körper recht wenig Bereitschaft, weiterhin vollen Betrieb zu ermöglichen.

# IV: Mühlviertel (Niederranna - Ulrichsberg)

Müde und mit einem von den hohen Temperaturen zu Beginn des Rennens ermatteten Kreislauf kurble ich die erste größere Steigung des Rennens hinauf - rund vier Kilometer direkt von der Donau hinauf in ein Dorf namens "Dorf". Oben angekommen brauche ich erst einmal eine Pause, irgendwie hat die Akklimatisierung an Nacht und frischere Temperaturen noch nicht funktioniert. Ich setze mich zu einer Busstation, entspanne meinen Rücken, trinke ein Ensure und beobachte die Challenge-Fahrer*innen, die in der Deckung ihrer Betreuerfahrzeuge an mir vorbeirollen. Ich habe übrigens zu keinem Zeitpunkt - auch später im Rennen - nie den Eindruck, "überholt" zu werden wenn jemand an mir vorbeifährt. Vielmehr ist es ein Miteinander, ein gemeinsames Bewältigen dieser Prüfung, man sitzt auf gewisse Art und Weise im gleichen Boot.

Die Landschaft des Mühlviertels und dessen Schönheit kenne ich von früher - jetzt ist alles was ich sehe, der Lichtkegel meiner Lupine Piko und weiter als 10-20 Meter reicht der auf höchster Stufe auch nicht. Aus der Finsternis rechts und links von mir tönt jedoch immer wieder spontanes Klatschen oder Johlen. Und dann sind da noch die Fan-Zonen: Von der Stimmung in Julbach hat man schon vor dem Start gehört, dass jedoch in so gut wie jedem Ort auf dem Weg dahin auch schon Menschen auf den Straßen stehen und alles und jeden anfeuern, was dort vorbeikommt, darauf war ich keinesfalls vorbereitet. Anfeuerungen, Musik, Klatschen, Rattern, Jugendliche, die über hunderte Meter mitlaufen - das alles verleiht einem vielleicht keine Superkräfte aber es hilft enorm, die schwierigen Stunden in der Nacht leichter absolvieren zu können. Wie soll man stehenbleiben oder schlappmachen, wenn alle 500 Meter jemand steht, der sich für einen die Seele aus dem Leib brüllt...

Nach harten 35 Kilometern ständigen Auf und Abs (ständig!), ist Ulrichsberg erreicht, die erste Timestation des Rennens und mit knapp 200 Kilometern ist zumindest schon ein gutes Drittel absolviert.

# V: Ulrichsberg - Vorderweißenbach

Die Strecke von Ulrichsberg bis Vorderweißenbach bin ich - etwas abgeändert und großteils in die andere Richtung - schon einmal gefahren aber mitten in der Nacht bringt einem die vermeintliche Streckenkenntnis nicht wirklich viel. Und haben die Fans im Mühlviertel noch für Zerstreuung und Kurzweil gesorgt, ist man nun endgültig alleine mit dem Geräusch der Wildwarnvorrichtungen an den seitlichen Fahrbahnbegrenzern, die einen mit einem freundlichen Piepsen begrüßen, sobald der Lichtstrahl auf die Sensoren fällt. Seit Beginn des Mühlviertels hat sich mein Kreislauf nicht wirklich erfangen und dass ich um diese Zeit sonst üblicherweise sanft vor mich hin schlummere, macht die Situation nicht besser. Die Essensaufnahme wird zunehmend schwieriger - ein Thema, auf das ich besonderen Wert legen wollte, weiß ich doch von mir selbst, dass hier meine größte Achillesferse liegt. Meinen Mix aus Riegeln, Gels und Ensure-Flüssignahrung habe ich auf nur noch Ensure reduziert, beim Gedanken an einen der süßen Riegel wird mir schlecht. Unterbrochen durch einige kleinere Pausen von zwei bis drei Minuten arbeite ich mich bis Haslach vor, kurble noch stetig den Anstieg nach St. Stefan und Afiesl hinauf, nur um auf der darauffolgenden Abfahrt zu merken, dass ich wohl doch eine etwas längere Pause einlegen sollte. Der Körper ist im Notbetrieb, es ist kalt geworden und statt im untersten Bereich weiterzutreten möchte ich meinem Körper die Möglichkeit bieten, sich zu erholen. In einem geräumigen Bushäuschen irgendwo bei Vorderweißenbach drehe ich meine Lampen ab, knülle mein Gilet zu einem Polster zusammen und stelle mir einen Timer auf 20 Minuten ein. Ich schlafe tatsächlich in der Sekunde ein und erst der Ton des Telefons weckt mich wieder auf. Ich stelle noch einen Timer - diesmal 15 Minuten -, doch die warte ich nicht mehr zur Gänze ab. Schlafen geht nicht mehr, ich zittere ob der Kälte und merke, dass ein längerer Stop an dieser Stelle keine positiven Effekte mehr bringen würde.

# VI: Vorderweißenbach - Freistadt

Die ersten Meter nach der Pause sind etwas beschwerlich, der Körper ist abgekühlt und das grundsätzliche Gefühl, dass ich jetzt gerade in einem kuscheligen Bett besser aufgehoben wäre, ist nicht verflogen. Die folgenden 25 Kilometer sind für mich mit die schwersten des Rennens - es ist stockfinstere Nacht, andere Teams sind weit und breit nicht zu sehen und die Topographie hat sich zwar etwas gemäßigt, auf und ab geht es trotzdem noch die ganze Zeit. Die einzige Ablenkung bietet ein Unsupported-Kollege, dessen Licht auszugehen droht und das er - mangels USB-Kabel - nicht nachladen kann. Nach einem beruhigenden Blick auf den Ladestand meines Test-Garmin 1030 Plus verschenke ich mein USB-Kabel und setze meine Fahrt fort. Ich habe in den den letzten Stunden in Gedanken immer wieder einmal kurz nach potentiellen Ausreden gesucht, erfundene Defekten und Probleme durchgespielt - ohne Konsequenzen. Aber dass jemand tatsächlich ohne Licht im Mühlviertel strandet und mit der Weiterfahrt auf das Ende der Nachtphase um 06:30 warten muss, das möchte ich dann doch verhindern.

In Rainbach im Mühlkreis erwachen die Sinne dann wieder - zwangsläufig. Wer hätte gedacht, dass tschechische Sattelschlepper, die einem auf Autobahnausweichrouten ansonsten eher versuchen, das Leben zu nehmen, in diesem Fall eher für das notwendige Zurückkehren ins Leben sorgen...

In Freistadt treffe ich auf Nora und ihr Team, ein großartiger Lichtblick in dieser düsteren Nacht! Sie haben mich während meiner Ruhepause im Bushäuschen überholt. Ich geselle mich dazu, mache eine kurze Pause und schnorre Wasser von ihren Begleitern. Meine nächtliche Krise ist - hier in Freistadt um 04:00 Uhr früh durchstanden!

# VII: Freistadt - Enns

Die folgenden 40 Kilometer geht es tendenziell bergab, soviel habe ich mir vom Höhenprofil gemerkt. Und auch die Worte von Erwin Mayer - dem Organisator des King of the Lake - hallen in meinen Ohren: er meinte, bis Freistadt muss man überleben, danach fährt man sinngemäß nur noch heim. Ab Pregarten spielt sich am Horizont ein leichter Anflug von Dämmerung ab, das Ende der Nacht ist damit absehbar und diese große Prüfung damit vor ihrem Ende. Beginnender Pendlerverkehr Richtung Enns zeugt vom baldigen Beginn der 06:00 Uhr Frühschicht, meine Schicht dauert an dieser Stelle bereits zwölf Stunden, in denen ich allerdings auch die Hälfte der Distanz der RAA Challenge zurückgelegt habe. Der Blick auf die Zahlen am Display des Radcomputers ist damit gar nicht so schlecht und im Wesentlichen ganz zufriedenstellend, wenn es denn in dieser Manier so weitergeht.

Bei Mauthausen wird die Donau gequert, starker Frühverkehr mit hohem LKW-Anteil setzt ein. Bei einer JET-Tankstelle ist es Zeit für etwas Festes zwischen den Zähnen. Auch wenn ein Speck-Käse-Mayonaise-Baguette nicht wirklich im Sinne der Leistungsentfaltung ist, die Seele dankt es in hohem Maße.

# VIII: Enns - Steyr

Von Enns bis Steyr ist man kurz in Niederösterreich unterwegs - übrigens nicht der einzige Ausflug in ein Nachbarbundesland bei der Race Around Austria Challenge (zu Beginn ist man kurz in Salzburg unterwegs, der Fuß des Hengstpasses liegt in der Steiermark). Knapp 40 Kilometer geht es in den ersten Morgenstunden zwischen goldenen Feldern hindurch und über kleine Wege und Straßen Richtung Voralpen. Die Licht-Stimmung ist ähnlich wie rund um Schärding rund 12 Stunden zuvor und ich lasse kurz die Gedanken schweifen, was in dieser Zeitspanne alles passiert ist. Immer wieder ertappe ich mich, wie ich in Gedanken die fehlenden Kilometer durchgehe, darüber nachdenke, was noch alles kommt, noch alles fehlt und wie "mühsam" das alles werden würde. Diese Gedanken gilt es sofort und in der Sekunde beiseite zu schieben. Es zählt immer nur der nächste Stop, das nächste Zwischenziel, das ich mir auf meinem Aufkleber auf meinem Vorbau notiert habe, die nächste Tankstelle oder der nächste Brunnen. Reicht schon, dass mein Körper und meine Beine nie wieder so richtig aus dem Not-Modus zurückgekehrt sind. Da muss zumindest der Kopf noch weiterhin einwandfrei funktionieren!

In Steyr ist Kilometer 340 erreicht, bei der Firma Hrinkow Bikes ist das sogenannte Depot situiert. Der Veranstalter des RAA hat - hauptsächlich aus Sicherheitsgründen - eine Möglichkeit vorgesehen, Vorräte, Gewand oder was auch immer man benötigt, in einer Box in Steyr zu hinterlegen. Puristen mögen an dieser Stelle einwenden, dass das Ganze dann nicht mehr unsupported ist. Auf der einen Seite haben sie damit recht, auf der anderen Seite ist es aber auch egal, weil gleiche Möglichkeit für alle und für die erste Austragung eines derartigen Rennens ist eine Rückfallebene sicher kein Fehler. In Steyr stehend ist mir das in diesem Moment aber ohnehin gleichgültig! Ich fasse aus meiner Box neue Ensure-Flaschen, die mich bis ins Ziel ausreichend versorgen sollen, Riegel und Gels greife ich erst gar nicht mehr an. Frische Flaschen ersetzen die klebrigen, schmutzigen, benützten. Ein Blick auf die Boxen, die außer meiner noch im Depot auf ihre Abholung warten, zeigt mir, dass ich platzierungstechnisch wohl nicht mehr allzu viel herausholen kann. Aber das war von Anfang an nicht der Plan also wird auch dieser Gedanke wieder verworfen.

# IX: Steyr - Hengstpass

Über die folgenden 60 Kilometer durch das Ennstal möchte ich am liebsten gar nicht allzu viel schreiben! Es würde mich entweder traurig oder aggressiv machen... Irgendwie hatte ich diesen Abschnitt in meiner Rennplanung entweder nicht genau genau angeschaut (auf der Karte und im Höhenprofil) oder ich habe mich massiv verschätzt. Gerechnet habe ich mit einer zwar mühsamen aber annehmbaren Anfahrt auf das Gesäuse, die mit ein paar wenigen Steigungsprozenten dahinschmiert. Tatsächlich geht es dort in einem durch bergauf und bergab, kleinere Hügel, größere Hügel, lange Geraden, kleinere Hügel, größere Hügel. Uhrzeitbedingt war der Verkehr recht stark und auch die mittlerweile aufgegangene Sonne sorgte wieder für höhere Temperaturen. Geholfen haben mir die Challenge-Teams, die rund um mich - einmal vor mir, einmal hinter mir - unterwegs waren. Geholfen haben sie mir sowohl physisch - durch Wasser in meine leeren Flaschen -, als auch psychisch, durch deren Anwesenheit. Martin und Ariane "kenne" ich etwas besser von Instagram und Strava, hier ist es ungemein hilfreich, wenn jemand in der Nähe ist. Nicht, dass sie mir großartig helfen könnten aber es ist schon ein gutes Gefühl, dass da noch jemand unterwegs ist, der vielleicht in einer ähnlichen Situation ist wie man selbst.

# X: Hengstpass - Micheldorf

Altenmarkt markiert das Ende des Ennstals und das Tor zur nächsten Prüfung. Der Hengstpass ist nominell keine allzu große Herausforderung, einzig die Länge von mehr als 20 Kilometern schreckt ab. Die Steigung ist zu Beginn sehr moderat und zieht erst im oberen Teil an, dann ist es aber auch schon wieder vorbei. Problem an der Sache ist eher, dass man an dieser Stelle bereits 400 Kilometer in den Beinen hat. Wie Nora in ihrem Blogbeitrag ganz richtig angemerkt hat, sind die schnellen Fahrer*innen hier unterwegs, wenn es gemütliche Nacht- oder Morgentemperaturen hat. Ist man - so wie ich - dort kurz vor Mittag, dann steht dort schon einmal die Luft bei lauschigen 30 Grad. Aber auch da waren wieder Challenge-Fahrer in meiner Nähe, die mir das Gefühl geben konnten, nicht alleine in diesem Boot zu sitzen.

Am Hengstpass angekommen gibt es die Möglichkeit für eine kurze Pause und das Auffüllen der Flaschen. Ensure reinhauen und weiter gehts! Die Abfahrt nach Windischgarsten ist schön aber zu kurz, als dass man sich hier großartig erholen könnte. Wie die Auffahrt zum Hengstpass ist auch die Abfahrt nicht mit großen Steigungsprozenten gesegnet, insofern rollt man nicht allzu lange gemütlich dahin sondern muss recht bald wieder kräftig in die Pedale treten.

Apropos kräftig in die Pedale treten: War bei der Anfahrt zum Hengstpass nach Süden noch ein lästiger Gegenwind zu spüren, so hätte man für den Abschnitt vom Hengstpass weg (Richtung Norden!) dann wohl Rückenwind erwarten können. Aber weit gefehlt, auch die 35 Kilometer Richtung Kirchdorf an der Krems kam der Wind von vorne und bremste die letzten Anflüge von Leistungsentfaltung nachhaltig. Bei der Tankstelle in St. Pankraz hatte ich schon vor dem Rennen eine Rast eingeplant, Tankstellen nahe Autobahnabfahrten sind nicht nur 24 Stunden geöffnet sondern bieten auch ein gutes Sortiment. Ein Coca Cola und ein Croissant später sieht die Welt fast immer etwas besser aus - so hangelt man sich von Kilometer zu Kilometer, Station zu Station. Den Rest der Strecke kenne ich vom Fotografieren der Challenge recht gut - ob das nun ein Vorteil oder Nachteil ist, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht restlos geklärt.

# XI: Ziehberg - Hochlecken

"Noch 100 Kilometer!" war der Gedanke beim Blick auf den Garmin, die Übersetzung ("Bei deinem Schnitt bist du also noch gute vier Stunden unterwegs") galt es wiederum schnell zu verbannen. Der Ziehberg war einfacher zu fahren als befürchtet, beim Fotografieren und Befahren mit dem Auto hat sich dieser tatsächlich schwieriger "angefühlt". Einzig die 38 Grad, die der Garmin anzeigte, ließen mich kurz an dem Vorhaben zweifeln. Aber schwarze Wolken am Horizont waren schon zu diesem Zeitpunkt ein recht deutlicher Indikator dafür, dass zumindest das Hitzeproblem alsbald gelöst sein sollte.

Ein Salzstangerl in einer Bäckerei in Scharnstein sorgte für etwas zu Kauen und eine kleine Portion Salz, die Abfahrt nach Gmunden für etwas Abwechslung und das nahende Donnergrollen für etwas Aufregung. Aus Gmunden hinaus zieht sich der Anstieg Richtung Hochlecken recht mühsam dahin, jedoch wünscht man sich, dass es lang so schmierig weitergegangen wäre, wenn man vor der kurzen 13%-Rampe steht, die es am Weg zum Attersee noch zu überwinden gilt. Einsetzender Regen sorgte für Abkühlung, Bedingungen an die ich mich bei vielen Ausfahrten in den letzten Wochen und Monaten gewöhnen konnte. Nora wollte beispielsweise gar nicht mehr mit mir fahren gehen, weil es bei mir immer zu regnen beginnt...

Heimweh setzte dann auch noch meine internen Sicherheitsregularien außer Kraft und so konnte ich es auf regennasser Fahrbahn hinunter zum Attersee noch einmal richtig krachen lassen. ;)

# XII: Attersee - St. Georgen

In Steinbach am Attersee geht es auf die Uferstraße und plötzlich taucht vor mir ein Unsupported-Kollege auf, den ich in den vergangenen Stunden schon mehrmals in unterschiedlichen Situationen getroffen habe. Wir plaudern kurz nebeneinander fahrend - er ist zweimal gestürzt, hat auch mehrere Krisen durchlebt. Es klingt blöd, aber es beruhigt, dass es anderen auch nicht viel besser geht als mir. Der Sieger der Unsupported Kategorie ist übrigens seit fast sieben Stunden im Ziel - er hatte also "nur" eine längere Ausfahrt, während wir hier in den Genuss einer bewusstseinserweiternden, tageüberdauernden, lebensverändernden Erfahrung kommen.

Es ist dies die Strecke des großartigen King of the Lake, das bedeutet, dass man hier eigentlich nicht gemütlich fahren kann, sondern irgendwie draufdrücken "muss". Der kurze Anstieg in Unterach, dann Richtung Mondsee, noch ein kleiner Schupfer - hier bin ich wenige Wochen zuvor erst bei meiner Österreich-Tour gefahren, bekanntes Terrain also. Bei der Abzweigung in Innerschwand sehe ich mich quasi schon im Ziel. Und wie als Strafe ziehen mir die letzten Meter bergauf hier noch einmal alles aus den Beinen, was da noch irgendwo im letzten Winkel versteckt war. Erst bei Kilometer 556 - also nach dem letzten Anstieg bei Oberwang - ist das Rennen tatsächlich in trockenen Tüchern. Naja, "trocken" nicht, denn es regnet mittlerweile wieder aber die letzten Meter bis zur Ortstafel von Sankt Georgen geht es bergab und das Heimweh mobilisiert noch einmal ein paar Körner. Meine "Zieldurchfahrt" bei der Ortstafel absolviere ich alleine, eigentlich wird man hier abgeholt und eskortiert. Aber auch mein Tracker war müde und hat eine Pause eingelegt, daher war auch die RAA-Crew überrascht, als ich plötzlich vor ihnen gestanden bin. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht werde ich dann von drei Motorrädern über die Hauptstraße St. Georgens Richtung Ziel geleitet, Menschen klatschen und feuern an - egal wie schnell oder langsam man war, ob man vorne ist oder hinten, Erster oder Letzter. Die Ankunft auf der Bühne - auf der ich 26,5 Stunden früher losgestartet bin - rührt mich sehr, in drei Jahren Race Around Austria ist doch eine große Zugehörigkeit zu diesem Event und den großartigen Menschen dahinter entstanden!

# Epilog

Duschen, ins Bett legen und 13 Stunden später wieder aufwachen - das ist direkt nach meinem Zieleinlauf passiert. Schmerzen in Händen/Handgelenken und dem Allerwertesten, die mich die letzten Stunden des Rennens plagten, waren am nächsten Tag im Wesentlichen wieder verflogen. Geblieben ist ein tiefsitzender subtiler Schmerz im Nacken und Rücken, der einfach durch die lange Position am Rad zustandekommen ist. Nie zuvor hatte ich auf einer Ausfahrt Schmerzen in den Fußsohlen, beim RAA allerdings schon nach wenigen Stunden - den Grund kenne ich bis heute nicht, meine linke Sohle hat sich allerdings knapp eine Woche lange etwas bamstig angefühlt. Oft heißt es "Schmerzen vergehen, der Ruhm bleibt" oder so ähnlich... Das stimmt natürlich, auch wenn der "Ruhm" ein grundsätzlich überschaubarer ist. Die Wertigkeit einer Aufgabe wie der Race Around Austria Challenge legt man grundsätzlich selbst fest. Ich mache mir wenig aus Trophäen oder Urkunden, mir ist wichtiger, dass ich mit mir selbst zufrieden bin und mich in die Spiegel schauen kann. Und das kann ich auf jeden Fall.

Mein Körper ist recht bald in einen Modus gegangen, in dem er eine beständige Leistung erbringen kann. Dass diese beständige Leistung im Endeffekt recht niedrig war und viel niedriger als das, was ich unter "normalen" Umständen zu leisten vermag, ist eine andere Geschichte. Ernährung wird immer ein Thema sein, an dem ich arbeiten kann, die Geschichte mit dem "Arbeiten in der Nacht" könnte man im Vorfeld sicher auch besser trainieren. Sehr zufrieden bin ich mit meiner mentalen Leistung und darin liegt wohl auch einer der Schlüssel zu derartigen Vorhaben. Nicht das Handtuch zu werfen, wenn Dinge schwierig werden, wenn etwas weh tut, wenn die Aussichten nicht rosig sind und die Herausforderung fraglos eine große ist, das habe ich glücklicherweise geschafft. Es ist wohl dieses Zusammenspiel von Geist und Körper - gute Leistungen wird man nur erbringen können, wenn beides passt. Je besser man trainiert ist, desto besser der Output des Körpers (und wenn es nur der Notmodus ist) - je stärker der Kopf, desto "einfacher" wird die Herausforderung bewältigt. Mein Respekt vor den Sportler*innen, die die Challenge, die 1.500 Kilometer oder die Extreme-Distanz über 2.200 Kilometer absolvieren, ist durch meine eigene Teilnahme noch einmal enorm angewachsen. Mir war vorher schon klar, dass hier unglaubliche Leistungen erbracht werden, aber auch meine kühnsten Vorstellungen waren noch recht weit von der Wahrheit entfernt. Das alles hilft mir dabei, gute Fotos von den Sportler*innen zu machen - was ich übrigens im nächsten Jahr beim Race Around Austria wieder machen werde... ;)

Strava

Fotos: Race Around Austria, Elisa Haumesser, Reinhard Eisenbauer, Wolfgang Haidinger

Tour de Zwift

Alle Jahre wieder ruft Zwift zur hauseigenen Tour de Zwift. Es ist ein Weckruf, eine Motivationshilfe oder ein Unterhaltungsformat - je nachdem, wie sehr man nach dem Jahreswechsel und der Wiehnachts-Völlerei schon wieder im (Trainings-)Alltag angekommen ist. Die wachsenden Userzahlen und die mittlerweile sieben Welten machen die “TdZ” mittlerweile zu etwas großem! Group Rides mit 1.000 anderen Usern? Kein Thema! Stündliche Veranstaltungen? Logisch. Live Streams auf Youtube von TdZ-Rennen? Schaue ich persönlich mir nicht an, aber gibts auch. Die einschlägigen Facebook-Gruppen und Foren gehen über mit Tipps, Fragen und Erlebnisberichten - da möchte auch ich um nichts nachstehen. Los geht´s!

Stage 1: London

Bei manchen Vorhaben schaut man sich im Vorfeld am besten gar nicht so genau an, was auf einen zukommt, sondern legt einfach los. So habe ich es mit der Tour de Zwift 2020 gemacht. Die letzten Jahre hat es die Etappen-Veranstaltung zwar auch schon gegeben, allerdings war ich da nur sporadisch mit von der Partie. Und nachdem ich 2019 die Festive 500 abgeschlossen hatte, war ich auch motiviert, gleich die nächste strukturierte Aufgabe zu bekommen.

Es geht los in London! Zur Auswahl stehen - und Zwift versucht es hier tatsächlich, möglichst allen recht zu machen - Group Rides, Women Rides, Races und Runs. Der Modus und der Wettbewerbslevel sind also frei wählbar, in der Praxis unterscheidet sich das allerdings etwas weniger als gedacht. Während die üblichen Kategorien “A” bis “D” bei den Rennen wie gewohnt die Leistungskategorien markieren, fahren die “A”s bei den Group Rides eine längere, die “B”s eine kürzere Strecke - je nach Route sind das immer so um die 40 Kilometer auf den langen, entsprechend ca. die Hälte oder etwas mehr auf den kurzen Strecken.

Zweieinhalb Runden durch die Londoner City - vorbei am Palast, in dem sich gerade royale Abnabelungs-Dramen abgespielt haben - und zum Abschluss zur Bergwertung am Leith Hill. Es geht wie immer auf Zwift vom Start gleich flott los, es kommt nicht so wirklich dazu, dass sich Untergruppen gleicher Leistungsstärke bilden, viel eher zieht sich der ganze Pulk in die Länge und man muss schnell entscheiden, ob man mit den Vorderen mitfahren möchte oder sich zurückfallen lassen muss. 250 bis 300 Watt stehen auf dem Display, weniger werden es allerdings auch mit zunehmender Renndauer nicht. Irgendetwas in mir wird getriggert - auch wenn ich eigentlich langsamer fahren möchte, ich fahre die Lücke zum Vordermann zu, möchte an der Gruppe dranbleiben - und die Beine machen erstaunlicherweise halbwegs mit.

Ein paar Kilometer vor dem Ziel geht es Richtung Leith Hill - meiner Meinung nach der fieseste Anstieg in London. Im Anstieg sortiert sich das Feld noch einmal neu - einige ziehen vorbei, andere, die man davor noch vorne gesehen hat, fallen zurück. Ich versuche meine Leistung auch im Anstieg konstant weiterzutreten. Nach 70 Minuten ist der Spuk vorerst vorbei, 250 Watt Schnitt stehen auf der Ergebnistafel. Unter dem Rad hat sich eine große Lacke Schweiß gebildet. Während noch die Verwunderung über die Intensität des Rides überwiegt, trudelt schon das Mail von Zwift ein, in dem zum Abschluss der ersten Etappe gratuliert wird. Und schon ist die Motivation für die zweite Etappe da!

Stage 2: Innsbruck

Auch wenn die Strecke schwer ist, ich freue mich immer, wenn Innsbruck im Kalender von Zwift aufscheint. Vielleicht liegt es daran, dass es in Österreich ist, sicher aber auch daran, dass ich 2018 bei der Weltmeisterschaft vor Ort war. Und die berüchtigte Höttinger Höll des Elite-Herrenrennens ist ja nicht Teil der Strecke - mir fällt auch keine Rollen-Trainer ein, der die aberwitzige Steigung von 28% simulieren könnte.

Wie schon in London geht es zuerst drei Runden durch die Stadt - vorbei am Goldenen Dachl und den anderen Sehenswürdigkeiten der Tiroler Landeshauptstadt - und dann hinauf Richtung Patscherkofel. Da ich schon länger nicht auf der Zwift-Strecke von Innsbruck unterwegs war und dieses Mal mit dem TdZ-Group Ride noch dazu unter “offizielleren” Bedingungen, werde ich fast schon sentimental während der Fahrt. Ich kann mich noch an jede Rennsituation und Begebenheit erinnern. Das Foto von Greg van Avermaet mit den belgischen Fans kurz vor der großen Fanzone, die lange Gerade vor Lans, in der Peter Sagan den Anschluss an das Hauptfeld verlor, der Campingplatz unter der Bobbahn Igls, bei dem Marco Haller sich das Rennen angesehen hat.

Diese Gedanken lenken davon ab, dass es wiederum viel härter als geplant ist und auch die Absicht, es dieses Mal ruhiger angehen zu lassen, sofort über Bord geworfen wurde, als der Startcountdown zu Ende war. 239 Watt Schnitt über 76 Minuten sind nicht das, was ich eigentlich eher im Sinne eines Grundlagentrainings absolvieren hätte sollen, auch wenn es wieder großen Spaß gemacht hat.

Überhaupt nicht sentimental werde ich allerdings, als das iPad vor mir plötzlich beschließt, die Zwift-App upzudaten. Das Rennen war schon vorbei und ich wollte einen Screenshot vom Ergebnisbildschirm machen, da wird plötzlich der Bildschirm schwarz und die App beginnt ein Update. Hätte ich noch einen Tropfen Flüssigkeit in mir gehabt, er wäre in Form von Tränen panisch aus meinen Augen geschossen. Der Neustart der App nach dem Update, ermöglichte mir zwar, die Aktivität fortzusetzen, allerdings nicht mehr als TdZ-Group Ride sondern einfach als "Aktivität in Innsbruck”. Auch eine Nachfrage beim netten und flinken Zwift-Support konnte daran nichts ändern. So bleibt mir nichts anderes über, als noch einmal durch das schöne Innsbruck zu fahren. Nach Ablauf der regulären sieben Etappen der Tour de Zwift gibt es die sogenannten Make-Up-Tage, an denen man Versäumtes oder - wie in meinem Fall - “Verhautes” nachholen kann.

Stage 3: Watopia

Watopia ist quasi “Kernland” von Zwift - immer online und anwählbar, mit den meisten und längsten Strecken und der größten Vielfalt. Die Routenoptionen sind mannigfaltig, dementsprechend war ich gespannt, welche Strecke die Tour de Zwift unter die Räder nehmen würde. Auf 43 Kilometern der langen Gruppen-Ausfahrt waren dann dementsprechend der Epic KOM, der Jungle und eine Runde um den Vulkan untergebracht. Während bei den ersten beiden Etappen noch das Fahren in der Gruppe im Vordergrund stand, wurde durch den Epic KOM gleich zu Beginn der Watopia-Runde schon ordentlich aussortiert, sodass man im Normalfall schon nach der halben Distanz in einer kleinen Gruppe oder überhaupt alleine unterwegs war.

Verschärfend wirkte außerdem das neue Feature von Zwift, bei dem die Untergrundbeschaffenheit (im Fall der Jungle-Strecke: Schotter und Erde) sich auf das tatsächliche Fahrverhalten bzw. die Geschwindigkeit auswirken. Mit 250 Watt auf Erde ist man mit dem Rennrad plötzlich bedeutend langsamer unterwegs und es fühlt sich an, als würde man überhaupt nicht mehr vom Fleck kommen. Das Feature wurde übrigens gleichzeitig mit den MTB- und Offroad-Trainingsplänen, der MTB-Teststrecke und den neue Offroad-Fahrrädern im Drop-Shop eingeführt.

Der eine oder andere Mitstreiter bei meiner Tour de Zwift war dann plötzlich verschwunden, dann wieder da, dann wieder verschwunden und ich vermutete schon Instabilitäten des Systems bis ich jedoch überriss, dass die Leute ihre Räder wechseln. Mit dem Crosser oder gar dem MTB ist man auf den Schotterpisten doch entsprechend schneller unterwegs. Mir war das zu mühsam, außerdem wollte ich dem Gedanken der Veranstaltung entsprechen und fuhr auf dem Renner meinen Jungle Circuit zu Ende. Auch hier gilt - wie bei fast allen meinen anderen Veranstaltungen auch: es ist egal, ob man als 214. oder als 340. ins Ziel kommt.

Stage 4: Bologna

Die Straßen von Bologna hatte ich vorher noch nie in Zwift befahren, dementsprechend war ich sehr gespannt und neugierig - neue Streckenkilometer in Zwift sind ja immer etwas Besonderes. Aufgrund einer Verkühlung war der Plan, es etwas lockerer angehen zu lassen - doch wie immer wurde ich eines anderen belehrt oder besser: ich konnte mich nicht zurückhalten. In völliger Unkenntnis der Strecke hängte ich mich an die Gruppe vor mir, die in der Ebene schon mit 250 Watt+ durch das schöne Bologna raste. Ich wusste nur “Zeitfahren”, was sollte da schon groß für ein Anstieg vorkommen…

Und so dachte ich mir auch nach gut sechs Kilometern, dass es wohl gut so weiterrollen würde. Bis sich hinter einer unscheinbaren Kehre plötzlich eine Wand aufstellte. Die Punkte der anderen Fahrer auf der Minimap häuften sich zu großen Bündeln, wie eine Prozession schlängelte sich das Fahrerfeld über 15 Prozent steile Rampen nach oben. Die pittoreske italienische Architektur konnte auch nicht davon ablenken, dass es in den Beinen zu kitzeln begann.

Zwei Kilometer misst dieser Anstieg und spätestens hier darf man bereuen, dass man die lange Strecke ausgewählt hat, die nämlich zwei mal hier rauf führt. Die ersten Fahrerinnen und Fahrer kommen schon wieder den Berg herunter, während ich noch Watt für Watt gegen die 17 Prozent Steigung im steilsten Abschnitt kämpfe.

Zerstreuung finde ich in der Tatsache, dass ich vor einigen Jahren auf Dienstreise in Bologna war und dort bei einem Lauf vor meinen Terminen einen ähnlichen Berg hinaufgelaufen bin. Während des ganzen Rennens überlege ich und versuche einzelne Gegebenheiten wiederzuerkennen - wäre doch ein netter Zufall, wenn das genau hier gewesen wäre. Strava wird mich später aufklären, dass ich beim Kloster einen Hügel weiter war und nicht da, wo später der Giro drübergerollt ist.

Die Abfahrt beschert mir ein Zwift-Achievement, als ich die 100 km/h-Schallmauer durchbreche. Dass ich gleich danach mit 106 km/h durch eine Spitzkehre durchfahre ist physikalisch zweifelhaft und lässt mich kurz darüber nachdenken, ob man auf Zwift nicht doch ein bisschen den Bezug zur Realität verlieren kann. Der Rückweg zum Start, die erneute Fahrt zum Anstieg und das zweite Mal den Berg hinauf vergehen erstaunlich schnell - die Bergankunft motiviert, noch einmal richtig anzudrücken. 257 Watt Normalized Power sind in meinem Zwift-Fall immer auch 257 Watt Durchschnittsleistung, höre ich doch auf dem Kickr eigentlich nie auf zu treten. Jedenfalls die anstrengendste Etappe der diesjährigen Tour de Zwift!

Stage 5: New York

Mit New York verbindet mich eine Hassliebe - die Routen und Varianten dort sind spannend und vielseitig aber auch sehr anspruchsvoll. Und gerade die KOM-Wertung zwischen den Wolkenkratzern verlangt mit ordentlichen Steigungsprozenten einiges ab. Die Systematik der Etappen der Tour de Zwift habe ich allerdings mittlerweile durchschaut, ich kalkuliere also schon von Beginn an zwei Bergwertungen ein, das macht es im Kopf etwas einfacher.

Ich verschlafe den Start des Rides etwas, bin plötzlich 800. von knapp 900 Teilnehmern des Rides und überlege kurz, den heutigen Tag als entspannten GA1-Ride abzuwickeln. Die ersten Lücken gehen schnell auf und irgendwie macht es auch hier wieder mehr Spaß, den Vordermann zu jagen und die nächste Lücke schließen zu wollen. Es rollt fein durch den Central Park, mit entsprechendem Schwung in den kurzen Abfahrten bereiten auch die darauffolgenden kleinen “Schupfer” kein allzu großes Kopfweh. Den KOM versuche ich beide Male “ambitioniert” zu nehmen, das Mühsal also in einen positiven Trainingsanreiz zu verwandeln. (Pro Tip: Außerdem ist es schneller vorbei, wenn man schneller drüberfährt).

Dazwischen bleibt genug Zeit, beim Group-Chat mitzulesen: über die Regeln der Tour de Zwift (keine Tron Bikes in Rennen, keine Zipp-Scheibe in Rennen), über jene, die einzelne Etappen nicht nur radfahren sondern auch laufen oder die üblichen Meldungen wie “Meine Trinkflasche ist gerade runtergefallen”, die meist recht unterhaltsam kommentiert werden. Alles Dinge, die Teil des Rezepts von Zwift sind, nämlich die Zeit am Rollentrainer kurzweilig und unterhaltsam zu gestalten.

Stage 6: Richmond

Auch wenn die bisherigen Etappen - wie man so schön sagt - kein “Kindergeburtstag” waren, für Richmond wollte ich mich aus meiner Komfortzone wagen. Richmond, der Kurs der WM 2015, war kurz beliebt, dann eher unbeliebt bis verhasst, dann wieder beliebt - zumindest bei mir. Die schnellen, flachen Teile mit den drei kurzen Anstiegen haben ein Profil, das mir als Fahrer grundsätzlich ganz gut entgegenkommt und beim 23nd Street-Sprint sehe ich noch immer jedesmal Peter Sagan vor mir, wie er die entscheidenden Meter auf seinem Weg zum ersten Weltmeistertitel herausfährt.

Ich mag also Richmond, wähle diesmal “Rennen” statt “Group Ride”, eine Runde auf dem WM-Kurs entspricht 16 Kilometern. Sollte ich also im Rennen völlig am falschen Platz sein, ist der Spuk immerhin in rund 25-30 Minuten wieder vorbei. Bei der Anmeldung stehe ich vor einem Problem, das mir früher schon einmal Kopfzerbrechen gemacht hat. Die Leistungskategorien in Zwift sind nach Watt/Kilogramm unterteilt, mein derzeitiger FTP-Wert liegt genau an der Grenze zwischen den Gruppen B und C, bei rund 3,2 Watt pro Kilogramm. In der Praxis bedeutet das, entweder in Gruppe C mitzufahren und disqualifiziert zu werden, weil man über der zulässigen W/Kg-Grenze tritt oder aber bei Gruppe B mitzufahren, dort allerdings zu den Schwächeren zu gehören. Ich wähle Race Spirit und dementsprechend Gruppe B, es ist dies ohnehin ein Testlauf und eigentlich möchte ich einfach nur meine persönliche Tour de Zwift in meinem Tempo abschließen.

Rennen auf Zwift entscheiden sich in der Startphase. Kurz bevor der Startbogen sich öffnet sollte man schon recht ordentlich in die Pedale treten, damit man nicht schon auf den ersten Metern wertvollen Boden verliert. Begründet liegt dieses “Vorarbeiten” in der Tatsache, dass Zwift ein Drei-Sekunden-Mittel der Leistung heranzieht (zumnidest ist das die Default-Einstellung). Beginnt man demnach erst eine Sekunde vor Start zu treten, “fehlen” zwei Sekunden für die volle Leistung. Mit etwas über 400 Watt geht es aus dem Startbereich hinaus, hier muss man zwei bis drei Minuten ins Rote gehen, bevor sich die Gruppen finden und das ganze etwas zur Ruhe kommt. Wichtig ist, an einer Gruppe dranzubleiben - nur mit dem Draft-Effekt von Zwift kann man mit gut 45 km/h mitschwimmen. Ist man einmal aus dem Windschatten draußen, wird es schwierig.

Die knapp 25 Minuten sind intensiv, der Puls ist hoch, die Wattwerte bleiben oben. Es ist ein gutes FTP-Intervall, wenn man so will - oder wenn man die Anstiege als kleine Intervalle hernimmt, dann die sogenannten “Over and Unders”. Am Ende stehen 294 Watt Leistung im Schnitt auf dem Ergebnisblatt, gerade genug für einen 71. Rang (von 127) in der Kategorie B. Willkommen in der Leistungsgesellschaft von Zwift! Die Schweißlacke unter meinem Rad deutet an, dass mein Körper sich ausgiebig gereinigt hat - kurze intensive Einheiten haben irgendwie schon auch ihr Gutes.

Stage 7: Yorkshire

Mit dem Kurs der letzten Weltmesiterschaft in Yorkshire werde ich irgendwie nicht warm… Einerseits liegt mir die Strecke mit ihren Eigenschaften (wellig, keine allzu großen Steigungen), auf der anderen Seite bereitet es mir aber ungefähr so viel Lust dort zu fahren, wie es den Profis gefallen haben muss, durch 20 Zentimeter hohe Wasserlacken zu radeln. Vielleicht ist es aber auch die ewig lange Gerade gleich nach dem Start, die eine gewisse Monotonie suggeriert. Egal, es ist die letzte Etappe der Tour de Zwift 2020.

Zum Abschluss wähle ich noch einmal die lange Gruppen-Ausfahrt, über zwei Runden auf dem WM-Kurs geht es über knapp 30 Kilometer, es sind zur Hauptabendzeit massig Leute am Start (die Rides zwischen 18:00 und 20:00 sind am besten besucht), die Strecke garantiert ausreichend Mitfahrende und entsprechenden Windschatten.

Da mein Rennrad tatsächlich auch einmal im Ausseneinsatz (bei einer Ausfahrt mit Tini und Andy von geradeaus.at) war, kommt meinem Crosser die Ehre zu, in den Kickr eingespannt als Zwift-Rad zu fungieren. Was ich dabei allerdings nicht bedacht habe, ist die kleinere Übersetzung des Crossers, die mich bei 40x11 zu einer Einheit “Superfast-Spinning” zwingt, um meiner Gruppe folgen zu können. Aber auch diese Herausforderung kann irgendwie gemeistert werden und das Training hat unfreiwilligermaßen einen zusätzlichen Aspekt hinzubekommen.

Während andere bereits ihre virtuelle Trophäe für den Abschluss der Tour de Zwift erhalten, fehlt mir - aufgrund meines Innsbruck-Speicher-Fehlers - noch eine Etappe. Diese wird aber sogleich nachgeholt, folgen doch nach den regulären Etappen die sogenannten ”Make-Up-Days”.

Make-Up Days!

Für jene, die eine Etappe versäumt, versemmelt oder vergessen haben, bieten die Make-Up-Days die Möglichkeit, diese Scharte auszumerzen. Für jede Etappe gibt es dabei entsprechende Events, bei denen man sich nochmal an die jeweilige Startlinie stellen kann. Wäre doch schade, wenn man wegen Terminen, Erkältungen oder anderen Hinderungsgründen auf den Abschluss der Tour und die virtuelle Trophäe verzichten müsste…

Meine zweite Innsbruck-Runde bietet wenig überraschendes, viel mehr die Möglichkeit, noch einmal zurückzuschauen auf die letzten beiden Wochen, zu analysieren und vor allem zu resümieren.

Was hat es gebracht?

Wie immer wird man sich Kritik aus zwei Ecken gefallen lassen müssen:

  1. Warum tut man sich das an - für einen virtuellen Pokal, einen virtuellen Badge, ein virtuelles Trikot, ein Rad oder - wie beispielsweise auch bei den Festive 500 - für einen kleinen Stoff-Fetzen?

  2. Radfahren auf Zwift ist doch gar kein richtiges Radfahren und nützt für das “echte” Radfahren draußen nichts.

Die Replik darauf kann mannigfaltig erfolgen und spiegelt meine persönlichen Erfahrungen wider: Der Stoff-Badge, der virtuelle Pokal oder das Trikot sind kleine Freunden und Zeichen der Anerkennung, aber auch Platzhalter. Als solche stehen sie stellvertretend für einen Erfolg, den man errungen hat (immerhin ist man gerade sieben Etappen gefahren), den inneren Schweinehund, den man überwunden hat oder aber die Liter Schweiß, die man “erfolgreich” herausgeschwitzt hat. Wer diese Leistung nicht vollbracht hat, sollte am besten gar nicht urteilen (Stichwort: “Glashaus”). Durch meine Festive 500 Ende letzten Jahres habe ich (wieder einmal) vor Augen geführt bekommen, wie wichtig Training im Winter ist, wenn man im darauffolgenden Jahr gut unterwegs sein möchte. Die Grundlage, die ich mir dort erarbeitet habe, wird mir im Laufe des Jahres noch viel Freude bereiten. Und ähnlich sehe ich es auch mit der Tour de Zwift: Hier waren es nicht die Grundlagen-Kilometer sondern eher Tempo-Einheiten, aber auch diese erfüllen ihren Zweck im Trainingsalltag. Ohne die Tour de Zwift wäre ich vermutlich im Grundlagentempo auf Watopia herumgerollt - auch sinnvoll, aber ein paar knackige Tempo-Einheiten bereichern das Training enorm.

Und auch der zweite potentielle Kritikpunkt kann leicht beantwortet werden. Die Anstrengung, der Schweiß und auch die Schmerzen sind echt, die Trainingsbelastung ist real und der Effekt jedenfalls vorhanden. Wie und inwiefern man Radfahren auf Zwift mit jenem draußen vergleichen kann, darüber sollen sich Zwift-Blogs, User-Foren und Wissenschafter weiter den Kopf zerbrechen.

Für mich stellt Zwift einen wertvollen und wesentlichen Beitrag in meinem Training dar und ich habe keine Zweifel daran, dass mir die Stunden auf dem Wahoo später im Jahr helfen werden. Sicherlich fühlen sich die echten Berge anders an als Alpe du Zwift und Wattwerte von Zwift wird man eventuell auf der Straße nicht 1:1 reproduzieren können - aber so viel Realitätssinn muss im Endeffekt jede und jeder haben, dass man seine eigenen Leistungen realistisch einschätzen und auf andere Situationen übertragen kann.

In diesem Sinne: Danke, Tour de Zwift, für spannende, unterhaltsame und fordernde Stunden im Sattel. Danke, dass ich aus der Komfortzone gelockt wurde. Danke, dass ich zu regelmäßigen Einheiten “gezwungen” wurde. Danke für ein strukturiertes und durchdachtes Format, bei dem ich mich um nichts mehr kümmern muss, als ums Treten. Und danke für die Belohnung ;)

Festive 500-Tagebuch

24. Dezember 2019

Weihnachten! Das Fest der Liebe, des Friedens und der Familie ist gleichzeitig der Start von "Festive 500". Und während Friede (ein Gefühl, das sich bei mir im Sattel einstellt) und Liebe (eindeutige Assoziation mit dem Radeln) noch mit dem Radfahren in Verbindung gebracht werden können, steht die Familie in diametralem Gegensatz zu den Opfern, die man für die Festive 500 erbringen muss. Es gilt, 500 Kilometer zwischen Weihnachten und Silvester abzuspulen - an jenen acht Tagen also, an denen normalerweise Herumknotzen, Fernsehen und Kekse Essen im Vordergrund stehen.

500 Kilometer an acht Tagen ergibt 62,5 Kilometer pro Tag. Macht man einen Tag Pause, sind es bereits über 70 Kilometer pro Tag, bei zwei Aussetzern schon gut 80. "Veranstaltet" wird das ganze von Rapha und Strava, wobei das zwischendurch auch einmal hin- und hergewechselt hat.

Warum man sich das antun sollte? Naja, es gibt einen virtuellen Pokal auf Strava und wenn man sich entsprechend bei Rapha meldet, einen physischen Stoff-Badge, der dann - so wie alle derartigen Trophäen, die ich in meiner Laufbahn errungen habe - in irgendeiner Lade verstaubt. Wichtiger sind in meinen Augen allerdings andere "Belohnungen": der ultimative Sieg gegen den inneren Schweinehund - rauszugehen, während andere vor dem Ofen sitzen bleiben, Kalorien zu verbrennen, während andere vielleicht noch einmal auf den Keksteller greifen, sich ins Radgewand zu schmeißen, während andere den Tag im Pyjama verbringen.

Tag 1 bringt mir gut 72 Kilometer bei 750 Höhenmetern. Von Lienz aus fahre ich nach Osten, der vorhergesagte Föhnsturm hat mich meine Routenplanung adaptieren lassen, tatsächlich bleibt der Wind allerdings aus - also weder Qualen durch Gegenwind noch großartige Begünstigung durch Rückenwind. Auf der ansonsten wild befahrenen B100 durch das Drautal scheint auch eine Art Weihnachtsfrieden eingekehrt sein - während alle ihre letzten Einkäufe tätigen oder schon auf dem Weg zu den Freunden und Verwandten sind, kann ich in Ruhe auf der Bundesstraße dahinrollen. Für Abwechslung sorgen kurze Abstecher weg von der Bundesstraße und hinauf auf die benachbarten Hänge des Kärntner Drautals. Irschen, Dellach und Berg im Drautal liegen malerisch am Hang und genießen die klimatischen Vorzüge der Sonnseite - Plusgrade und herrlicher Sonnenschein, während auf der Schattseite Reif, Schnee, Eis und Grade um den Gefrierpunkt vorherrschen.

Ab Greifenburg wird das Tal weiter, der Schnee weniger und bei leichten Plusgraden fährt es sich noch einmal etwas leichter. Sachsenburg markiert den Zusammenschluss von Drau- und Mölltal, von hier aus geht es auf dem Drauradweg Richtung Spittal an der Drau. Abseits von vielbefahrenen Straßen ist man hier auf Güter- und Feldwegen, kleinen Straßen und Radwegen unterwegs. Die geplante Runde um den Millstätter See muss aufgrund von Zeitgründen ausfallen, von Spittal an der Drau gehts per Zug zurück nach Osttirol.

Tag 1: 72,4 KM; 14% der Festive 500 erreicht

25. Dezember 2019

Tag 2 meiner Festive 500 bringt die Verschärfung eines Festive 500-Aspekts, den ich im Vorfeld wohl nicht zu Ende gedacht habe. Natürlich macht es einen riesigen Unterschied, WO man die 500 Weihnachtskilometer abspulen möchte. Es gibt da in Singapur oder Indonesien diesen einen Radfahrer, der jedes Jahr in den ersten Stunden der Festive 500 die kompletten 500 Kilometer abspult. Jetzt ist die Bewältigung der großen Distanz natürlich an sich eine enorme Leistung, bei lauen und gemütlichen Temperaturen fällt dies allerdings leichter als bei jenen Witterungsbedingungen, die uns in einem durchschnittlichen Winter in den Alpen oder in Mitteleuropa begegnen. Man hat daher mit widrigen Bedingungen zu rechnen - egal ob das Regen und Nebel, Schnee und Eis oder Minusgrade sind. Ich verbringe die Feiertage mittlerweile traditionell in Osttirol - schön zum Skifahren, schön zum Langlaufen aber auf dem Rad wird man im Dezember eher schief angeschaut. Hinzu kommt, dass die letzten Jahre klimatisch sehr gutmütige Weihnachten produziert haben, schneefrei und verhältnismäßig warm. Mit diesen Erfahrungswerten bin ich im Vorfeld auch meine Touren- und Routenplanung angegangen. Die Realität von 2019 sieht allerdings anders aus: Radwege sind plötzlich gespurte Langlaufloipen, Wege im Schatten der Berge sind ob des Eises nahezu unbefahrbar und die Temperaturen sind für ein Weichei aus der Stadt wie mich doch eher außerhalb des Wohlfühlbereichs.

Meine via Komoot zusammengebastelten Routen und Wege sind daher nur bedingt brauchbar, viele von den "epischen" Bildern und Abenteuern, die ich im Sinne hatte, zerbrechen an der Realität des alpinen Winters.

Tag 2 zwingt mich wetter- und zeitbedingt zu einer meiner Standard-Runden, wenn ich in Osttirol mit dem Rad unterwegs bin, der Talboden-Runde. Dabei wird der Lienzer Talboden nach allen Seiten hin mehr oder weniger ausgefahren, mit ein paar kleinen "Schupfern" drinnen, etwas Bundesstraße und schönen Nebenwegen. Wieder ist es auf der Schattseite frisch und eisig, in der Sonne etwas wärmer und wunderschön, wie direkt von einer Postkarte abgemalt. Die Runde nütze ich gleich auch um festzustellen, welche meiner Wege und Radwege befahrbar sind oder nicht. Isel- und Pustertal fallen leider flach, einzig das Drautal kann am Radweg befahren werden. 54 Kilometer und knapp 480 Höhenmeter später werden die nassen Kleidungsstücke über den Ofen gehängt und mit der Familie gemeinsam auf Weihnachten angestoßen.

Nach zwei Tagen stehen 126 Kilometer in den Büchern, mein "Guthaben" beträgt einen Kilometer - nicht gerade ein großer Polster...

Tag 2: 125,5 KM; 25% der Festive 500 erreicht

26. Dezember 2019

Manchmal kommt es anders als man denkt... - zum Beispiel, dass nach 10 Kilometern das Vorderrad zu wabern beginnt, die Luft langsam weniger wird, das Fahrgefühl nicht mehr ganz so souverän ist. Mein BMC URS Testbike ist als Tubeless aufgesetzt, daher ist es erstmal kein Problem, weiterzufahren. Ich möchte nämlich nicht bei Minusgraden auf der Schattseite des Tals am Rad herumhantieren sondern lieber auf einer gemütlichen Bank in der Sonne. Doch auch daraus wird nichts, die Luft ist draussen. In Oberdrauburg wird der Reifen inspiziert, nachgepumpt, geflucht. Der Mantel kommt runter, Milch überall - irgendwie werde ich mit Tubeless nicht warm... Schaden am Reifen kann ich keinen finden, auch das Ventil scheint noch ganz und dicht, dennoch bleibt die Luft nicht drinnen. Ersatzschlauch habe ich natürlich einen mit, gewechselt ist auch schnell - die Finger werden in wenigen Momenten an der frischen Luft klamm. Das Aufpumpen der großvolumigen Schläuche dauert mit der Handpumpe eine gefühlte Ewigkeit und beim Abziehen der Pumpe passiert es - das Ventil geht mit und die Luft ist wieder draußen. Doch damit nicht genug, hat sich auch noch das Ventil in der Pumpe verkeilt. Mit Betteln und Bitten, Gewalt und Fluchen und meinen eiskalten Fingern bekomme ich es auch nicht mehr heraus. 19,3 statt der geplanten 120 Kilometer werfen natürlich auch meinen kompletten Festive 500-Plan über den Haufen. Aber wenn schon stranden, dann zumindest gleich neben dem Bahnhof. Also mit dem Zug zurück nach Lienz und Wunden lecken - der luftlose Walk of Shame vom Bahnhof zurück nach Hause ist genug für die geschundene Ehre.

Die Familie ist währenddessen hin- und hergerissen zwischen Empathie und Mitleid für den offensichtlich geistig umnachteten Radfahrer, unterstützender Motivation und Ärger über die stundenlangen Abwesenheiten. Dennoch stellt sich kurzfristig so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl ein, welches dann auch gleich in ein gemeinsames Brainstorming darüber mündet, wie denn die fehlenden Kilometer des heutigen Tages am besten wettgemacht werden können. Vorhergesagter Schnee, Regen und starker Wind gepaart mit der Aussicht auf einen weiteren "Patschen" führen zur Idee, in der Nähe des Zuhauses zu bleiben und hier irgendwie Kilometer abzuspulen. Unterschiedliche Runden und Varianten werden diskutiert, am Ende entscheide ich mich für eine Runde direkt vor dem Haus, auf der ich am nächsten Tag ein paar Kilometer wiedergutmachen kann.

Tag 3: 145,8 KM; 29% der Festive 500 erreicht

27. Dezember 2019

Vier Stunden sind heute eingeplant, der Blick aus dem Fenster ist nicht sehr verheißungsvoll - leichtes Tröpfeln und Wind, aber daran habe ich mich mittlerweile irgendwie gewöhnt. Und tatsächlich ist es so, dass mit der richtigen Kleidung viel vom Schrecken des schlechten Wetters verloren geht. (Und ja, ich hasse den Spruch "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung"). In weiser Voraussicht habe ich meinen halben Kleiderkasten nach Osttirol mitgeschleppt, alles was nach Winter aussieht, nach Merino riecht oder mit Primaloft gefüllt ist.

An den Füßen Merino-Socken (Fingerscrossed oder Isadore), Heizpads auf die Zehen und die dicken Fizik-Winterschuhe. Zwei Hosen (RH77 und Isadore), die jeweils mit flauschigem Thermo-Material ausgeführt sind. Einzige Schwachstelle - wie leider bei fast allen Hosen, die ich bisher hatte - ist die goldene Mitte. Ich hoffe meine Zeugungsfähigkeit wird darunter nicht allzu sehr leiden.

Der Oberkörper bekommt drei Schichten gegönnt - Merino Baselayer (Isadore), Langarmtrikot (Isadore, RH77) und darüber noch eine Jacke (Isolation - RH77/Isadore oder aber die Primaloft Jacke von Löffler). Auf den Kopf kommt meine alte Rapha-Haube, die Hände bekommen auch zwei Lagen - einen Merino Liner-Handschuh von Rapha und darüber die großartigen weil langen und dichten Isadore-Handschuhe). Dieses Setup variiere und mische ich durch, je nachdem, was ich gerade für wichtig erachte - tatsächlich sind die Unterschiede allerdings gering. Am Körper selbst sind maximal die ersten Kilometer frisch, sobald man allerdings auf Betriebstemperatur ist oder stetig vor sich hin pedaliert, wird es meistens angenehm warm oder zumindest erträglich. Probleme treten dagegen an den äußeren Enden des Körpers auf: Zehen werden kalt, egal wie gut man sie verpackt, unabhängig der Zahl der Wärmepads oder der Qualität der Schuhe. Die Frage ist hier nicht "ob", sondern eher "wann". Den Moment des Erfrierens hinauszuzögern ist also die eigentliche Aufgabe. Gleiches gilt für die Hände, die - wie die Füße auch - ständig dem Fahrtwind ausgesetzt sind. Ich helfe mir mit häufigem Umgreifen am Lenker, damit nicht ständig die gleichen Stellen exponiert sind und fahre ab und zu für ein paar Meter freihändig und verstecke dabei die Hände unter den Achseln oder hinter dem Rücken.

Derart vorbereitet besteht mein 4. Tag der Festive 500 aus der am Vorabend ausbaldowerten Idee, vor der Haustüre Runden zu fahren. Der ausgesuchte Kurs ist 1,7 Kilometer lang, führt teilweise auf einem Radweg, zumeist aber - auf weihnachtsbedingt leergeräumten Straßen - durch ein nahes Gewerbegebiet. Pausen zur Verpflegung, zum Aufwärmen oder im Falle eines Defekts kann ich jederzeit zuhause einlegen - so eine Möglichkeit eines Boxenstopps beruhigt. Bei jeder Passage der imaginären Start- und Ziellinie drücke ich auf den Lap-Button meines Wahoos, dieser zeigt jeweils um die 4 Minuten Fahrzeit für die 1.740 Meter. Die Menschen, die mir auf meinem Rundkurs begegnen, auch sie schwanken zwischen Verwunderung und Mitleid - vor allem jene, die nicht innerhalb der vier Minuten Rundenzeit wieder verschwunden sind, denen ich also mehrmals begegne. Die Mitarbeiter des Autohauses an der Strecke kennen sich irgendwann gar nicht mehr aus, ignorieren aber wohl den Radler, der da seine Runden dreht. Auch die Angestellten der Bäckerei kümmern sich nicht um mich, umgekehrt weht mir aber in jeder Runde der Duft frischgebackenes Brotes um die Nase.

Bis zum Mittagessen möchte ich fahren, so viele Kilometer wie möglich für die Festive 500 hamstern. Unterwegs bleibt viel Zeit zum Nachdenken, ich erfinde das "1. Internationale Peggetz Winterkriterium" mit mir als einzigem Starter (mit dementsprechend aussichtsreichen Gewinnchancen!), rekapituliere die ersten Tage der Festive 500 und kann auch abseits des Radelns den einen oder anderen Gedanken wälzen. Das Format eines Kriteriums wird meiner Meinung nach ja wieder an Attraktivität gewinnen und hoffentlich auch eine Art Renaissance erleben. Große Attraktivität für Zuschauer gepaart mit einem erheblich geringeren Organisationsaufwand sind eine Kombination, mit denen große Rennen und Rundfahrten zunehmend ihre Probleme haben (vor allem mit zweiterem). Ein richtiges Rennen würde wohl über eine kürzere Distanz führen als mein Experiment hier, ich genieße aber die körperliche und mentale Herausforderung. Stetiges Abspulen von Runden hat mir noch nie große Probleme bereitet, so stehen am Ende dann auch 58 Runden auf dem Wahoo und mit 101 Kilometern kann ich mein Festive 500-Konto wieder etwas aufbessern.

Tag 4: 247,0 KM; 49% der Festive 500 erreicht

28. Dezember 2019

Für diesen Tag ist besseres Wetter vorhergesagt - im Sinne von weniger Wolken und mehr Sonne. Allerdings gesellen sich tiefe Temperaturen und starker Nordwestwind dazu. Die Routenplanung ergibt daher - wie schon am ersten Tag - einen "Transfer Ride", also eine Rückfahrt mit dem Zug. Noch einmal durchs Drautal zu fahren reizt mich nicht - es wäre dies das vierte Mal innerhalb von vier Tagen und den Abschnitt bis Oberdrauburg muss ich ohnehin wieder zurücklegen. Die erste Challenge des Tages soll der Gailbergsattel werden, an sich keine große Prüfung aber unter winterlichen Bedingungen und bei knappen Minusgraden doch nicht ganz so ohne. Am Gailbergsattel angekommen bläst dann tatsächlich der Wind - viel stärker als geplant und aus allen Richtungen, sodass ich kurz mein heutigen Vorhaben zu zweifeln beginne. Am Sattel selbst scheint mir die Sonne ins Gesicht und alle Zweifel sind verflogen. Ein kurzer Abstecher auf der Abfahrt vom Gailbergsattel führt mich - traditionell - zu den Wurzeln einer meiner Familienhälften nach Laas und bringt eine kurze Verschnaufpause, bevor es in die restliche Abfahrt nach Kötschach hinuntergeht. Ich rolle den Berg nur hinunter, reduziere sogar bewusst die Geschwindigkeit, weil der eisige Fahrtwind meine Finger und Zehen ans Limit bringt. Es fühlt sich an, als würden Nadeln in die Finger und Zehen stechen und das eigentlich Grausliche daran ist, dass man während der Fahrt weder durch Positionswechsel noch durch andere Maßnahmen Linderung bewirken kann.

Ich erreiche das Gailtal unter einer dicken Decke von Nebel, die zwar da und dort die Sonne durchblitzen lässt, gleichzeitig sind aber auch die Temperaturen noch weit in den Minusgraden und der Radweg, der mich gen Osten führen soll ist unter einer fragwürdigen Schnee- und Eisschicht verborgen. Die ersten 10-15 Kilometer friere ich mich über den Radweg, unter Reif und Schnee verborgene kleine Eisplatten lassen meinen Puls immer wieder kurz hochschießen. Erst kurz vor Tröpolach ist der Nebel endgültig verschwunden und die einzige Trübung der Sonne erfolgt durch die Schneekanonen des Skigebiets am Nassfeld, dass sich über meiner rechten Schulter erhebt.

Um nicht permanent auf der Schattseite fahren zu müssen und meiner Seele auch etwas Sonnenschein zu gönnen, fahre ich nicht auf dem offiziellen Radweg sondern auf einem Begleitweg der Gail. Mit meinem Gravelbike bin ich für derartigen Untergrund grundsätzlich perfekt ausgerüstet, jedoch bringt die Sonne mit sich, dass die schmelzende Schneedecke den darunterliegenden lehmigen Erdboden in eine zähe Masse verwandelt, die einiges an Kraft erfordert. Mein Durchackern dieser Wege richtet auch mein Rad entsprechend zu, URS erträgt allerdings mit stoischer Gelassenheit meine Schmutzattacken auf Tretlager, Antrieb und Rahmen und verrichtet einwandfrei seinen Dienst.

Bei Hermagor wechsle ich auf den Drauradweg 3a, eine weitere Ader des in Kärnten sehr gut ausgebauten Radwegenetzes. Auf den unberührten und mit Schnee bedeckten Wegen, die vor mir liegen, entdecke ich plötzlich Reifenspuren und wähne mich nicht mehr als einzigen Verrückten, der hier mit dem Rad unterwegs ist. Ich finde den gesuchten Radfahrer nicht, für meinen Kopf ist es allerdings eine willkommene Abwechslung - schließlich bin ich schon recht lange alleine auf meinen Wegen unterwegs.

Vor mir erhebt sich der Dobratsch, der Villacher Hausberg und damit kann ich ungefähr erahnen, wie weit mich der heutige Tag noch führt. Am Fuße des Dobratsch führt der Radweg durch wunderbare Nadelwälder, über asphaltierte und geschotterte Wege, wellig und flott geht es dahin - ich bin kurz in so etwas wie einem Flow, bin ganz bei mir selbst. Bei Arnoldstein beginnt es zu rauschen, das Geräusch kommt näher und nach dem Überqueren einer Brücke, fährt man für kurze Zeit neben der Autobahn, die sich an dieser Stelle aus Italien Richtung Villach und Klagenfurt schlängelt. Dieser Streckenabschnitt ist mir noch von der Tour de Franz im Sommer in Erinnerung, da hatte es allerdings rund 30 Grad mehr. Die Fußgeherfrequenz steigt, mit ihr auch Hunde, Pferde und andere Gesellschaft - man nähert sich der Stadt. Noch immer entlang der Gail führt der Radweg bis an den Stadtrand von Villach, das heutige Etappenziel ist erreicht. Richtung Bahnhof benütze ich einen der vielen Radwege in der Stadt, zuerst steuere ich noch fälschlicherweise den Westbahnhof an, danach den "richtigen" Hauptbahnhof. Ich überfalle eine Tankstelle am Weg und nehme alles mit, was aus Plunder, Nougat, Cola und Marmelade besteht und warte auf meinen Zug zurück nach Lienz.

Tag 5: 370,1 KM; 74% der Festive 500 erreicht

29. Dezember 2019

Es ist Sonntag und damit Tag des Herrn. Die einen gehen in die Kirche, die anderen - scheinbar nicht minder religiös - beten den österreichischen Ski-Gott an, der in Form des Damen-Skiweltcups in Lienz Halt macht. Auch ich fröhne einer Art Spiritualität beim Radfahren, obwohl der Blick aufs Thermometer eher an Kasteiung und Selbstgeißelung denken lässt. Bei -8 Grad bin ich noch nicht oft in meinem Leben nach draußen gegangen, um Rad zu fahren. Festive 500 kümmert sich allerdings nicht um derartige Befindlichkeiten und somit verlasse ich unter leichtem Kopfschütteln der Familie das Haus, um - nun bereits zum fünften Mal - im Talboden Richtung Oberdrauburg zu fahren. Dank Skirennen läuft der Verkehr nur in eine Richtung, die Bundesstraße lässt mich vergleichsweise rasch ein paar Kilometer sammeln. Auf der Rückfahrt wirft mir die Schattseite über eine knappe Stunde die vollen -7 oder -8 Grad entgegen, ich überlege kurz aufzuhören oder irgendwo einzukehren, doch Pausen machen das ganze Unterfangen nicht wirklich einfacher. Und halbwegs aufgewärmt wieder aufs Rad zu steigen ist in vielen Fällen die größere Qual als das Weitermachen.

Ich lege einen kurzen Stopp beim Zielhang des Skirennens ein, auch als Nicht-Fan haben derartige Ereignisse natürlich ihren Reiz. Der weitere Weg führt heute hinein ins Iseltal und wieder zurück. Meine Hoffnung auf einen schneegeräumten Isel-Radweg erfüllt sich leider nicht, auf der Bundesstraße ist es eher spaßbefreit aber immerhin scheint die Sonne, -4 Grad sind da schon eine bedeutende Verbesserung.

80 Kilometer stehen am Ende auf dem Wahoo, genau was ich wollte. Damit bleiben für die letzten beiden Tage noch 50 Kilometer, die für die Erreichung der Aufgabe fehlen. Und nebenbei wurde auch noch die eigene Vorgabe erfüllt, zumindest an einem der acht Tage nicht fahren zu müssen und stattdessen etwas mit der Familie unternehmen zu können.

Wie auch schon an den letzten Tagen hat sich bei niedrigen Temperaturen ein massives Problem ergeben, jenes der Verpflegung nämlich. Gels sind an sich keine Herausforderung, ihre Konsistenz ist auch bei niedrigen Temperaturen nahezu unverändert und damit auch deren Verzehr. Bei Riegeln wird die Sache mitunter schon etwas komplizierter. Wer schon einmal versucht hat, einen halbgefrorenen Clifbar oder Powerbar runterzubekommen, weiß wovon ich spreche. Mein Tipp ist so einfach wie banal, nämlich den Riegel möglichst nah am Körper zu tragen und damit warm zu halten. Die Trikottaschen unter der Jacke reichen dafür in der Regel aus, alles was außen liegt ist zu exponiert. Richtig schwer wird es allerdings mit den Trinkflaschen, diese sind permanent den niedrigen Temperaturen ausgesetzt. Ein Rucksack mit einer Trinkblase, die nahe am Körper anliegt, wäre ein gangbarer Weg aber mit Rucksack fühle ich mich am Rennrad nicht wohl. Thermo(s)flaschen sind auch eine Variante, allerdings halten derartige Flaschen die Flüssigkeit auch nur minimal länger warm (außer es sind dezidierte Thermosflaschen). Und dann gibt es da noch den Mpemba-Effekt, demzufolge es - frei interpretiert - auch keinen Sinn macht, besonders warme Getränke in normale Flaschen einzufüllen, da diese noch schneller abkühlen als kühle. Ich habe so gut wie nichts getrunken bei meinen Ausfahrten, weil meine Flaschen stets innerhalb von kurzer Zeit so kalt waren, dass nur noch kleine Schlücke möglich waren, ohne dass einem auch noch innerlich ganz kalt wird. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie man das am besten handhabt.

Tag 6: 450,3 KM; 90% der Festive 500 erreicht

30. Dezember 2019

Finale! Eigentlich bin ich ja mit allerhand Routen, Ideen und Bildern von epischen Abenteuern nach Osttirol gekommen. Man ist von Instagram und dergleichen ja mittlerweile auch schon insofern verklärt, als jedes Unterfangen "außergewöhnlich", "besonders" oder eben "epic" sein muss. Eine normale Ausfahrt in schöner Umgebung ist da vermeintlich ja schon fast nichts mehr, über das man berichten könnte. Die Realitäten des Osttiroler Winters haben mich aber in Demut gelehrt, genauso wie die Erkenntnis, dass 500 Kilometer innerhalb einer Woche keine einfache Aufgabe darstellen.

Und so mache ich mich erneut auf den Weg durch den Lienzer Talboden, die Strecken zu wiederholen und immer wieder abzufahren empfinde ich dementsprechend auch nicht als Schande sondern schlicht und ergreifend als Maximum dessen, was unter diesen Rahmenbedingungen möglich ist. Und mit dieser Einstellung fällt es auch wieder leicht, das Schöne zu sehen: die Berge, die Sonne, die Landschaft, die Kirchen an den Berghängen, die Höfe auf den Hügeln - all das, wofür es keine epischen Abenteuer braucht sondern nur den Schritt vor die Tür.

Gut 54 Kilometer später kann ich die hartnäckigen Minusgrade endgültig vergessen, den Heimathafen ansteuern aber nicht ohne vorher noch bei der Tankstelle eine Flache Sekt in meine Trikottasche zu stecken. Die Erledigung der Festive 500 soll einen würdigen Abschluss erfahren.

Ein letztes Mal den Wahoo synchronisieren, die Fotos des Tages bearbeiten und das Ganze auf Komoot und auf Strava hochladen - das ist mittlerweile zum Ritual geworden. Auf der Seite der Festive 500-Herausforderung wandert der Balken nach rechts, erreicht die 100% und überschreitet diese Grenze geringfügig. Ein Fenster poppt auf, Gratulation zur absolvierten Challenge, Halleluja.

Tag 7: 504,9 KM; 101% der Festive 500 erreicht

31. Dezember 2019

8:30, zum ersten Mal seit acht Tagen muss ich nicht darüber nachdenken, wohin ich heute fahre, was ich anziehe oder wie weit ich fahren sollte. Zum ersten Mal kann ich das machen, was der Rest der Familie und vermutlich so gut wie jeder andere Mensch in Osttirol zu dieser Jahreszeit macht, wenn er Sport machen will - in meinem Fall ein paar Runden auf den Langlauf-Skiern.

Zurück von der Skating-Runde folgt auf Strava eine kurze Krise. Plötzlich scheinen in meiner Challenge nur noch 495 Kilometer statt der tatsächlich gefahrenen 505 auf, Erreichungsgrad 98%. Schnell mache ich Screenshots von allen Mails und Nachrichten, die ich bereits bekommen hatte, in denen samt und sonders steht, dass ich die Herausforderung absolviert habe. Mal schauen, was meine Anfrage an Strava bringt... Auch bei eventuellen Ungenauigkeiten oder Neuberechnungen sollte ich mit 505 Kilometern auf der sicheren Seite sein. Was ich allerdings in den letzten Tagen erlebt habe, kann mir ohnehin keiner mehr nehmen. Ebenso wie es an sich völlig egal wäre, ob ich dafür nun ein virtuelles Abzeichen oder einen kleinen Stoff-Aufnäher bekomme. Die Tatsache, dass ich für 500 Kilometer am Rad gesessen bin, bringt ohnehin mehr mit als nur das formale Absolvieren der Challenge. Ich konnte ohne jegliches schlechtes Gewissen Kekse in mich hineinstopfen, war gemütlich im Ausdauermodus unterwegs und hab dementsprechend (hoffentlich) schon eine kleine Trainingsbasis fürs Frühjahr gelegt und hab einen großen Kampf gegen den inneren Schweinehund gewonnen.

Tipps

Abschließend möchte ich die Erkenntnisse meiner Festive 500-Woche in einige Tipps fließen lassen, für folgende Jahre und andere Radlerinnen und Radler, die eventuell etwas Inspiration brauchen.

Möglichst früh, möglichst viel

Gerade die ersten beiden Tage sind oft für Feierlichkeiten reserviert. Wer allerdings schon zu Beginn aussetzt oder Kilometer auf später verschiebt, tut sich nichts Gutes. Es steigt damit der Druck und die anfangs noch vorhandene Freude an der Herausforderung wird vermutlich zunehmend schwinden.

Routenwahl

Die Routenwahl ist aus zweierlei Gründen relevant. Einerseits hat die Tourenplanung großen Einfluss darauf, wie schnell man die 500 Kilometer erreicht - flach gewinnt vor bergig. Zweiter Aspekt ist das Klima - je nachdem, in welcher Region man unterwegs ist, kann man sich mit einer geschickten Routenwahl das Leben einfacher oder lebenswerter gestalten. Lange Abfahrten bei niedrigen Temperaturen tun dem Körper nichts Gutes.

Rad

Natürlich auch in Abhängigkeit der Region, des Terrains und der Pläne ist die Wahl des geeigneten Rads essentiell. Ich war sehr glücklich mit der Wahl des Gravelbikes von BMC, es war der exakt richtige Erfüllungsgehilfe für meine Challenge. Sich nicht um (speziell im Winter) schlechten Asphalt kümmern zu müssen, Schotter und Splitt auf der Straße ignorieren zu können und auch auf Schnee und Eis etwas mehr Sicherheit zu genießen, ist das eine. Bei der Routenwahl auch Schotter, Erde und Waldwege miteinbeziehen zu können, das andere - eine enorme Bereicherung der Routenvielfalt und des damit verbundenen Fahrspaßes.

Rücklicht

Es mag banal erscheinen aber ich habe für die Festive 500 ein neues Rücklicht angeschafft. Dieses hat Leuchtstufen, die ehrlicherweise mit keinem Gesetz der Welt mehr vereinbar sein dürften, allerdings hat es mir die Sicherheit gegeben, mit der ich auch auf viel befahrenen Bundesstraßen und bei schlechten Lichtverhältnissen beruhigt unterwegs war.

Rahmentasche

Auch neu für mich war die Rahmentasche, wobei ich mich ja grundsätzlich eher gegen allzu viel Ballast und Gepäck auf dem Rad ausspreche. Hintergedanke war, immer einen trockenen Ersatz-Baselayer mitzuführen, eine weitere Jacke und eine Außenschicht, Ersatzschlauch und Werkzeug nicht im Trikot verstauen zu müssen und auf langen Touren auch etwas mehr Verpflegung mitzuführen. Die wasserdichte Ortlieb-Tasche konnte alle diese Erwartungen erfüllen, war ein praktischer Begleiter und hat sich auf diesem Wege wohl auch für künftige Herausforderungen wie das Race Around Austria Unsupported qualifiziert.

Gesellschaft

Was ich nicht hatte, kann wohl ein großer Vorteil bei der Bewältigung von 500 Kilometern in acht Tagen sein - Gesellschaft, jemand, der mitleidet, jemand der motiviert und mitfühlt.

Familie

Die Familie kann natürlich auch motivieren und unterstützen, wird jedoch nie die "Innensicht" haben, das verstehen, was man am Rad durchlebt und die Motive, warum man das ganze auf sich nimmt. Umgekehrt ist es essentiell, der Familie auch etwas zurückzugeben - die Entbehrungen und die Abwesenheit sind immerhin beträchtlich!

Keinen Druck machen

Entspannt zu bleiben ist wohl auch ein Schlüssel zum Erfolg. Egal, ob man mit den Kilometern hinten ist, ob man ein technisches Problem hat oder aber - wie oben erwähnt - Sorge hat, weil man “nur” vermeintlich ereignislos und unberichtenswert auf allseits bekannten Wegen hin- und herrollt. Spaß haben, genießen und das Ganze zu spüren, sollte im Vordergrund stehen. Und rechtfertigen muss man sich sowieso immer nur vor sich selbst!

Genießen und Feiern

Ganz in diesem Sinne gilt es natürlich auch, den Erfolg entsprechend zu zelebrieren. 500 Kilometer sind in meinem Fall rund 10 Prozent meiner aktuellen Jahreskilometerleistung. Angesichts meines Fitnesszustands bin ich daher auch aus sportlicher Sicht mit meinen Festive 500 sehr zufrieden. Schwerer wiegen allerdings trotzdem die Erlebnisse und die Dinge, die mir durch den Kopf gegangen sind, während ich rund 21 Stunden auf dem Rad gesessen bin. Damit kann ich mit aufgeräumten Gedanken und einem durchgelüfteten Hin in ein neues Jahr starten!

Race Around Austria - Challenge "Unsupported"

(Autor: Race Around Austria)

Oftmalig wurde der Wunsch vieler Athleten an uns herangetragen, das Race Around Austria auch “unsupported”, also ohne Betreuer und Begleitfahrzeug zu absolvieren. Schon alleine aufgrund von Sicherheitsbedenken haben wir bisher immer davon Abstand genommen, ein Rennen mit einer Länge zwischen 560 und 2.200 Kilometer ohne Betreuer auszutragen. Richtig ernsthaft befasst haben wir uns mit diesem Thema dann zu Jahresbeginn 2019, zumal die Rennen in Europa vermehrt auch eine derartige Kategorie anbieten. In Italien ist dies schon länger der Fall, auch die Tortour in der Schweiz ermöglicht eine unbegleitete Teilnahme an der Challenge seit geraumer Zeit.

Für uns als Veranstalter war klar, dass wir eine solche Kategorie nur dann andenken, wenn wir Sicherheitsbedenken auf ein absolutes Minimum reduzieren können. Dazu zählt einerseits die Ausrüstung, andererseits aber auch ein sinnvoller Modus und eine 100%ige Sicherheit hinsichtlich technischer Voraussetzungen. Wir führten einerseits zu diesem Thema Gespräche mit unserem GPS-Partner Perfect Tracking und überlegten uns gemeinsam mit dem Amt der OÖ Landesregierung, ob eine Durchführung rechtlich möglich und genehmigungsfähig ist, denn das RAA ist ein Rennen und daher auch mit zahlreichen Auflagen genehmigungspflichtig. Gleichzeitig klärten wir mit der Landespolizeidirektion ab, welche Ausrüstung am Rad erforderlich sein muss und holten hier eine Stellungnahme ein. Vor allem die Nachtfahrt in entlegenem Gebiet ohne notwendige Infrastruktur und Versorgungsmöglichkeit zwischen 19:00 Uhr und 07:00 Uhr stellt nicht nur Organisation, sondern auch Teilnehmer vor eine Herausforderung. Natürlich benötigt es dazu auch ein Sicherheitskonzept: Was tun, wenn es einen Tag lang stark regnet und die Temperaturen stark fallen? Auch hier ist man als Veranstalter gefordert, egal ob ein Teilnehmer mit oder ohne Begleitfahrzeug unterwegs ist.

Zur „Pro“-Entscheidung haben uns mehrere Aspekte bewogen:

• GPS-Tracker für 30h am Rad: Von unserem GPS-Dienstleister gibt es ausfallsichere, autarke und gleichzeitig leichte GPS-Geräte, die am Rad fixiert werden können und mit akzeptablem Gewicht (ähnlich eines Mobiltelefons) idente Sendeleistungen und Sendeintervalle wie unsere herkömmlichen Tracker besitzen. Im Falle eines wirklichen Ausfalls können wir auf Standortapps zurückgreifen. Das Mitführen eines Smartphones mit Powerbanks ist unbedingt erforderlich.

• Ein praktikabler Startmodus: Die Challenge Unsupported wird vor der eigentlichen RAA Challenge, und zwar um 15:00 Uhr gestartet. Sollte es also zu Notfällen auf der Strecke kommen, kann man damit rechnen, dass auch in entlegenen Gebieten jemand vor Ort ist und ein gewisser „Betrieb“ herrscht.

• Nicht zuletzt sind mittlerweile die Licht- und Navigationsgeräte technisch weit ausgereift.

• Ein Depot bei Halbzeit des Rennens: Schon bei der Planung wurde uns klar, dass das Credo „Eine Tankstelle hat in Österreich zwischen 06:00 Uhr und 22:00 Uhr offen“ nicht unbedingt Gültigkeit hat. Viele Tankstellen wurden auf Automatentankstellen umgestellt, die meisten schließen an unserer Strecke bereits um 19:00 Uhr. Spätestens nach unserer Testfahrt sind wir uns sicher, dass die Möglichkeit, bei Start und Ziel eine Kiste befüllen zu können, die dann bei der Firma Hrinkow Bikes in Steyr hinterlegt werden kann, eine wichtige – auch sicherheitstechnische – Komponente mitten in der Nacht ist, vor allem dann, wenn das Wetter nicht mitspielt. Das Depot ist auch für die Rennleitung wichtig: Während beim Rennen mit Begleitfahrzeug die Crew jederzeit entscheiden kann, ob der Teilnehmer die Fahrt fortsetzen kann, ist dies beim Unsupported-Rennen nicht der Fall. Alleine deshalb ist zumindest ein Checkpoint gerade zu dieser Uhrzeit notwendig.

Nicht zuletzt wollten wir die Challenge Unsupported auch testen, deshalb haben wir vergangenes Wochenende (12/13. Oktober) unseren Moderator Oliver auf die Strecke geschickt. Begleitet wurde er von einem Media Car, das aber nicht in die Fahrt eingriff und keine Betreuungsaufgaben übernahm.

Trotz Oktober hatten wir für die Testfahrt unnatürlich schönes und trockenes Wetter. Klar ist, dass ein Unsupported-Rennen gerade bei Regen extrem werden kann. Die Temperaturen waren auch in der zweiten Nachthälfte noch erträglich und nur knapp unter dem zweistelligen Bereich. Kein Regen, kein Nebel, im Gegenteil: Am Morgen wehte kräftiger Südföhn, der vor allem vom Hengstpass bis Kirchdorf unser Versuchskaninchen ordentlich beschleunigte. Das waren zugegebenen Normbedingungen, mit denen man beim Rennen selbst nicht unbedingt rechnen kann.

Trotzdem konnten wir für unsere ersten Unsupported-Teilnehmer einiges mitnehmen:

Bekleidung

Das Depot in Steyr eignet sich für das Hinterlegen von Bekleidung (mit Ausnahme bei Regenwetter) kaum, höchstens als Backup. Generell muss die Bekleidung für das Rennen wohl sehr kurzfristig gewählt werden, nachdem man aber im August wohl damit rechnen kann, dass man sich um 20:30 Uhr für die Nacht, und um 08:00 für den Tag an- und umziehen muss, ist alles an Bekleidung am Rad mitzuführen. Zuviel Risiko würden wir nicht eingehen, aber ob Regen oder nicht, darauf kann man sich mit einer guten Vorschau sicher einstellen.

Verpflegung

Wie oben schon erwähnt ist die Servicedichte auf der Strecke sehr eingeschränkt, auch am Tag. Hier heißt es vorausplanen und ein gutes Konzept zurechtlegen. Gesehen haben wir, dass jeder Supermarktbesuch wirklich viel Zeit kostet. Hier kommt wieder unser Depot ins Spiel, das so ausgelegt wurde, dass man sich mitten in der Nacht, genau bei Halbzeit die Taschen wieder gut füllen kann und mit der entsprechenden Ernährung möglicherweise sogar bis zu 200km weit kommt. Schwierig könnte allerdings auch die Suche nach Trinkwasser werden. Die Brunnendichte ist keine hohe, die meisten Ortsbrunnen sind mit „Kein Trinkwasser“ versehen. Ein Tipp sind mitunter Friedhöfe, hier gibt es oft eine Füllmöglichkeit. Auch hier heißt es: Gut planen, denn oftmalig kommt man gar nicht in Ortszentren, sondern fährt auf Umfahrungen, abseits von Geschäften.

Taschen

Sehr bewährt hat sich die große Satteltasche und die Tasche am Oberrohr.

Beleuchtung und Strom

Vorgeschrieben sind zwei Garnituren Licht. Je heller desto besser, vor allem beim Rücklicht. Mit der Strecke am Computer gab es kaum Navigationsprobleme, wenn man sich die Strecke zudem gut einprägt, erwischt man auch intuitiv schnell die richtige Abzweigung. Ohne ordentliche Powerbank geht sich die Navigation am Computer allerdings nicht aus. Auf das Routebook als Backup wurde kaum zurückgegriffen, viel mehr wurde es dafür genutzt, sich hinsichtlich Kilometer zu orientieren. Eventuell schadet hier eine eigene Marschtabelle am Oberrohr nicht.

Sichtbarkeit

Auch hier gibt es die klassischen RAA-Regeln und zusätzlich notwendige Ausrüstung (permanente Warnweste, auch am Tag). Mit unserem Media-Car haben wir aber gesehen, dass man gerade auf den Beinen, an den Rohren und am Helm (!) nie genug gute Reflektoren haben kann. Kein Autofahrer rechnet um 03:00 Uhr mit einem Radfahrer, zusätzliche Leuchtaufkleber schaden daher nie. Bei Warnwesten ist darauf zu achten, dass diese mit zahlreichen Reflektoren versehen ist. Ein gelber Anstrich alleine ist in der Nacht nicht sichtbar, hier zählt alleine die Reflektorfläche. Nachträglich würden wir sicher auf einen Warngurt zurückgreifen, der z.B. auf Amazon gut erhältlich ist, weniger Wind-Angriffsfläche hat und besser reflektiert als der bekannte Warnlatz, den man auf den Bildern sieht. Zudem ist er stufenlos einstellbar und je nach Bekleidung (Hitze mit 30°C oder mit einer Jacke) gut zu tragen.

Okt. 12 2019 DSCF6057.jpg

Dass das neue Format eine durchaus interessante Kategorie werden wird, davon sind wir nach unserer Testfahrt jedenfalls überzeugt. Nicht als Konkurrenz zur klassischen Challenge, vielmehr als Ergänzung und Möglichkeit, mit weniger technischem Aufwand beim Race Around Austria dabei zu sein. Mit einem klaren Fokus auf den Finishergedanken. Wir freuen uns auf 2020!

Daten und Fakten

CHALLENGE UNSUPPORTED
Modus: Einzelstart ohne Windschatten, ohne aktive Hilfe von außen, 1 Depot bei KM 330
Start: Mittwoch, 12. August 2020 (voraussichtlich 15:00-16:00 Uhr) im Minutentakt
Ort: St. Georgen im Attergau
Länge: 563km
Karenzzeit: 29 Stunden (1 Stunde mehr als bei der klassischen Challenge)
Erforderlicher Schnitt: 19,41 km/h
Kontingent: Max. 50 Solostarter
Anmeldestart: 15. Februar 2020, 09:00 Uhr

Infos: www.racearoundaustria.at

Fotos // Grand Prix Vienna 2019

Tag 1 - 10.10.2019

Tag 2 - 11.10.2019

Gravel Innsbruck

Ride with passion - unter dem klangvollen Namen ging #gravelinnsbruck am vergangengen Sonntag in die erste Austragung. Wie es halt immer so ist, eine reine Gravelrunde ist fast unmöglich und so haben die Organisatoren die schönsten Abschnitte auf Teer, Schotter, Forststraßen, Waldwegen, einer Bobbahn (ja ihr lest richtig!) und naja sagen wir mal schlechten Straßenabschnitten zu einer mega Runde kombiniert. Multi Terrain Cycling Adventure wird es vom Veranstalter genannt und es wurde seinem Namen vollauf gerecht!

Ich durfte im Namen von 169k die toll angelegte Runde rund um Innsbruck in Angriff nehmen und es hat sich gelohnt!

Mit Start in der schönen Innsbrucker Altstadt und auf von der Polizei gesperrten Straßen ging es flott los Richtung Westen am Inn entlang ins Nasse Tal. "Its not a race, its a big festival" - das sahen die Damen und Herren in der ersten Gruppe wohl anders und sind uns bis zum ersten Anstieg schon mal ordentlich enteilt. Kein Problem, ich bin ja hier zum Genießen denk ich mir, aber irgendwie haben solche Gruppenausfahrten dann doch immer ein bisschen Renncharakter und man will sich ja nicht die Blöße geben. Also rein in den ersten knackigen Anstieg, hier auf Asphalt und gleich darauf finden wir uns in Götzens wieder. Wer die WM letztes Jahr verfolgt hat, egal ob live vor Ort oder vorm Fernseher kennt die tollen Panoramen rund um Innsbruck und genau diese hat man quasi durchgehend im Auge!

Ein paar Ortschaften und Weiler später finden wir uns in Mutters wieder und stürzen uns auf das erste wirkliche Highlight dieser Runde: ein Singletrail, der sich auch wirklich so nennen darf, ist die erste richtige Offroad-Herausforderung bergab. Ich staune ob der Teilnehmer, die sich hier mit Rennrädern runterhauen und das auf teilweise 25mm breiten, klassich “glatzerten” Reifen!

Wer den Ötzi schon mal gefahren ist, kennt den Abschnitt auf der Brenner Bundesstraße und den Ausblick auf die Europa-Brücke. Und da unten in der Sillschlucht beim nächsten Höhe- bzw. Tiefpunkt werden wir uns gleich wiederfinden. Vorbei am Kraftwerk Obere Sill geht es über eine alte Versorgungsstraße 2,3 km und 230 Höhenmeter hinauf nach Patsch. Es ist schon sehr beeindruckend unter der 190m hohen und damit Österreichs höchsten Brücke zu fahren. Ganz nah an den Pfeilern vorbei, gehts auf der teilweise mit schlechtem Asphalt ausstaffierten Straße in etlichen Kehren hinauf. Oben hört man dann schon von weitem Didi Senft, den weltbekannten Radsport-Teufel mit seinen Anfeuerungsrufen auf die Teilnehmer warten. Auf der gesamten Strecke gibt es keine Zeitnehmung im klassischen Sinn, jedoch befindet sich hier einer der Anstiege, die auf Strava ein eigenes Segment erhalten haben. Dadurch kann man sich, trotz Eventcharakter doch mit den anderen Fahrern battlen!

Kurze Abfahrt Richtung Igls und dann next stop: Bobbahn - ja genau, eine BOBBAHN! Hier wird das ganze wirklich einmalig: wo sonst auf der Welt habt ihr die Chance in einer olympischen Bobbahn mit dem Rad zu fahren? Richtig, nirgends! Hier muss ich auch gleich gestehen: ich hab zuerst gedacht, wir fahren die Bahn runter. Wenn man aber in dem Eiskanal ist (übrigens mit perfektem Untergrund für Radreifen, sowas griffiges findet man selten) merkt man erst, wie wenig Platz da drinnen ist. Runterfahren wäre bei dem Gefälle wohl eher keine so gute Idee, immerhin gehts mit 9% bergauf! Ein paar Steilkurven und einen Kreisel später, Ausstieg aus der Bahn und erst mal mit einem Safterl aus Fuschl gestärkt!

Von hier an gehts eigentlich schon wieder zurück Richtung Innsbruck via Sistrans und Aldrans. Über schöne Waldwege nähern wir uns dem Zentrum. Hier ist ein kleiner Kritikpunkt anzubringen: die "Ausschilderung" war an einigen Stellen nicht gut erkennbar oder schlicht nicht vorhanden. Wir kamen in Lans an einen Punkt, wo sich der Weg in drei Richtungen gabelt. Pfeil war keiner vorhanden und so ortskundig war von uns keiner, das wir wussten, wo es nun weitergeht. Jeder der manchmal offroad in unbekanntem Gebiet unterwegs ist, kennt die Situation vielleicht, wenn man irgendwo runter fährt, um dann nach ein paar hundert Metern im besten, oder mehreren Kilometern im schlechtesten Fall draufzukommen, dass es kein Weiterkommen mehr gibt. Kurzer Blick auf den Wahoo: ja schaut so aus, als kämen wir da weiter, also fahren wir einfach mal geradeaus. Wir kommen direkt oberhalb von Wilten heraus, leider auf der "falschen" Seite und haben damit den Berg Isel verpasst. Hier merkt man dann schon, das die Teilnehmer durchaus kreativ mit der Streckengestaltung umgehen und manchmal den direkten Weg zurück zum Congress am Rennweg suchen oder quer durch die Altstadt zurück zum Startpunkt radeln.

Hier angekommen könnte mein Bericht auch schon enden, man könnte nun nach ca. 50km die Ausfahrt beenden und sich bei Kasnockn und Tiroler Gröstl schon verpflegen.

Aber da war doch noch was in der Ausschreibung? Richtig, die Höll! Und die hält was sie verspricht: 2,78km, 304 Höhenmeter und stellenweise 25% steil! Puh, und das nach dem ersten Teil der Runde, der auch ganz schön knackig war! Eine Herausforderung der besonderen Art. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, was die Pros letztes Jahr gedacht haben müssen, nachdem sie schon über 5000 Höhenmeter im Renntempo in den Haxn gehabt haben und dann dort rauf mussten! "Die spinnen, die Innsbrucker!" - so oder so ähnlich wars bestimmt bei einigen! Auch hier wartet wieder Didi und schreit die Leute förmlich die letzten Meter im steilsten Stück hinauf. Ich pumpe ordentlich, die Lungen und Oberschenkel brennen! Die Strecke mit dem Gravelbike in Angriff genommen zu haben, stellt sich hier abermals als Vorteil heraus. Die von mir gefahrene Über- bzw. Untersetzung macht sich bezahlt und ich kann noch mit halbwegs angenehmer Kadenz rauftreten. Oben angekommen mache ich Halt, es wollen ja auch ein paar Fotos gemacht werden. Viele der Fahrer sind hier wirklich am Limit, aber jeder ist extrem stolz, wenn er es ohne Absteigen oder Schieben geschafft hat. Aber selbst Schieben wird zur Herausforderung und jedem, der bis hier gekommen ist, ist zu gratulieren.

Danach geht es noch rüber nach Thaur ein letztes Mal Bergpanorama bewundern und zurück nach Innsbruck.

In Summe haben sich die Veranstalter hier im Schatten der großen MTB-Touren in Tirol und der Rad-WM vom letzten Jahr etwas einfallen lassen, um dem Trend Gravel entsprechend Tribut zu zollen!

Ich zumindest würde sofort wieder mitfahren, obwohl ich sicher wieder das Gravelbike nehmen würde und nicht wie etliche andere das Rennrad. Dafür ist mir die Route dann zu sehr offroad, aber jeder wie er will.

P.S.: Eine Warnung an alle, die eine leichte E-Bike-Allergie haben: die sind hier auch zugelassen und können einem bergauf schon etwas lästig werden, wenn die, die man vorher im Flachen überholt hat dann in Schlangenlinien wieder nach vorne fahren, um oben wieder zurücküberholt werden zu müssen.

Als Verbesserungsvorschlag würde ich den Teilnehmern noch eine .gpx-Datei zur Verfügung stellen, dies kann ja gern im Zuge der Bestätigungsemail passieren nach Anmeldung, wenn man die Strecke vorab etwas unter Verschluss halten möchte.

Also: schnappt euch ein Gravel- und wahlweise Rennrad oder Mountainbike und kommt 2020 nach Innsbruck. Ride with Passion!

Alle Infos: https://gravelinnsbruck.com/

King of the Lake 2019

Wie soll ich diesen Blogpost über den King of the Lake 2019 beginnen, wo ich doch schon im vergangenen Jahr alle verfügbaren Superlative gebraucht habe… Daher hier die Kurzfassung für alle, die sich nicht durch die Details meines Blogposts wühlen möchten:

Der King of the Lake ist eine der tollsten Veranstaltungen, die ich mir nur vorstellen kann - (gesperrte) Strecke, Organisation, Menschen, Landschaft und alles Drumherum sind perfekt. Wer noch nicht dabei war oder nicht verstehen kann, warum jeder so von der Veranstaltung schwärmt, der oder die stelle sich unbedingt einmal an die Startlinie! Punkt.

Du möchtest doch noch mehr lesen? Na gut, starten wir von vorne :)

Es ist mein dritter King of the Lake, wobei King werde ich auch dieses Jahr nicht werden. Ich habe große Konkurrenz: neben meiner Wenigkeit stehen auch noch mein Trainingsrückstand, mein launischer unterer Rücken und mein Schlafmangel am Start - es wird ein hartes Match. Um kein Risiko einzugehen, habe ich materiell noch einmal aufgerüstet. Nach meiner grandios gescheiterten Premiere am Zeitfahrer im Jahr 2017 und einer - wie ich meine ganz soliden - Fahrt mit dem Rennrad 2018, steht 2019 wieder ein Zeitfahrer in meinem Hotelzimmer im Litzlberger Keller. Die neue BMC Time Machine Disc schreit “schnell” und “schnittig” und es wird wohl ein langer Weg werden, bis der Pilot ebenjener Maschine auch nur ansatzweise die selbe Dynamik versprühen wird - aber egal. Bekanntermaßen macht es (zumindest mir) mehr Spaß auf schönem Material und wo wenn nicht hier am wunderschönen Attersee beim größten Einzelzeitfahren Europas.

Am Attersee

An den Attersee finde ich schon blind, verbringe ich doch mittlerweile schon mehrere Tage oder fast Wochen meines Radjahres hier in der Gegend. Mondsee-Radmarathon, die Staatsmeisterschaften 2019, das Race Around Austria, der Mohrenwirt in Fuschl - es ist hier eine besondere Ecke entstanden mit engagierten Menschen, die auf eine unaufgeregte aber zielstrebige Art und Weise den Rad(breiten)sport in Österreich vorantreiben. So wie auch ganz Oberösterreich mittlerweile eine tolle Vorreiterrolle eingenommen hat - nicht zuletzt die vielen oberösterreichischen Profis oder jene Fahrerinnen und Fahrer, die sich anschicken, solche zu werden, zeugen davon, dass es sich um einen guten Boden handelt.

Über den King of the Lake selbst wurde schon viel gesagt und geschrieben. Es ist die größte Veranstaltung ihrer Art in Europa - das Konzept geht nächstes Jahr in seine zehnte Ausgabe, was man am Weg dorthin geschafft und erlebt hat, können Worte wohl schwer beschreiben. Knapp 1.300 Starterinnen und Starter haben sich im Frühjahr 2019 um die Startplätze bemüht, innerhalb von wenigen Stunden waren diese dann auch schon wieder vergeben. Die gesperrte Bundesstraße rund um den See ist so etwas wie das Aushängeschild der Veranstaltung und OK-Chef Erwin Mayer muss jedes Jahr einen großen Teil seiner Energie darauf verwenden, dass dies auch so bleibt. Und das ist ihm unendlich hoch anzurechnen, sind doch die Interessen der Bevölkerung mannigfaltig und ein Radrennen ist halt trotzdem in der Wahrnehmung vieler immer noch “nur ein Radrennen” und unter diesen Rahmenbedingungen an einem Samstag für gut sechs Stunden die einzige Straße rund um den See komplett zu sperren, ist eine entsprechende Leistung. Polizei und Feuerwehr helfen tatkräftig mit, die Gemeinden tragen das Event ebenso und haben über die Jahre auch dessen Nutzen erkannt.

Warm-Up

Der Freitag ist traditionell der Anreise und einem geselligen “Warm Up” am Abend gewidmet. 2019 bietet sich dafür eine neue Möglichkeit - auch im weiteren Sinne des Radsports -, hat doch die Mutter von Bora-Profi Lukas Pöstlberger ein altes Wirtshaus in Schörfling übernommen. So mischt sich lokale Wirtshauskultur mit deftigem Essen, dass sich ein World Tour-Profi am Tag vor dem Rennen wohl nicht in derartigen Mengen gönnen würde. Aber wenn man schon mal hier ist… Neben dem Organisationskomitee, Vertretern der Gemeinden und einigen Journalisten sitzen auch Marcus Baranski - der letztes Jahr noch mit seinem “Doper stinken. Alle. Immer”-T-Shirt einen großen Auftritt auf dem Podest neben Georg Preidler hatte - und Nora alias “Unicorn Cycling” am Tisch, die sich auf dem Rennrad auf die Umrundung des Sees begeben wird.

System-Check

Nach einem derartig “carbo-geloaded” mediokren Schlaf steht Samstag Vormittag die obligatorische Testfahrt auf dem Programm. Systemcheck des Rads, kurzes In-Erinnerung-Rufen der mühsamen Stellen des Kurses auf der Westseite des Attersees. Während es ja auf der “Hinfahrt” auf der Ostseite (im Uhrzeigersinn) recht flach und entsprechend flott dahingeht, stellen sich ab der Südspitze nach und nach mehr oder weniger fiese kurze Rampen in den Weg. Schließlich wollen zwischen Start und Ziel rund 250 Höhenmeter gesammelt werden. Die entsprechenden Stellen vorab zu kennen, hilft ungemein beim Einteilen der Kräfte.

Ein weiterer Punkt, der den KOTL nämlich so besonders macht - zumindest bei jenen, die sich leistungstechnisch auch annähernd in diesen Sphären bewegen können - ist die Tatsache, dass eine Fahrzeit von etwas mehr als einer Stunde bedeutet, hier an seiner individuellen Leistungsschwelle unterwegs zu sein, den berühmten FTP-Wert also unter Realbedingungen einer Bewährungsprobe auszusetzen. Dementsprechend groß ist die Häufung von Leistungsmessern, um den Output messen und entsprechend steuern zu können.

Nicht allerdings an meinem Rad, dafür war die Zeit vor dem KOTL leider etwas zu kurz und die Lieferzeiten meines Wunsch-Powermeters etwas zu hoch. Alles in allem bin ich wiederum nur solala vorbereitet. Auf dem Zeitfahrer bin ich rund fünf Mal gesessen, nachdem dieser aber bei Pbike auf mich gefittet wurde, passt zumindest die Sitzposition. Als Ziel für die Umrundung nehme ich mir grob 1:15h vor, im Glauben, dass ich meine Rennrad-Zeit von 1:20 recht locker unterbieten sollte, wenn ich es schaffe, am TT in Aero-Position durchzufahren. Die großspurige Formulierung traue ich mir hier nur zu, weil ich dieses Ziel später nicht erreichen werde, aber dazu gleich mehr.

Die vormittägliche Testfahrt endet mit Gregor Mühlberger, der auf dem Rückweg zum Hotel plötzlich neben mir fährt. Und so geht es mir immer am Attersee: Irgendwie kennt man jeden, diesen hat man schon mal gesehen, mit dem anderen ist man in Wien schon mal eine Runde gefahren, du bist die von Strava - Das King of the Lake-Wochenende ist ein Familienfest mit der ganzen Radsportsippe - umso besser, dass das Festzelt im Zielbereich ausreichend dimensioniert ist.

Auch schon traditionell vertreibe ich mir meine Zeit bis zu meinem Start (dieses Jahr um 16:13) mit dem Ansehen der Starts der Rad-Bundesliga, den Vierer-Teams und den ersten Solo-Startern. Am Rückweg zu meinem Hotel kann ich noch ein paar Fotos schießen - auch hier der eine oder andere Aha-Moment, wenn man in den Vierer-Teams bekannte Gesichter entdeckt. Umziehen, Fertigmachen, zum Start rollen. Die verbliebenen Minuten widme ich einem Besuch beim “Fahrerlager” des VICC-Vienna International Cycling Club, der mit knapp 30 Mitgliedern am Start steht.

Und los!

5, 4, 3, 2, 1 - und es geht runter von der Startrampe. Gleich nach dem Start geht es kurz bergauf, aber lieber mal etwas langsamer machen - die erste Hälfte sollte man grundsätzlich eher ruhiger angehen lassen. Ich beschließe - angesichts fehlender Leistungsdaten und unsicheren Leistungsniveaus - nach Gefühl zu fahren und es nicht zu übertreiben. Diesen Gedanken in meinem Gehirn fertigformuliert, taucht auch schon an meiner linken Seite ein Auto auf, Fotografin Tana Hell beugt sich aus dem Fenster und drückt ab. Und bevor ich es noch merke, trete ich plötzlich stärker in die Pedale, gebe Gas, überhole Fahrer - mache also alles, was ich nicht tun wollte… Alles für das Foto! :)

Foto: Tana Hell

Als das Auto (endlich) weiterfährt, schalte ich erstmal einen Gang zurück. Wir sind auf Höhe Weißenbach am Attersee - das bedeutet, dass die ersten Höhenmeter auf dem Programm stehen. Ich matche mich mit dem Starter vor mir - immer wieder taucht seine Startnummer 1012 und sein gelbes Trikot auf. Bergauf überholt er mich, in der Ebene rolle ich wieder an ihm vorbei - immer mit dem notwendigen Abstand natürlich. Er ist wohlgemerkt auf dem Rennrad unterwegs, aber das kümmert mich nicht. Die Mischung aus Rennrad und Zeitfahrer, alt und jung und stark und stärker ist erfrischend und sorgt für Abwechslung.

In Unterach ist mit einem kurzen Stich hinauf zur Umfahrungsstraße der Wendepunkt im Süden erreicht, die darauffolgende Abfahrt bietet eine kurze Erholungspause bevor die Namen folgen, die ich mir in Gedanken notiert habe: Parschallen, Nußdorf und Buchberg. Dort geht es steiler und länger bergauf, als man “kurz einmal drüber drücken” könnte. Der Wind, der klassischerweise auf der zweiten Hälfte eine Rolle spielt, ist auch dieses Jahr wieder Begleiter (von vorne), aber die befürchteten Böen sind ausgeblieben.

Endspurt

Es ist immer ungefähr bei Kilometer 37 oder 38, wo das Rennen etwas “lang” wird. Man ist schon einige Zeit unterwegs, die Tanks werden langsam leer, die Strecke lang. An dieser Stelle muss man beißen, es sind nur fünf Kilometer, die man überstehen muss - der Knackpunkt ist der kurze Stich in Buchberg. Dort hat sich die Race Around Austria-Fanzone breitgemacht - die Stimmung ist gut, die Anfeuerungen helfen dabei, die kurzen 13% zu übertauchen. Und dann geht es - wie schon in den Jahren zuvor - plötzlich schnell! Das Gelände ist kupiert, es rollt kräftig dahin, über kurze Wellen rollt man mit Schwung und gut 50 km/h. Und dann purzeln die Anzeigetafeln mit den verbleibenden Kilometern nur noch so - 4, 3, 2. Eine kleine Prüfung steht noch auf dem Programm, die letzte Rampe zum Hotel Attersee, danach ist es aber wirklich vorbei. Vollgas hinunter nach Seewalchen, wohltemperiert durch die 90-Grad-Kurve, über die Agerbrücke und 300 Meter in Richtung Ziellinie. Im Nachhinein verfliegen die letzten Kilometer geradezu.

Dann ist es auch schon wieder vorbei. Am Wahoo die Fahrt beenden, Luft holen, bevor man es merkt, wird einem der Zeitnehmungschip abgeknipst. Die Wahrscheinlichkeit, dass man auf den ersten Metern aus dem Zielkanal ein bekanntes Gesicht trifft, ist sehr groß - aufmunternde, interessierte oder euphorische Worte inklusive. Auf meinem Radcomputer steht am Ende 1:16:57 und damit mehr, als ich mir erhofft hatte. Die 1:15 zu erreichen, war - ohne großartig darüber nachzudenken oder die Notwendigkeiten dafür genau zu analysieren - doch nicht so einfach, wie ich mir das vielleicht vorgestellt hätte. Andererseits muss ich mir ja für das nächste Jahr noch etwas Verbesserungspotential erhalten.

Zeit für Ärger oder Gram bleibt ohnehin keiner - zu schön ist der Attersee, zu spannend das Eventformat, zu gesellig der Abend im Festzelt. Objektiv betrachtet bewundere ich einerseits jede und jeden, die/der sich auf den Weg um den See macht und sich auf diese Weise misst. Andererseits werden von den schnellen Fahrerinnen und Fahrern gewaltige Leistungen abgeliefert, die Zeiten unter 1:00 werden immer mehr und die Zeiten sind schlichtweg beeindruckend!

So nehme ich mir mein Ziel von 1:15 mit ins Jahr 2020, hoffe auf wiederholtes Kaiserwetter, nette Gesellschaft und ein weiteres großartiges Wochenende am Attersee - King of the Lake werde ich zwar wieder nicht werden, aber genauso viel King oder Queen wie jeder, der sich auf den Weg macht!

Strava

Fotos (wenn nicht selbst aufgenommen oder gekennzeichnet): Sportograf

Foto: Tana Hell

Die Teilnahme am Rennen erfolgte auf Einladung des Veranstalters.

VeloRun 2019

Die Sonne steht schon früh am Himmel aber knackige 10 Grad verheißen ein baldiges Ende des (Spät)-Sommers. Die Teilnehmer*innen des Velorun, die sich am Ortsende von Baden und gleichzeitig am Beginn des Helenentals an der Startlinie versammelt haben, sind jedenfalls auf unterschiedliche Weise gegen die morgendliche Kälte gewappnet – so wie auch im Alltag erkennt man die Kälteresistenz (oder vielerorts nicht vorhandenes, kuschelig wärmendes Körperfett) an der Menge der Lagen, der Dicke der Westen, an Kopfbedeckungen und teilweise sogar Handschuhen. Oder man nimmt – so wie ich – noch möglichst viel Bettwärme mit zur Startlinie, entledigt sich kurz vor dem Startschuss schnell des Gilets und hofft – in kurz-kurz – auf schleunig steigende Temperaturen.

Vor wenigen Jahren hätte ich das mit der Bettwärme noch besser hinbekommen, habe ich damals doch in Baden gewohnt. Ich habe am Rande des Wienerwalds meine Kindheit und Jugend verbracht, bin (später) viele Male mit dem Rennrad in den nahen Wäldern unterwegs gewesen und sehe daher den Velorun trotz mittlerweile Wohnsitz in Wien als Heimrennen an. Die Straßen, die der Velorun befährt sind mir gut bekannt, allerdings durchwegs in einem gemütlicheren Tempo und meistens in anderer Konstellation – die Kombinationsmöglichkeiten sind im Wienerwald schier endlos. Auf der anderen Seite habe ich schon damals versucht, das Helenental und den dort doch recht regen Verkehr möglichst zu meiden. Nur wenige wissen, dass die Bundesstraße ins Helenental ursprünglich als Autobahn A21 konzipiert bzw. im Gespräch war. Die zuerst vier- dann zweispurige Umfahrung von Baden zeugt noch heute von der beginnenden Realisierung dieses Plans. Widerstände im Bereich des Stifts Heiligenkreuz haben das Projekt damals übrigens endgültig zu Fall gebracht. Lange Rede, kurzer Sinn: Auch wenn das Helenental keine Autobahn geworden ist, die Bundesstraße erinnert doch noch manchmal daran, wenn große Mengen Autofahrer, Busse und NÖM-LKWs auf den engen Straßen unterwegs sind und Radfahrer*innen wie leider üblich versuchen müssen, auf den Restflächen zu überleben. Während des Veloruns ist das Helenental bis Mayerling gesperrt! – ein riesiger Pluspunkt für die Veranstaltung, der die ohnehin immer stressigen und unfallträchtigen Kilometer eines Radrennens zumindest vom Faktor Straßenverkehr befreit. Der Veranstalter hat außerdem dazugelernt und auf eine Teilung der Fahrbahn für die darauffolgenden Läufer (mittels Verkehrshütchen) verzichtet.

„Laufen“ ist ein wichtiges Stichwort, wenn es um den Velorun geht, steckt der Begriff doch schon im Namen der Veranstaltung. Es hat auch einiges an Erklärungsarbeit gebraucht, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es sich beim Velorun nicht um einen Duathlon handelt, sondern um einen vielseitigen Strauß an Wettbewerben. Diese zeitlich, räumlich und organisatorisch unter einen Hut zu bringen, gelingt den Veranstaltern seit der ersten Austragung hervorragend. Auch wenn die Berührungspunkte zwischen Radler- und Läufer*innen nicht die größten sein mögen, es versammeln sich am Start unzählige Sportler*innen, denen die Freude an der Bewegung und dem Wettkampf gemein ist, die Veranstaltung genießen und eine gute Zeit verbringen wollen. Im Zeitplan schaut es stressig aus, in der Realität verläuft alles ganz geschmeidig: Um 8:30 starten die Radler*innen des Marathons über 85 Kilometer, um 8:35 die Teilnehmer*innen des gemütlicheren Radausflugs, weitere fünf Minuten später die Läuferinnen und Läufer über 10 Kilometer sowie jene des Halbmarathons. Die Konzentration mehrerer Bewerbe und Sportarten auf engem Raum schafft einen tolle Atmosphäre, die Zuschauer feuern natürlich alle Bewerbe an, ganz zu schweigen von Vorteilen in der Logistik!

Mein Rennen ist trotz Streckenkenntnissen eine Premiere, bin ich doch zum ersten Mal im flotteren Tempo auf der Strecke unterwegs. Den Velorun habe ich zwar in meiner Liste von absolvierten Rennen stehen, allerdings war es die Premierenaustragung auf der damals noch kürzeren Strecke über knapp 40 Kilometer. Im Jahr danach war ich verkühlt und konnte nur als Fotograf und Zaungast dabei sein, im letzten Jahr dann eine Terminkollision mit dem King of the Lake.

Schon vor dem Rennen die schwierige Frage nach der Zielzeit, die Startblöcke sind nach Zielzeiten unter bzw. über 2:30 getrennt. Es fällt mir schwer, eine realistische Zielzeit abzuschätzen, obwohl ich das Terrain ganz gut kenne. Der Fitnesslevel und – gerade am Anfang der Strecke im Helenental – das Fahren im Pulk machen eine Hochrechnung schwierig. Ich entscheide mich für das ambitioniertere Ziel „unter 2:30“, die Aussicht auf eine flotte Gruppe aus dem ersten Block auf den ersten flachen Kilometern bis Klausen-Leopoldsdorf klingt zu verlockend.

Die Nähe zu Wien und die schönen Eckdaten des Rennens sind außerdem ein Garant, dass man in Baden alle möglichen Freunde, Kollegen und (wer solche hat) auch Konkurrenten trifft. Die einen nützen das, um die tolle und familiäre Stimmung zu genießen, andere können sich endlich schwarz auf weiß mit anderen messen. Am Start treffe ich daher wenig überraschend viel bekannte Gesichter – so in einen Radmarathon zu starten, macht mich grundsätzlich froh, ab da kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Na gut, auch die Aussicht auf ein Mittagessen bei meiner Mutter in Baden nach dem Rennen hilft. ;)

Nach dem Startschuss geht es für wenige Kilometer neutralisiert aus Baden hinaus, wie üblich merkt man ohnehin recht wenig von der Neutralisation – Tempo 45 und Hektik gehören halt zu einem Radrennen dazu. Der Urtelstein – ein kurzer Tunnel oder Durchbruch nach der Ortstafel von Baden – markiert den Beginn des Rennens und die Einfahrt ins für den Verkehr gesperrte Helenental. Wo früher Kurgäste ihre Spaziergänge absolvierten, surren nun Fahrradketten und pfeifen Hochprofilfelgen die Schwechat entlang. Unterbrochen bzw. getrübt wird diese Harmonie nur von aufwimmernden Bremsgeräuschen, jedes Mal wenn vorne im Pulk einer ausschert, es knapp hergeht oder – leider – dann doch einmal jemand zu Sturz kommt. Jeder kennt das Lied vom „Kleinen Wegerl im Helenental“, dieses ist dem Liedtext zufolge „für alte Ehepaare viel zu schmal“ – die Straße im Helenental wird offenbar trotz Totalsperre für manche Radler zu schmal. Es ist immer einfach, in solchen Situationen zu schimpfen - man hört dann Dinge wie „es geht doch um nichts“, „reißts euch zam“ und „sowas unnötiges“. Ich verstehe das natürlich und auch ich ärgere mich, wenn ich in riskante Bremsmanöver gezwungen werde oder nur knapp einer brenzligen Situation entgehen kann und wenn jemand so eine Situation bewusst oder grob fahrlässig herbeiführt, dann regt mich das auch gehörig auf. Auf der anderen Seite bemerke ich aber auch, dass derartige Situationen sehr schnell entstehen können und – wie es mir später im Rennen dann noch selbst widerfahren soll – wird man auch schnell einmal zum potentiellen Auslöser. Das soll jetzt weder dramatisieren noch relativieren sondern nur bedeuten, dass ein gegenseitiges Aufpassen eminent wichtig ist, auf allen Seiten, immer!

Es geht flott durch Sattelbach und Mayerling, wo ein besonders geschickt abgestelltes Polizeiauto nicht nur den Gegenverkehr aufhält sondern auch das Feld zur quasi Vollbremsung zwingt. Durch Alland geht es flott, bis Klausen-Leopoldsdorf noch so gut wie flach, auch wenn man bis dahin – eigentlich ohne es zu merken – schon gut 150 Höhenmeter gesammelt hat. Ab Klausen-Leopoldsdorf beginnt es langsam anzusteigen Richtung Forsthof, wobei die Steigung stetig zunimmt, „es schmiert“, wie man so schön sagt – aus 2 Prozent werden 3, dann 5 und kurz vor Forsthof dann noch ein wenig mehr. In solchen Abschnitten ist es ganz praktisch, kurz die Streckenbeschaffenheit mit der derzeitigen Fitness auf Übereinstimmung zu kontrollieren und dann – und das ist der wesentliche Punkt! – zu urteilen, ob man mit einer flotten Gruppe weiterfahren (und sich eventuell schon frühzeitig vernichten) soll oder doch lieber sein eigenes Tempo wählt. Auch wenn die Anstiege des Velorun nicht die längsten und steilsten sind, sie sind da und dort schon etwas gemein und summieren sich über den Verlauf des Rennens zu einem Gesamtpaket, das man nicht unterschätzen sollte.

Hinter Forsthof geht es hinunter nach Brand-Laaben, von dort wieder „schmierend“ bergauf Richtung Klammhöhe. Vor zwei Monaten war ich genau dort mit der Österreich Rundfahrt unterwegs und den Profis ging es – auf einem völlig anderen Niveau natürlich – genauso. Wer mit einer zu schnellen Gruppe unterwegs war und über seine Verhältnisse fuhr, wurde recht rasch entsprechend bestraft. Die Abfahrt von Klammhöhe hinunter Richtung Triestingtal habe ich in bester Erinnerung, eine kurvige, wellige, geschmeiduge Abfahrt, in der man auch schon Mal in einen Flow kommen kann. Unterbrochen wird dieser Glückszustand von einem gemeinen Stich nach Sankt Corona am Schöpfl - nach den wenigen aber gemein steilen Metern bietet sich normalerweise eine kurze Kaffeepause beim Seniorenheim St. Corona an, aber nicht heute. Es geht flott bergab Richtung Altenmarkt, ein paar hundert Meter auf der Bundesstraße entlang der Triesting und dann hinauf zur Wallfahrtskirche Hafnerberg. Bis dahin kann ich in einer kompakten und flotten Gruppe mitfahren, am Anfang des Hafnerbergs fährt plötzlich Rene Haselbacher neben mir, es ist sein Geburtstag! Der Geburtstag ist für einige Momente wichtiger als das Rennen, man muss immerhin Prioritäten setzen! Den Hafnerberg hinauf – mit seiner schönen Kehre in der Mitte des Anstiegs – fahren wir gemeinsam, Leo Hillinger gesellt sich zu uns, kurz fühlt es sich eher nach einem Coffee Ride an. Aber die beiden sind Vollprofis, beide legen den Turbo ein und wir fliegen geradezu Richtung Neuhaus. Man kann von Leo Hillinger denken was man will, mit seiner ihm eigenen Art mag er da oder dort polarisieren. Was allerdings außer Frage steht, ist, dass dieser Mann am Rad eine Maschine ist! Mit 55 km/h fährt Leo vor mir in der Ebene bzw. leicht bergauf einen dicken Gang, ich kann mit Müh’ und Not im Windschatten mitfahren, die vorhin „vertrödelten“ Minuten holen wir auf diese Weise aber schnell wieder auf.

Der letzte Anstieg ist meiner Meinung nach der gemeinste. Von Neuhaus nach Schwarzensee geht es auf gut einem Kilometer mit 10 Prozent bergan, nach 60 Kilometern spürt man jedes Prozent doppelt. Oben angekommen heißt es noch, einige verwinkelte Kurven in der Abfahrt zu meistern und danach flach durchs Helenental wieder Richtung Baden zu radeln. Als wir zu einer der gefinkelten Kurven kommen, liegen dort bereits mehrere Fahrer am Boden, es ist in der Sekunde nicht ganz klar, ob das gerade erst passiert, jemand verletzt und gegebenenfalls die Rettungskette schon in Gang gesetzt worden ist. Wir bremsen ab, auf den ersten Blick schaut es danach aus, als wären die Gestürzten zumindest nicht schwerer verletzt und – am wichtigsten – es stehen schon Helfer an der Seite. Im Nachgang und auf Strava findet man später Gerüchte über ein gebrochenes Schlüsselbein. Leo Hillinger dürfte kurz stehengeblieben sein, offenbar hat er während dieser Momente aber genug Kraft getankt, um nun im Alleingang unsere Gruppe wieder nach Baden zurückzuziehen. Der Schnitt ist wieder hoch, das Rollen etwas weiter hinten in der Gruppe vergleichsweise entspannt. Noch einmal durch den Urtelstein – diesmal von der anderen Seite – und nach 85 Kilometern und 1.100 Höhenmetern geht es über die Ziellinie des Velorun 2019.

Mit meiner Zeit von 2:31 bin ich zufrieden, auch wenn ich den angestrebten 169. Platz (so wie bei jedem Rennen übrigens) nicht erreichen konnte. Im Ziel trifft man sich ohnehin wieder - alle die vor einem gestartet sind, alle die man auf der Strecke getroffen hat und all jene, die etwas später über die Linie rollen. Gut versorgt mit Speis und Trank und bei mittlerweile sommerlichen Temperaturen kann man gemeinsam über das Erlebte sinnieren, Manöverkritiken besprechen und Pläne für die kommenden Monate oder die nächste Velorun-Austragung schmieden.

Die Organisation des Velorun verdient in meinen Augen volles Lob, die Absicherung der Strecke gelingt sehr gut, das Konzept der unterschiedlichen Bewerbe geht auf und „stört“ die einzelnen Disziplinen in keinster Weise. Alles Gute zum Geburtstag, Rene! Alles Gute zur gelungenen Durchführung des Velorun 2019 an das Organisationsteam! Ich freue mich auf die kommenden Austragungen – nächstes Jahr dann unter 2:30 ;)

Strava: https://www.strava.com/activities/2710089514

Alle Fotos: Sportshot.de

Fotos // VICC Race Day #5

Race Around Austria 2019

Es war die 11. Ausgabe des Race Around Austria und meine dritte. Nachdem ich 2017 und 2018 - mit meinen Kameras ausgestattet – durch die Lande gerast bin, mit der Livetracking-Seite auf dem Telefon geöffnet, immer Ausschau haltend nach den Fahrerinnen und Fahrern, idealerweise auch noch an einer fototechnisch günstigen Stelle, hätte 2019 mein erstes Mal im Sattel werden sollen. Schon bei meinem Erstkontakt mit dem RAA bin ich dem Reiz des „Weitradlfoarns“ (wie Christoph Strasser es so schön nennt) erlegen und wollte seitdem immer selber in die Pedale treten. Die Strapazen, Anstrengungen und Entbehrungen, die man auch als Fotograf beim RAA mitbekommt und an vielen Gesichtern leicht ablesen kann vermengen sich zu einem Amalgam, das wohl nur leibhaftig „erfahren“ werden kann, so wie auch der Jubel und die Freudenmomente jener, die mitten durch das Attergauer Marktfest nach langer Fahrt wieder zurück zur Start- und Zielbühne rollen. Die Leistungen der Finisher*innen kann man bewundern, man kann sich mit ihnen freuen – was es aber wirklich bedeutet, nach 560, 1.500 oder gar 2.200 Kilometern wieder am Startort anzukommen, bleibt nur jenen vorbehalten, die sich tatsächlich auf die Reise machen.

Genau das wollte ich machen, erfahren und spüren. Allerdings war meine Vorbereitung, die ich in klassischer 169k-Manier etwas zu sehr auf die leichte Schulter genommen hatte, von Beginn an zu wenig ambitioniert, meine Konsequenz nicht ausgeprägt genug, die zeitlichen Ressourcen nicht ausreichend. Beim Super Giro Dolomiti im Juni dann der Weckruf, dass mit der bisherigen „Vorbereitung“ wohl kein Rennen zu gewinnen sein wird – der Rücken tat nach wenigen Stunden weh, die Beine waren schwer. Ohne Gram musste ich anerkennen, dass im Vorfeld für eine Herausforderung wie die Race Around Austria Challenge mehr Anstrengung und Training stehen muss, als ich mir bis dahin vorgestellt hatte. Zusätzlich fiel mir noch ein Satz aus Christoph Strassers Buch ein, der sinngemäß aussagt, dass viele Leute ihre (vermeintliche) mentale Stärke als Ausrede verwenden, um über körperliche Defizite (zu wenig Training, zu wenig KM, …) hinwegzutäuschen. Ein Umstand, mit dem man sich im Endeffekt keinen Gefallen tut. Während der Österreich Rundfahrt im Juli konnte ich Christoph noch einmal persönlich zu diesem Satz befragen und sein kurzes Nicken hat bei mir innerlich einen kleinen Schalter umgelegt, mit dem ich meine Pläne für die Challenge 2019 mehr oder weniger ad acta gelegt habe. Diese kleine „Bestätigung“ von außen habe ich offenbar gebraucht, um Sicherheit über meine bereits länger gewälzten Gedanken zu gewinnen. (Nicht falsch verstehen! Christoph hat mir das RAA nicht ausgeredet und ich habe auch keinen externen „Schuldigen“ gesucht oder gebraucht, aber mit jemandem darüber zu reden, war jedenfalls sehr hilfreich.) Und so packe ich Anfang August meine Koffer und Taschen und fahre statt auf Trainingsrunden lieber noch mit der Familie auf Urlaub, statt Ausdauernahrung ist Reiseproviant im Gepäck, die Tasche mit den Rad-Ersatzteilen weicht dem Fotorucksack – und das ist gut so. Es ist die Rolle, die ich bereits seit zwei Jahren kenne, in der ich mich wohlfühle und die mir beim Race Around Austria bis jetzt schon immer tolle Momente gebracht hat - #wecreateemotion eben.

12. August und die ersten Starterinnen und Starter rollen von der Rampe im Zentrum von Sankt Georgen. An den Eckdaten des Rennens hat sich nichts Grundlegendes geändert: Die Race Around Austria Challenge führt über eine Distanz von 560 Kilometern einmal rund um Oberösterreich und stellt so etwas wie den Einstieg ins Ultracycling dar, benötigt man für diese Strecke doch ungefähr 24 Stunden. Die beiden größeren Runden spannen hingegen den Bogen weiter – auf 2.200 Kilometern umrundet man Österreich in seiner vollen Pracht, auf der etwas kürzeren 1.500 Kilometer-Runde „erspart“ man sich den (angeblich etwas bergigen) Westteil der Strecke über Gerlos, Kühtai, Silvretta, Hochtannberg und Fernpass. An den Startzeiten und –blöcken hat das OK-Team des Rennens etwas geschraubt, sodass alle Teilnehmer möglichst rund um das Marktfest in Sankt Georgen von Samstag auf Sonntag ankommen. Es ist dieses Marktfest, das neben einigen anderen Aspekten, die Einzigartigkeit dieses Rennens ausmacht und stellvertretend für die tolle Stimmung steht, die den Fahrerinnen und Fahrer dabei hilft, die scheinbar unglaubliche Zahl an Kilometern abzuspulen. Während beim größten und wichtigsten Ultracycling-Rennen der Welt, dem Race Across America – außer den eigenen Betreuern und ein paar wahrlich eingefleischten Fans so gut wie niemand bei Start und Ziel vorzufinden ist, tragen die ganze Gemeinde Sankt Georgen, das Umland, das Bundesland und auch einige Stationen entlang der weiten Strecke rund um Österreich das Rennen voll und ganz mit, unterstützen die Organisation und helfen auf diese Weise mit, das Rennen für alle Beteiligten zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Man merkt meine Liebe zu diesem Rennen, und dabei bin ich es noch nicht einmal gefahren… ;)

An dieser Stelle möchte ich auch schon aufhören zu schwadronieren und lieber die Bilder der diesjährigen Austragung des Race Around Austria sprechen lassen!

Am Start

Unterwegs auf der Strecke

Im Ziel

Wachauer Radtage – Wiesbauer Vintage Tour

„Vintage Steel“

Es gibt diese eine spezielle mathematische Formel, die mich nun seit Jahren begleitet „n+1“, ab und zu gleichbedeutend mit der Belastung des Bankkontos und unweigerlich auch irgendwann mit dem Platz daheim. Erst kürzlich hat Martin im Blog über dieses Phänomen berichtet und die Qual der Wahl das passende Rad zum richtigen Untergrund zu finden. Zusätzlich stellt sich dann natürlich auch die Frage nach dem Rahmenmaterial. Hier hat sich zwar heutzutage mehrheitlich Carbon durchgesetzt, doch traditionell sticht natürlich Stahl hervor. Und so war selbstverständlich auch mein Wunsch seit einiger Zeit nach Aluminium am Gravel/Crosser und Carbon am Rennrad – gut seit dem Frühjahr auch Titan am künftigen Brevet Renner – noch ein Stahlrennrad mein Eigen zu nennen. Willhaben Suchagent war schon länger aktiv, aber so richtig war das „leistbare“ Wunschmodell noch nicht dabei. 

Aber bevor ich noch weiter abschweife, n+1 wurde als Argument letztlich 2x genutzt und nach einem Francesco Moser aus 1978 im renovierungsbedürftigen Zustand, folgte im Juni aus 1. Besitz ebenfalls eine italienische Schönheit aus dem Hause Moser: ein Aero Cromovelato Modell mit dem markanten aufgebrannten Rauchlack aus dem Jahre 1981, stolze 5 Jahre älter als der glückliche neue Besitzer . Der Erhaltungszustand wunderbar und der Vorbau trägt (noch) den eingravierten Namen des Erstbesitzers, quasi ein Rad mit Stammbaum und Charakter. Warum aber Aero? Die Columbus Rohre sind nicht typisch rund sondern leicht oval, sowie die Schalthebel am Unterrohr und nicht seitlich montiert. Ebenso erlauben es die Campagnolo Bremshebeln, die Züge bereits innenliegend und nicht freiliegend zu führen – eher untypisch die Optik ohne die abstehenden Bowdenzüge, aber ein schönes besonderes Detail und ein weiteres kleines Alleinstellungsmerkmal. Geschalten wird über die Campagnolo Super Record Schalthebel – ausgefräst als Gewichtsersparnis versteht sich - am Unterrohr und Werfer, welche vorne eine Kurbel mit 53/42 Zähnen und hinten 6 Gänge zwischen 13/23 ansteuert. Und damit dieses wunderschöne Rad wieder auf die Straße findet, gibt es mittlerweile zahlreiche Veranstaltungen, welche diese traditionellen Rennräder hochleben lassen und diesen schönen Schätzen aus vergangenen Tagen wieder eine Bühne bieten. Somit rein ins Wolltrikot, Sturzriemen auf und los geht’s! 

Die Vorfreude auf die Wachauer Radtage und die Austragung der Wiesbauer Vintage Tour war sehr groß. Die Ausfahrt am Samstag den 13. Juli richtete sich an alle Rennrad Klassiker Fans, knapp über 100 Starter sind dem Ruf erlegen und versammelten sich kurz vor 13:30 in der Römerhalle in Mautern. Die Wetteraussichten waren bis vor dem Start nicht wirklich ermutigend und haben wohl in den Tagen davor den ein oder anderen Starter abgeschreckt. Letztlich ist die Befürchtung des sich abzeichnenden Dauerregens ausgeblieben und wir konnten trocken starten. Die Strecke führte danach über eine neutralisierte Phase von Mautern nach Krems, um die schönen Schätze auch einem größeren Publikum vorzuführen und die Pflastersteine in der Altstadt zu erproben. Danach ging es wieder zurück über die Donaubrücke und mich beschäftigte zu diesem Zeitpunkt schon die Sitzposition und speziell der Sattel. Mit kurzem Blick zu meinem Schwiegervater nur mein knapper Kommentar: „Längere Zeit auf dem Sattel und es schaut schlecht aus mit einem 2. Enkelkind für dich.“ Hintern zusammenzwicken und weiter ging es bereits im flotteren Tempo und durch die Weinbauregion Richtung Kontrollstelle 1. Auch ohne Zeitnehmung - die Vintage Tour ist kein Rennen, sondern eine Gemeinschaftsausfahrt - gab es gleich eine Tempoverschärfung. Entweder aufgrund der unvorteilhaften Wettervorhersage, die Lust auf die ersten erfrischenden Getränke beim Kontrollpunkt oder vielleicht durch den Einsatz von Klickpedalen, die vereinzelt durch die technische Abnahme gerutscht sind. 

Spätestens mit dem Anstieg zum Wetterkreuz war dann klar, dass mit Aerorad und Heldenübersetzung einiges an Kraft aufzubringen ist und einzig der Wiegetritt den Vorteil brachte, dass das Sattelproblem kurz vergessen war.  

Nach dem 1. Kontrollpunkt und kurzer flüssiger Stärkung ging es durch die Weinberge und über gemischten Untergrund weiter. Besser als in der offiziellen Streckenbeschreibung, welche durch die österreichische Radsport Legende Bernhard Rassinger zusammengestellt wurde, könnte ich es selbst nicht zusammenfassten: „Über unberührte Güterwege und idyllische Schotterpassagen geht es zur gemeinsamen Rast nach Maria Ellend.“

Bei der Ankunft an Kontrollstelle 2 und vor der Stärkung war noch Zeit für ein Erinnerungsfoto mit dem 2-maligen Weltmeister Gianni Bugno. Kulinarisch gut versorgt mit Backhenderl und Schweinsbraten tritt es sich nun „erschwert“ durch den restlichen Teil der Strecke, mit besonders schöner Landschaft durch den Skulpturenweg in Paudorf und vorbei am Stift Göttweig. Ab und zu der Blick in Richtung Himmel gerichtet, die von Westen aufziehenden Wolken bedrohlich dunkel. So war der Stopp bei Kontrollstelle 3 nur ein kurzer und die Abfahrt bei leicht beginnendem Nieselregen vom Dunkelsteiner Wald über die L7110 Richtung Donau eine flottere. Die 80er Jahre Felgenbremsen jedoch gut dosierbar und die Abzweigung an der Donau Richtung Mautern schnell erreicht, so dass wir dem Regen davonfahren konnten und der Wolkenbruch erst folgte, als die köstlichen Marillenknödel im Zielbereich bereits verspeist waren.

Neben tollen Erinnerungen, Gesprächen, Fachsimpeln, Fotos und dem guten Essen bleibt das Startergeschenk in Form einer Vintage Tour Retro Radkappe und die Vorfreude auf die neuerliche Austragung im nächsten Jahr. Der 18. Juli 2020 ist im Kalender bereits markiert - dann vielleicht mit meinem restaurierten Stahlrenner aus 1978.

An dieser Stelle noch einen herzlichen Dank an die Veranstalter, 169k.net für den zur Verfügung gestellten Startplatz und Radsport Strobl für die Vor- und Nachbereitung an meinem Stahlrenner!

Tour de Franz

Im Schlepptau von René Haselbacher und seiner Marke RH77 finde ich mich plötzlich in Villach wieder. Die Tour de Franz steht auf dem Programm - eine Institution, die 2019 bereits in ihre 13. Auflage geht. Dass ich davon bis dato nicht allzu viel mitbekommen habe, liegt vielleicht daran, dass ich derartige Veranstaltungen sonst eher aus dem Fernsehen (um 19:57 auf ORF 2?) kenne. Wobei es dem Event allerdings sehr unrecht tun würde, das Ganze als „Seitenblicke“-Veranstaltung abzutun. Unglücklicherweise sind ja fast alle Initiativen, die sich mit dem Beiwort „Charity“ schmücken, schnell einmal in eine Ecke gestellt, stigmatisiert und teilweise nicht mehr ernstgenommen. Doch stellen wir das einmal richtig! (Außerdem geht es ja auch ums Radeln!)

7. August, 9:00, Atrio Villach. In der Lobby des Einkaufszentrums im Süden Villachs versammeln sich über 100 Radlerinnen und Radler. Auf den Stangen, die für das Abstellen der Räder vorbereitet sind, hängen S-Works, neben feinen Simplons, BMCs und ein paar spannenden Exoten. Dieser Rad-Showroom gepaart mit den rasierten und durchwegs sehr fit aussehenden Waden, die mich umgeben, lassen erste Befürchtungen an der Aufgabe hochkommen, die da heute vor uns steht. Irgendwo hat es geheißen „100 Kilometer und 1.000 Höhenmeter nehmen wir heute unter die Räder“. Lässt man die Blicke von den Waden etwas weiter nach oben schweifen, erspäht man das einheitliche Trikot von RH77, das jedes Jahr für die Tour de Franz neu designt und aufgelegt wird und im Startpaket enthalten ist.

150 Euro sind für die Teilnahme an der Ausfahrt zu berappen, klingt auf den ersten Blick nach viel, ist es auch. Angesichts des Trikot-Sets, der Verpflegung, den Goodie-Bags (Mehrzahl!) und dem illustren Mitfahrendenkreis relativiert sich der Betrag wieder etwas. Die meisten legen außerdem ohnehin noch etwas drauf - Stichwort Charity! Der Grund, warum sich - neben der gemeinsamen Liebe zum Radfahren - die Menschen hier versammeln, ist, gemeinsam zu helfen. Ski-Legende Franz Klammer höchstpersönlich ist Schirmherr der Veranstaltung und wählt gemeinsam mit den Organisatoren der Ausfahrt jedes Jahr Projekte aus, für die das gesammelte Geld gespendet wird. Zumeist sind das Familien bzw. Kinder aus Kärnten, die aufgrund persönlicher Umstände, Krankheiten oder Schicksalsschlägen, den einen oder anderen Euro im Haushaltsbudget ganz gut brauchen können.

So entdeckt man im Atrio in Villach - an der Startlinie quasi - einige bekannte Gesichter oder hört die eine oder andere prägnante Stimme aus dem Menschenbündel heraus. Franz Klammer begrüßt „seine“ Gäste, Armin Assinger erklärt mit Mikrofon in der Hand den Ablauf des Tages, Otto Retzer (Schauspieler und Regisseur) „führt Schmäh“, so wie man es von ihm erwarten würde. Außerdem gut vertreten die Welt des Wintersports - Matthias Mayer, Felix Gottwald, Peter Rungaldier, darüberhinaus noch Firmenverteter der Sponsoren (aus Rad- und sonstiger Welt) und - damit im Notfall auch jemand Windschatten geben kann – die beiden Rad-Profis Marco Haller und Gregor Mühlberger. Kurzweil und interessante Gespräche sind da garantiert.

Dass es auch um den gesellschaftlichen Teil gehen soll, merkt man am anfangs angeschlagenen Tempo. Hinaus aus Villach Richtung Arnoldstein geht es mit einem gemütlichen 21er-Schnitt, in einer Gruppe von über 100 Leuten muss hier nur noch sporadisch mitgetreten werden. Aber keine Sorge, am Ende war es ein 25er-Schnitt und auf den Schlussanstieg kommen wir ohnehin noch zu Sprechen. Aus Villach hinaus rollt also die große Gruppe erstmal gemütlich entlang der Gail durch Oberschütt, einen Schleichweg entlang der Autobahn Richtung Arnoldstein, am Rande der Karawanken durch Fürnitz und Finkenstein nach Faak am See. Nach einer Umrundnung des Faaker Sees finden wir uns auf der Strecke der Rad-WM 1987 wieder – wenn auch nur auf Teilen und gegen die damals gefahrene Richtung. Damals gewann Stephen Roche im strömenden Regen den Titel auf dieser knapp zwölf Kilometer langen Schleife zwischen Faaker See und Maria Gail.

Wir gehen es gemütlicher an als Roche und seine damaligen Konkurrenten Sean Kelly, Didi Thurau oder Jeannie Longo, die das Damenrennen für sich entscheiden konnte. Knapp 50 Kilometer sind abgespult, Zeit für eine Labe. Das Tempo ist in der Zwischenzeit flotter geworden, durch das Plaudern auf dem Rad wird das Fahren extrem kurzweilig, die Kilometer verfliegen, die Anstrengung tritt in den Hintergrund. So stellt man sich eine Gruppenausfahrt vor, ein Social Ride im eigentlichen Sinne. Nach ausgedehnter Pause mit Speis und Trank geht es zurück in den Sattel, wieder hinaus aus dem Großraum Villach – leider kann ich meine Kamera nicht schnell genug zücken, um eines der Highlights des (meines) Tages, nämlich das Ortsschild von „Tschinowitsch-Turdanitsch“ zu fotografieren.

Wieder auf der WM-Strecke von 1987 geht es über Kleinsattel Richtung Osten bevor die Gruppe nach Nord-Osten schwenkt und über die („stillgelegte“) Drauschleife, vorbei an der eindrucksvollen Burg Landskron und dem Ufer des Ossiachers Sees Richtung Drautal fährt. Das Best-Of der Region rund um Villach ist damit vollständig abgegrast, viel mehr kann man dort in einer einzelnen Runde nicht unterbringen. Als Abschluss hat man sich für dieses Jahr etwas Besonderes ausgedacht: Das Ende der Ausfahrt ist eine Bergankunft am Geburtsort Franz Klammers, in Mooswald. Dass bis dorthin noch 600 Höhenmeter auf knapp sechs Kilometer zurückzulegen sind, haben alle Teilnehmer*innen im Hinterkopf, seit der erste Pedaltritt diese Ausfahrt gestartet hat… Doch der Eindruck vom Morgen dieses Tages hat nicht getäuscht, die Mitfahrer*innen sind tatsächlich fit und so wälzt sich ein auseinandergezogenes, buntes Fahrerfeld über 17% steile Rampen hinauf, durch enge Kehren, über saftige Wiesen und hinauf zum Zielbogen vor Franz Klammers Geburtshaus, wo neben der rettenden Schlusslabe auch eine Blasmusikkapelle die Teilnehmer*innen in Empfang nimmt.

Am Ende des (sportlichen) Tages zeigt der Wahoo 118 Kilometer und 1.355 Höhenmeter an – ein solide Tour, die dank der großen Gruppe weitaus weniger anstrengend war, als wenn man diese Runde alleine in Angriff nehmen würde. Der Schnitt von 24 km/h belegt, dass viel geplaudert und getratscht wurde – übers Radfahren, Essen & Trinken, Kärnten, noch mehr Radfahren, den Profi-Zirkus, Sportlerkarrieren, Räder, Komponenten und Gott und die Welt. Das Ende des karitativen Teils des Tages konnte ich aus Termingründen leider nicht mehr miterleben und lässt mir daher kein abschließendes Urteil über die anfangs erwähnte Charity-Welt zu. Fakt ist jedoch, dass im Zuge dieser entspannten und unterhaltsamen Ausfahrt knapp 40.000 Euro an Spendengeldern traditionell auf einen überdimensional großen Papierscheck geschrieben wurden! Ich denke, es gibt jedenfalls unerfreulichere Wege, Spenden zu sammeln als während einer Radausfahrt! In diesem Sinne, bis zum nächsten Jahr.

Fotos (sofern nicht selbstgemacht): Tour de Franz / Markus Vollmeier
Strava

Wachauer Radtage 2019

Traditionen wollen hochgehalten werden! Zum Beispiel die Tradition, dass ich bei der Österreich Rundfahrt mit der Kamera dabei sein kann, dass man Mitte Juli bei den Wachauer Radtagen am Start steht oder auch dass man sein Leistungslevel über- und die Strecke unterschätzt… Nach einer guten mittleren Distanz 2018 – in der Nomenklatur der Radtage nennt sich das „Raiffeisen Power Radmarathon“ – fiel die Wahl 2019 auf die lange Distanz, den „Krone Champions Radmarathon“. Ehrlicherweise hab ich mich im Vorfeld nicht wirklich mit der Strecke und den dahinterliegenden Daten befasst - 150 irgendwas Kilometer und die üblichen Höhenmeter. Ich habe mir angewöhnt, im Hinterkopf immer den Faktor 10 auf die Kilometerzahl draufzulegen, um auf die Höhenmeter zu kommen – solange dieses Verhältnis halbwegs eingehalten wird, ist es schaffbar. Auf den Jauerling war ich bis zu dem Zeitpunkt auch noch nicht unterwegs, aber ein höchster Punkt von knapp 800 Meter über Null wird wohl kein allzu großes Hindernis darstellen, oder?

Die Woche vor den Wachauer Radtagen ist für mich die Woche der Österreich Rundfahrt. In diesem Jahr war ich dort mit Kamera und Telefon bewaffnet unterwegs, um Schnappschüsse zu machen und die Social Media-Kanäle der Rundfahrt zu befüllen. Die zweite Etappe von Zwettl nach Wiener Neustadt führte übrigens durch die Wachau, den Seiberer hinunter, die Donau entlang über die Brücke bei Mautern und dann weiter Richtung Stift Göttweig. Während dieser Etappe war ich im Auto vom Team Hrinkow unterwegs und gemeinsam stellten wir fest, dass speziell die Abfahrt vom Seiberer ein Traum ist, dass man sich das wohl außerhalb der Tour mal in Ruhe anschauen sollte. Dass ich hier ein paar Tage später rauffahren muss, war mir zu dem Zeitpunkt nicht klar - Vorbereitung 1A… Die Ö-Tour endet am Freitag auf dem Kitzbüheler Horn, ich verbringe noch eine Nacht bei der Familie in Lienz und bin Samstag spätabends wieder in Wien. Essen herrichten, Gewand herrichten, Rad checken, sporadisch die Beine rasieren – ich möchte zumindest stilvoll langsam fahren ;)

Los gehts!

Sonntag, 7:30 in Mautern und alle sind da. Schon auf den ersten Metern freut man sich, bekannte Gesichter zu treffen. Meine Nachbarn sind da, Vereinskollegen vom PBIKE.AT Racing Team, viele VICC-Trikots. Max Kuen vom Team Vorarlberg Santic, der leider krankheitsbedingt kurzfristig die Teilnahme an der Österreich Rundfahrt hatte absagen müssen, fährt wieder mit seiner Freundin - außerdem einige Gesichter, die mit mir die letzte Woche bei der Ö-Tour verbracht haben, allen voran Martin Böckle, der mit Alpentour-TV mittlerweile dafür sorgt, dass fast jeder Marathon seine (Live-)Übertragung und damit entsprechende Präsenz bekommt. Die Startunterlagen sind schnell geholt, Nummern montiert und Trinkflaschen gefüllt. Ich bin früher dran als in den Vorjahren, erkennbar daran, dass ich diesmal einen Platz innerhalb des Startblocks finde und nicht außerhalb auf den Planken, die hinauf zur Straße führen. Der Blick nach vorne zeigt auch, dass das Starterfeld auf der langen Distanz vergleichsweise kompakt ist – die meisten Starter sind auf den beiden kürzeren Distanzen zu finden. Die Laune ist gut, die Stimmung fast familiär, man kennt sich mittlerweile untereinander doch schon recht gut – so macht das Ganze gleich noch mehr Spaß. Und letztendlich spielt auch das Wetter mit, die vorhergesagten Regenschauer sind erst für den späteren Nachmittag angesagt.

Am Start noch ein Lächeln übrig … ;)

Bei Sonnenschein fällt also um 9:00 der Startschuss, die beiden längeren Strecken starten gemeinsam - vorne weg der Champions Marathon über 159 Kilometer, gleich dahinter der Power Marathon über 92 Kilometer. Von der angekündigten Neutralisierung auf den ersten Kilometern ist weiter hinten im Feld nicht viel zu spüren. Ehrlicherweise ist es bei Radmarathons mit vielen Starten aber auch immer ein Balanceakt – „zu schnell“ macht die Neutralisation obsolet, „zu langsam“ erzeugt Staus und brenzlige Situationen weiter hinten. Die ersten elf Kilometer führt die Strecke entlang des nördlichen Donauufers Richtung Weißenkirchen, erst an dieser Stelle erfolgt die Feld-Teilung zwischen langer und mittlerer Strecke. Die Straße ist zwar in unserer Fahrtrichtung für den Verkehr gesperrt, vereinzelt tauchen aber auf der Gegenfahrbahn Autos auf. Diese weichen zwar – höflich bis leicht verängstigt – der Radlermeute an den Straßenrand aus, aufgrund der Masse an Radlern wird es allerdings trotzdem stellenweise recht eng. Die Spitze der mittleren Distanz möchte zur Spitze der langen Distanz, die zuvor gestartet ist, nach vor wollen sowieso alle, es vermischen sich schnellere mit langsameren Fahrer*innen, das wird dann mitunter schon recht viel auf einmal. Im Grunde ist es ähnlich wie bei allen Startphasen von Marathons, bei denen die Starter*innenzahlen in die höheren Hunderterbereiche gehen. Übermotivierte wird man immer finden, weniger talentierte womöglich auch, oft ist es aber einfach Pech, wenn etwas passiert. Die Kalamitäten in der Wachau halten sich absolut in Grenzen, es sind eher abrupte Bremsmanöver der Gruppe, die den Puls in die Höhe schnellen lassen. Auf Nachfrage erfährt man vom Veranstalter, dass eine Genehmigung des Rennens nur unter der Voraussetzung erfolgen kann, dass die betreffende Bundesstraße 3 für den Verkehr offen bleibt. Dass praktisch eh kein einziges Auto ungehindert durch- oder vorbeifahren kann, macht diese Behördenvorgabe zu einem Feigenblatt, erhöht aber massiv mein Verständnis gegenüber dem Veranstalter, der hier schlicht und ergreifend nicht aus kann.

Ins Waldviertel

In Weißenkirchen ist das alles kein Thema mehr, die lange Strecke biegt nach Norden ab, lässt die Donau hinter sich, taucht in malerische Weinberge ein und Fahrer nach Fahrer beginnt den Anstieg auf den Seiberer. Schlagartig geht es gemütlicher zu, das Tempo ist unten, der verfügbare Platz um Potenzen gesteigert. Die Sonne brennt vom Himmel und der Schweiß tropft auf Oberrohr und Asphalt – schon nach wenigen Kilometern habe ich ein Deja-Vu meines mäßig erfolgreichen Anstiegs zum Plöckenpass im Rahmen des Super Giro Dolomiti. Ganz so schlimm ist es glücklicherweise nicht, aber bei einer Steigung von 7% auf einer Länge von fünf Kilometern kann man schon einen ersten zarten Eindruck davon bekommen, wie der weitere Tag verlaufen könnte. Meine Oberschenkel gehen auf, ich spüre die vergangene Woche im Auto und ohne Bewegung, die Erkenntnis, dass dies wohl ein längerer Tag werden wird, setzt sich nach und nach in meinem Kopf fest. Da ich sowieso nicht auf irgendein Ergebnis fahre, stellt diese Erkenntnis kein Problem dar, ich lasse meine PBIKE-Kollegen ziehen und trete vor mich hin Richtung Waldviertel.

Es folgt ein knapp 50 Kilometer langes Auf und Ab durch das Waldviertel, es ist selten flach, die Anstiege sind tendenziell immer etwas zu steil, um halbwegs souverän „drüberdrücken“ zu können. Gefühlt kommt nach jedem Anstieg eine viel zu kurze Abfahrt bevor es gleich wieder in den nächsten Hügel hineingeht. Bergauf, bergauf, bergauf! Das Feld ist recht zerfetzt, es finden sich immer wieder Gruppen aus maximal 3-6 Fahrer*innen, die ein Stück des Weges gemeinsam bestreiten. Hier sollte man – neben guten Oberschenkeln – auch im Kopf halbwegs fit sein. Bzw. wie in meinem Fall, wenn man in den Oberschenkeln nicht fit ist, kann man sich mit einem fitten Kopf noch mit etwas Würde über die Anstiege retten. Es ist jener Teil der Strecke, den ich mir im Vorfeld überhaupt nicht angeschaut und daher am meisten unterschätzt habe und nun dafür entsprechend büßen muss. Es kommt etwas Wind dazu, Wolken haben sich mittlerweile vor die Sonne geschoben, dafür sind die Temperaturen angenehm frisch.

Kilometer 80 markiert die Hälfte der Strecke, das Ende des hügeligen Waldviertels, den Fuße des Jauerling und – glücklicherweise – auch jene Stelle an der Nachbar Gerald mit frischem Proviant auf seine Freundin und Vereinskollegin Patrizia wartet und dankenswerterweise auch für mich ein Musette mit frischen Flaschen und Gels bereithält. Ich nütze diese Gelegenheit für eine kurze Pause, einen Plausch über das bisher Erlebte, und dafür, den recht zwickenden Rücken etwas durchzustrecken. Die Hälfte eines Rennens oder einer Strecke ist für mich grundsätzlich immer etwas Besonderes, fährt man ab diesem Zeitpunkt ja „nur noch zurück“ oder „ab jetzt nach Hause“.

“J-aua!-ling”

Es geht also auf den Jauerling, jene Unbekannte für mich, von der ich zwar schon viel gehört habe, selbst aber noch nie einen Tritt des Anstiegs gefahren bin. Die Zahlen verheißen nichts Gutes, auf dem Display meines Wahoo baut sich im Höhenprofil eine Wand auf, die so schnell wohl nicht mehr enden wird. Später lese ich auf Strava 9% auf sieben Kilometern Strecke, die ersten vier Kilometer haben überhaupt eine Steigung von durchschnittlich zehn Prozent. Ab in den ersten Gang und hinaufkurbeln, aber nach dem Auf und Ab des Waldviertels und den doch schon 80 Kilometern in den Beinen, fällt auch das nicht mehr so einfach. In solchen Fällen schalte ich in meinen Not-Modus, blende fast alles rund um mich aus, konzentriere mich auf jeden einzelnen Tritt, leide innerlich, was gleichbedeutend ist mit „man muss da jetzt durchkämpfen, um diesen Anstieg oder Berg zu bezwingen“ – diesen Kampf, den ich mir da einrede, gewinne ich meistens, das Konzept geht also auf! ;) Ich treffe auf bekannte Gesichter – Patrizia zieht an mir vorbei (sie wird am Ende des Rennens den 8. Platz der Damen belegen!), Jean und Vejko rollen von hinten auf mich auf, mit vertrauten Gesichtern und Stimmen ist es auch gleich wieder etwas anderes. Der Jauerling ist ein harter Gegner – da wo der Anstieg vermeintlich zu Ende ist, durchfährt man eine kleine Ansiedelung, die gleich in den nächsten Anstieg mündet, fährt um eine Kurve, die wieder eine weitere Rampe verborgen hat. Und auch dort, wo der Berg tatsächlich einmal ein Ende genommen hat, ist die Freude der Abfahrt nur kurz – der Anstieg nach Nonnersdorf zieht auf 140 Höhenmetern noch einmal heraus, was in den Oberschenkeln eventuell noch vorhanden war.

Nach der Labe bei Kilometer 100 bin ich plötzlich alleine. Es geht endlich leicht bergab Richtung „Am Schuss“, einem Ortsnamen, der sich bei mir schon in den letzten Jahren der Wachauer Radtage eingeprägt hat. Die Strecke ist hier bis zur Donau hinunter identisch mit den Vorjahren, endlich etwas kalkulierbares auf dieser Strecke! Ich rolle mit knapp 35 Km/h Richtung Donau, schaue mich immer wieder nach Fahrer*innen um, die von hinten auf mich auffahren könnten – alleine möchte ich dieses Rennen nicht zu Ende fahren. Kurz vor Schloss Leiben sind wir dann zu fünft – mit dabei Alejo im VICC-Trikot, wie schon zuvor hilft es mir, auf bekannte Gesichter zu treffen. In der Gruppe geht es gleich einfacher und entsprechend flott nach Emmersdorf zur Donaubrücke. 40 Kilometer sind noch ausständig, zwei Anstiege kommen noch – nicht vergleichbar mit dem Jauerling aber in meinem aktuellen Zustand und mit doch recht schweren Beinen werden auch diese noch zur Herausforderung. Dementsprechend lasse ich mein Gruppe ziehen, sobald die Straße auch nur geringfügig ansteigt – hier jetzt mitzufahren, wäre keine gute Idee. Der Hügel bei Mauer bei Melk bzw. Umbach ist schnell bewältigt, es folgt noch eine Abfahrt Richtung Aggsbach, bevor es zum letzten Anstieg nach Maria Langegg geht. Die Abfahrt verbringe ich großteils im Stehen, mein Rücken wehrt sich dagegen, auf dem Rad weiter eingespannt zu sein – Autofahren als Vorbereitung für ein Radrennen scheint nicht optimal zu sein… Ich treffe wieder auf Jean, gefühlt zum fünften oder sechsten Mal – lustig, wie man im Verlauf eines Rennens mit Pausen, Laben und anderen Zwischenhalten immer wieder zusammenkommt, getrennt wird und sich dann wieder trifft. Hinauf nach Maria Langegg geht es auf drei Kilometern mit 8 % Steigung – langsam und gemächlich, die Tanks sind leer, die Ambitionen beschränken sich darauf, das Ziel erreichen zu wollen. Oben eine Labe, dann noch ein paar kleinere Wellen – die hab ich noch vom Vorjahr in Erinnerung.

Nass und fertig

Unvermittelt formen sich neben meinem Rad auf dem Asphalt handtellergroße Flecken – platsch, zuerst einer, dann mehrere. Es ist dieser Moment, in dem man weiß, was hier gleich losbrechen wird - Blitz und Donner und prasselnder Regen. Ich werfe mir mein Gilet über, stehenbleiben oder gar warten ist keine Option so kurz vor dem Ziel. Es ist 15 Uhr, jener Zeitpunkt, für den der Regen vorhergesagt war – nur wollte ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon im Ziel sein. Die Abfahrt zurück zur Donau wird im Schneckentempo bestritten, es wäre dumm und unnötig, jetzt auf regennasser Fahrbahn noch einen Sturz zu provozieren. Die Abzweigung auf die B33 ist für mich so etwas wie meine persönliche Ziellinie – vorbei mit Bergen, Abfahrt, Anstiegen, Kurven. Ab diesem Zeitpunkt geht es nur noch flach auf einer Länge von knapp fünf Kilometern Richtung Ziellinie.

Jean hängt sich an einen überholenden Fahrer an, mir fehlt die Kraft, diesen kurzen Antritt mitzugehen. Weniger später ist mein Rennen aber auch offiziell beendet – ich rolle zufrieden aber sehr, sehr erschöpft über die Ziellinie, hinein in den Zielbereich, der leider vom durchziehenden Regenschauer fast komplett leergeräumt wurde. Schnitzelsemmel, Kuchen und anerkennende Ansprache im Ziel hilft mir, wieder zu Kräften zu kommen. 2.901 Höhenmeter auf meinem Wahoo belegen, dass es heute keine Kaffeefahrt war. Nass und kalt geht es zurück zum Auto, hinein in die trockene Trainingshose und ab nach Hause, next Stop: Badewanne!

Der Erkenntnisgewinn dieses Renntages ist massiv: Bestätigt fühle ich mich in meiner Meinung von den Wachauer Radtagen – die Veranstaltung ist hervorragend organisiert. Als Fahrer, der dann doch eher weiter hinten im Gesamtfeld unterwegs war, kam ich in den Genuss, bei JEDER Kreuzung oder Kreisverkehr Ordner oder Polizisten vorzufinden, die einem den Weg weisen und den Verkehr kurz aufhalten, damit man ungehindert passieren kann. Ebenfalls bestätigt wurde die landschaftliche Schönheit der Wachau und des südlichen Waldviertels, wobei das Hinterland auf mich hier einen größeren Reiz ausübt, als die „klassische“ Wachau direkt an der Donau. Wobei wenn man den Seiberer herunterkommt und zum ersten Mal das Panorama der Donau erblickt, wird man schon kurz andächtig.

Wundenlecken

Die andere Erkenntnis betrifft mich und meine Leistungen. In den letzten Jahren habe ich viele Dinge „einfach gemacht“ und dabei hat fast alles immer so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe. Dieses Jahr – und der „Jungvater“ soll hier jedenfalls nicht als Ausrede dienen! – muss ich mit meine Kräften und meinen Ressourcen haushalten. Bis in die letzten Ecken meines Kopfes hat sich das aber noch nicht durchgesetzt, mit dem Ergebnis, dass ich momentan dazu neige, meine Leistungsfähigkeit zu über- und gleichzeitig die sportlichen Herausforderungen zu unterschätzen. 160 Kilometer am Rad sind 2019 einfach etwas anderes für mich als 2018 oder gar 2017. Das mindert natürlich weder meinen Spaß am Radfahren noch an meinen Plänen oder Projekten, aber spätestens jetzt habe ich verstanden, dass ich die Dinge vielleicht etwas anders angehen muss. Eine Entscheidung ist allerdings vor diesem Hintergrund schon gefallen: Meine Teilnahme an der Race Around Austria Challenge werde ich vorerst einmal auf 2020 verschieben.

Aus der Wachau komme ich mit positiven Eindrücken zurück. Und die Schmerzen in Rücken, Knien und Oberschenkeln sind nach einem ausgiebigen Vollbad schon fast wieder vergessen, das Fluchen und innerliche Weinen der mühsamen Kilometer verdrängt und das Anmeldeformular für das nächste Jahr quasi schon wieder ausgefüllt. Danke Wachauer Radtage, bis nächstes Jahr!

Disclaimer

Die Teilnahme am Rennen erfolgte auf Einladung des Veranstalters. Alle Fotos: Sportograf.

Fotos // Österreich Rundfahrt 2019

Eine Woche Österreich Rundfahrt, sieben Etappen, spannende Rennen, viele unterschiedliche Fahrer, die sich die Wertungstrikots überstreifen konnten. Hier der Versuch eines etwas anderen Blickwinkels auf die Ereignisse - so wie ich das ja immer versuche, unsortiert, ohne Reihenfolge und Wertung. Dieses Mal testweise mit der “kleinen” Fuji-Kamera fotografiert…

Ein ereignisreiches Wochenende am Mondsee

Es waren einige Sprünge in den Mond-, Wolfgang- und Fuschlsee notwendig, um sich von den heißen Temperaturen und hitzigen Wettkämpfen am Rad zu erholen und abzukühlen. Das Wochenende rund um den Mondsee-Radmarathon hat schon lange vor dem Tag X große Vorfreude erzeugt – war doch die Ankündigung zu vernehmen, dass die Österreichischen Staatsmeisterschaften Straße im Rahmen der Marathonveranstaltung ausgetragen werden. Ich persönlich finde es ja immer großartig, wenn Spitzen- und Breitensport aufeinandertreffen, sich zwei Welten verbinden. Live mitanzusehen, was die Profis leisten, welche Zeiten auf der gleichen Strecke erreicht werden, hautnah dabei zu sein, ist toll und sollte aus meiner Sicht noch viel mehr forciert werden.

Für mich persönlich war – wie immer an dieser Stelle – die Entscheidung schwierig, ob ich Radfahren oder Fotografieren will. Ich habe Letzterem in den vergangenen Wochen oft den Vorzug gegeben, was mit ein Grund für meinen nicht ganz zufriedenstellenden Trainingszustand ist… Auch am Mondsee fiel die Entscheidung, in einer entspannten Form die ÖSTM mit der Kamera zu begleiten. Für den zeitgleich stattfindenden Marathon konnte ich glücklicherweise Martina von Mitzi & Friends – Österreichs größter Frauenradsportbewegung – gewinnen, sie hat sich für 169k über die 200 Kilometer lange Distanz gearbeitet. Und dank des reichhaltigen Rahmenprogramms des Mondsee-Marathons konnte ich doch noch ein Rad ins Auto einpacken und mich zu allem Überfluss in meinem ersten Mountainbike-Rennen versuchen.

Dieser Blogbeitrag besteht daher aus drei Teilen:

1. Meine Mondsee MTB-Challenge
2. Martinas 200k Mondsee-Radmarathon
3. Ein paar Fotos von den ÖSTM Straße der Elite

Meine Mondsee MTB Challenge

Über meine wiederentdeckte Liebe zum Mountainbike habe ich ja in den letzten Wochen schon ein wenig erzählt. In den Plan, mit dem MTB in erster Linie gemütliche Forststraßen-Touren zu unternehmen, passt ein Cross Country-Rennen an sich aber nicht wirklich hinein. Ich wollte jedoch das Wochenende rund um den Mondsee-Marathon nicht gänzlich ohne Rad verbringen und „ausprobieren kann man es ja einmal“ – so der Gedankengang. Spätestens seit meinem aufschlussreichen Gespräch mit Alban Lakata Anfang des Jahres sind mir einige wesentliche Unterschiede zwischen Mountainbikern und Rennradfahrern klarer. Training, Belastung, Leistungsentfaltung, Spitzenleistung, Renndauer – alles Dinge, die mir vorher nicht so bewusst waren, bei nähergehender Beschäftigung aber als logische Unterschiede aufpoppen. Mir war daher schon vorab klar, dass mein Leistungsprofil (flapsig formuliert: weit & langsam) eventuell nicht das optimale für ein kurzes und knackiges MTB-Rennen ist. Egal!

Die Füße gerade noch im wunderschön türkisen Fuschlsee baumeln lassen, einen Eiskaffee beim Mohrenwirt trinken und dann ab ins Auto nach Mondsee. Ich hab so meine Schwierigkeiten mit Rennen, die erst zu späterer Stunde – im Falle des MTB-Rennens um 16:00! – starten. „Zu lange“ ist der Tag vorher schon. Man unternimmt etwas, geht essen, liegt herum, wartet – in meinem Fall sind das meistens Dinge, die mich entweder müde oder – Thema Essen – schwerer und müde machen J

Die Startnummernausgabe lässt mich kurz zweifeln, ob ich es noch rechtzeitig vor dem Start schaffe, meine Startunterlagen zu besorgen und mich umzuziehen – die Schlange reicht aus dem Gemeindeamt Mondsee bis auf die Straße hinaus. Doch schnell zeigt sich, dass die Abfertigung hier im Eiltempo erfolgt, wie ein Blitz bin ich durch die Ausgabe geschleust und stehe wenige Minuten später wieder auf der Straße, Rennunterlagen in der Hand! Ich treffe Tini & Andy von geradeaus.at, das Team des Race Around Austria, viele andere bekannte Gesichter – es stellt sich im Nu wieder dieses Familiengefühl ein, über das ich mich jedes Mal wieder riesig freue und jedes dieser „Renn“-Wochenenden zu einem persönlichen Freudenfest macht. Ich mag die Leute, ich mag die Community, ich liebe diesen Sport!

Apropos Sport… Startnummer auf mein BMC Fourstroke, das noch nichts von seinem bevorstehenden Renneinsatz zu ahnen scheint. Obwohl, das Rad wird im Gegensatz zu mir nicht so leicht an seine Grenzen zu bringen sein. Das Starterfeld ist überschaubar, knapp 50 Teilnehmer*innen sind gemeldet. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt nicht, ein letzter Schluck aus der Flasche kann die Unmengen von Schweiß nicht kompensieren, die angesichts der vorherrschenden 35 Grad aus jeder Pore tropfen. Nach dem Startschuss geht es gleich zu Sache, der Puls ist oben, das Laktat in den Beinen, mein Plan, es „gemütlich“ angehen zu lassen, löst sich unvermittelt in Luft auf.

Das 31,5 Kilometer lange Rennen wird auf einem Rundkurs in und um Mondsee ausgetragen. Aus dem Stadtzentrum geht es hinauf auf den Mondseeberg, auf asphaltierter Straße mit knackiger Steigung. Nach halber Strecke (und rund 2,5 Kilometern) ist der höchste Punkt erreicht, es geht abwärts auf einem Singletrail, Wurzeln, Steine, kleinere Stufen, enge Kurven. Ich suche mir ein Hinterrad, um in der ersten von sieben Runden die richtige Linie zu finden. Es geht steil bergab, dort wo man kaum noch lenken oder bremsen kann, steht in der Spitzkehre die Rettung bereit und schaut kritisch, wie sich die Teilnehmer*innen über diese anspruchsvollsten Meter der MTB-Strecke „wurschteln“. Zumindest fühlt es sich bei mir etwas nach „Wurschteln“ an, mir fehlt auf dem MTB sichtlich noch etwas Routine. 700 Meter nahezu flache Forststraße münden danach in eine steile asphaltierte Straße, die über ein paar selektive Kurven mit hohem Tempo wieder zu Start und Ziel hinunter führt.

Schon befindet man sich wieder im Anstieg auf den Mondseeberg. Die Sonne knallt auf die Straße, der Puls pocht auf der Stirn – „Wie oft ist diese Runde zu fahren?!“ Die ersten drei Runden sind eher qualvoll, vor allem der lange Anstieg auf der Straße zehrt an den Kräften. Fabian Costa, der Favorit und spätere Gewinner des Rennens, schießt mit einem Verfolger an seinem Hinterrad an mir vorbei. Ich freue mich kurz, dass sich mein Rennen gerade um eine Runde verkürzt hat, denke mir aber gleichzeitig, dass es nicht unbedingt sehr ruhmreich wäre, noch einmal überrundet zu werden – ginge sich bei noch vier zu fahrenden Runden ja aus…

Ich suche noch einmal nach ein paar Kraftreserven und siehe da, das Rennen beginnt plötzlich Spaß zu machen. Der Anstieg ist immer noch zäh aber der Downhill wird immer routinierter und gefühlt schneller – kurzzeitig fast auch schon wieder etwas zu schnell! Die Runde beginnt von Mal zu Mal gefühlt kürzer zu werden, 4,5 Kilometer sind ja tatsächlich eine überschaubare Distanz. Mit dem Wissen, das Rennen 1. bewältigen und 2. für sich auch kontrollieren zu können, vergehen die letzten Kilometer wie im Flug.

Im Ziel bin ich zufrieden, mein erstes MTB-Rennen absolviert zu haben, Rang 34 (von 42) kümmert mich eher weniger, es ist eher einer dieser klassischen Siege über sich selbst, eine kleine Belohnung für das Verlassen der Komfortzone. Fünf Minuten und zwei Flaschen Wasser später hat sich die Erkenntnis gefestigt, dass ich diese Geschichte „MTB-Rennen“ wohl weiterverfolgen werde - bzw. zuvor noch Mountainbiken als solches, Fahrtechnik und alles andere, was da so dazugehört. Einen schlechteren Rennradfahrer wird das aus mir wohl nicht machen… ;) Eine Stunde später baumeln meine Beine dann auch schon wieder im Fuschlsee!

Fotos: Mondsee Radmarathon

Martinas 200 Kilometer-Runde

„Fünf Seen Marathon und 2 Duschen“

Martin Granadia bzw. bekannt unter 169k.net verloste in der Mitzi and Friends Gruppe einen Startplatz. Warum nicht teilnehmen dachte ich mir, Kinder sind versorgt, weil am Ferienlager somit sorglos ein Wochenende frei fürs Radeln.

Rasch bekam ich den Code zum Anmelden. Jetzt kam die wichtigste Entscheidung: 140km oder 200km. Die Entscheidung war nicht leicht, für die 140 km war bereits Carmen - ebenfalls eine Mitzi and Friends-Kollegin - angemeldet oder die ultimative Herausforderung über 200 km? Ich bin vorher noch nie 200 km in einem Rennen gefahren - Hopp oder Dropp. Klick - angemeldet für die 200 km. Zuerst die Freude, dann die Zweifel. Zwei Wochen vor dem Rennen beobachtete ich die Teilnehmerliste. 26 Frauen angemeldet - 13 für U45, 13 für Ü45. War mein Vorhaben nicht doch zu waghalsig? Die Ergebnisliste vom letzten Jahr muss her. Schlechteste Frau 2018 in Ü45: 9 Std 13. Ok, denke ich mir, das schaffe ich auch.

Wenige Tage vor dem Start bekamen wir die Unterlagen. Ein eigener Damenblock zum Starten - wie cool. Nicht, dass ich was gegen Männer habe, aber wenn es um ein Rennen geht, haben Männer schon so ihren Tiger, den sie beim Start rauslassen und manche können dabei sehr rücksichtslos sein. Wir Frauen haben auch den Biss aber wir achten dann doch mehr aufeinander (so mein persönlicher Eindruck, gesammelt bei den Radrennen, die ich bis jetzt bestritten hatte).

Nur drei Labestationen auf dieser Rundfahrt, das wird mir wahrscheinlich zu wenig sein. Gut ausgerüstet mit Riegel und Gels begab ich mich am Sonntag kurz vor 6.30 zu meinem Startblock. Wie ich merkte viel zu spät, obwohl eh 15 Minuten davor. Was für ein Stress. „Damen vor!“, „Damen vor!“, schallte es aus dem Lautsprecher - aber wie?? Rad über die Absperrung, vorgehen, Rad wieder über die Absperrung, reinquetschen. Ok ich stehe im wohl richtigen Startblock, zumindest einige Frauen rundherum. Kurz vor 6.30 Startschuss für den ersten Block. Laut Ausschreibung folgt der für die Damen eine Minute später. Aber einige Frauen fahren los, einige sind wie ich zögerlich. Ok, dann fahren wir auch los. Rasch hat sich eine Damen-Gruppe gebildet, die Anschluss zu den Männern gefunden hat. Im schnellen Tempo mit Abwechseln in der Führung (auch wir Damen können Führungsarbeit machen) kamen wir zur Postalm. Schwupp, die Gruppe löste sich auf. Jetzt waren wir drei Damen, die gemeinsam den Berg eroberten. Teils quatschend, teils schweigend. Wir holten einige Männer ein, die dann meinten, wenn ihr reden könnt, dann gebt ihr noch nicht alles? Warum beim ersten Berg alles geben, waren doch erst 43 km gefahren. Die Logik haben wir nicht verstanden, aber gut, jede*r hat eine eigene Taktik. Oben angekommen, hieß es wieder bergab. Ich gestehe, dass ich ein kleiner Hasenfuß werde und jedes Jahr immer mehr Angst dazukommt.

Gut, die beiden anderen Damen hatte ich verloren aber dafür eine Gruppe Männer gefunden. Jetzt heißt es zusammenbleiben, wenn es geht. Rasch flitzten wir dahin, dazwischen immer wieder leichte Steigungen. Nur nicht abreißen. Alles alleine zu fahren ist sicherlich schrecklich. Die kleine Gruppe traf auf einen Mann in Gelb. Am Berg und auf den Hügeln hatten wir ihn unzählige Male überholt. Im Flachen ist er mit Gruppen wieder angerauscht. Wir waren nun zu viert. Da heißt es für alle zu arbeiten - nur der gelbe Mann nicht. Wenn er an der Reihe war, ist er sofort nach hinten abgefallen, hat es nie probiert, auch nur ein Stück vorne zu fahren. Bis es mir reichte. Es war heiß, die Mittagssonne kam jetzt so richtig raus. Der Fahrtwind war noch heißer und wir alle mussten kämpfen. Nachdem ich meine Führungsarbeit erledigt hatte, ließ ich mich abfallen auf Höhe des gelben Mannes. „Entweder machst du in der Führungsarbeit mit oder du schleichst dich aus der Gruppe“ kam es aus meinem Mund. Plötzlich bekam ich die Zustimmung der beiden anderen Herren. „Ja genau, so geht das nicht. Schau doch, die Frau macht genauso mit“ stimmten die anderen zu. Da kam doch wieder ein Hügel und – schwupp – war der Mann in Gelb kein Thema mehr.

Plötzlich mussten wir anhalten, da die Straße für die Damen gesperrt wurde, die die Staatsmeisterschaften bestritten. So ein Mist. Gute zehn Minuten mussten wir warten, immer mehr Gruppen kamen an. Jetzt waren wir eine riesige Gruppe. Weiter zu nächsten Labe. Jetzt war mein Wunsch nach einer Labe schon sehr groß. Nur noch wenig Wasser in den Flaschen und dieses kochte nahezu. Dann begann der Kampf am Tisch - schnell Wasser rein und los. Doch auch dieses Wasser war warm, keine Abkühlung - mir war nur noch heiß! Eine nächste gute Gruppe gefunden und es geht zum Attersee. Ah da kommen Erinnerungen auf - King of the Lake. Ich musste kurz schmunzeln, sehr schöne Erinnerungen.

Dann kam der Anstieg und ich verlor meine Gruppe. Lonely Girl ab diesem Zeitpunkt. Jetzt kamen zur Hitze noch Frust und Zweifel dazu. Plötzlich tauchte eine „Labe“ auf, aber es war keine offizielle. An einem Anstieg hatten sich Privatpersonen der armen Radfahrer*innen erbarmt und eine selbstgemachte Labe aufgebaut. Das Beste vom ganzen Rennen - kaltes Wasser und Dusche. Sie waren sehr erstaunt als ich sie bat, das Wasser über den ganzen Körper zu leeren. Ich war überhitzt wie schon lange nicht. Mein Kopf fühlte sich wie ein Druckkochtopf an, der kein Ventil hat, Kreislaufprobleme kamen hinzu. Aber mit der Dusche war mit einem Schlag alles weg. Das war die beste Labe.

Abgekühlt ging es wieder locker weiter, zum letzten Berg. Relativ bald kam ich zur letzten offiziellen Labe. Diese hatte endlich einen Schlauch, mit dem man sich nochmal richtig abkühlen konnte. So komme ich gut weiter. Bei der Abfahrt überholten mich die Elite Männer und ich bleib kurz am Straßenrand stehen. Wuuummmm und weg waren sie. Beeindruckend, so ein Rennen aus der nächsten Nähe zu beobachten, gleichzeitig auch Angst. Möchte von so einem Fahrer nicht erwischt werden. Mühsam kämpfte ich mich ins Ziel und freute mich auf den letzten zehn Kilometern über die männliche Begleitung. 9,8,7…… Endlich Ziel. 7 Stunden 40 die offizielle Zeit, laut Garmin 7 Stunden 23, da die Stehzeit ja abgezogen wurde. Geschafft!! Das Beste kam zum Schluss. Der gelbe Mann kam nach mir ins Ziel und hatte mich sicherlich aufgrund meiner Mitzi-Dress sofort gesehen. Er gratulierte mir und entschuldigte sich für sein Verhalten - das rechne ich ihm hoch an. Ich habe bei diesem Rennen jedenfalls meine Grenzen ausgetestet.

Fotos: Marathon Photos

ÖSTM Straße

Die Elite Damen waren auf der 140, die Herren auf der 200 Kilometer langen Strecke des Radmarathons unterwegs. Aufgrund von Straßensperren und wenigen Ausweich- und Abkürzungsmöglichkeiten war es nicht möglich, an mehreren Orten zu fotografieren – außer man ist mit dem Motorrad im Feld unterwegs. Ich konnte das Herrenfeld auf der Postalm abpassen – in einer der schönsten Kurven des Anstiegs -, und war beim Zieleinlauf in Mondsee in Position. Gratulation an Patrick Konrad, der für die kommenden 12 Monate mit Stolz das Nationalmeister-Trikot tragen wird!

"DNF" beim Super Giro Dolomiti

Oft heißt es ja, Geschichten des Scheiterns wären besser und spannender als jene der Sieger… In diesem Geiste möchte ich das Wochenende des Super Giro Dolomiti aufarbeiten, das mir das erste „DNF“ meiner sogenannten Rennkarriere beschert hat.

Giro

Es hat großartig begonnen, so wie eigentlich jeder Tag und jedes Wochenende in Osttirol immer positiv verläuft! Das Wochenende vor dem Rennen gastierte der Giro d´Italia in Südtirol, da lag ein Ausflug nach Olang zum Start natürlich nahe. Das Panorama der Dolomiten gepaart mit Profiradsport ist ein herrlicher Mix und näher an die österreichische Grenze kann eine Grande Tour auch gar nicht kommen. Auch wenn die Situation am Start etwas unübersichtlich war (der Parkplatz mit den Teambussen und Fahrern befand sich rund 2-3 Kilometer von der Startlinie entfernt) und damit nur die Möglichkeit blieb, die Fahrer am Weg zur Startaufstellung kurz abzupassen – der Start einer Giro-Etappe ist immer ein Ereignis, in Italien noch einmal mehr, da die Menschen auf die Straße gehen, gerne mittendrin dabei sind und Radsport dann doch noch etwas mehr l(i)eben, als wir das tun.

Bora

Zeitgleich waren auch die Fahrer des Teams Bora-Hansgrohe in Osttirol – Höhentrainingslager stand dort auf dem Programm. Mit von der Partie unter anderem die österreichische Phallanx Konrad, Pöstlberger, Mühlberger. Spontane Einfälle bringen oft die besten Ergebnisse, der Kamerarucksack war ohnehin dabei – und so ergab sich die Möglichkeit, die Jungs von Bora auf einer Trainingsfahrt auf den Glockner zu begleiten. Fotomotive der besten Art tun sich auf und der Auslöser der Kamera rattert nur so vor sich hin! Dass ich bei all dem Fotografieren nicht zum Radfahren komme, ist eine andere Geschichte – aber dazu kommen wir noch…

Dolomitenrundfahrt

Leser*innen von 169k wissen mittlerweile, dass ich oft und liebend gerne in Osttirol bin. Die Dolomitenradrundfahrt, die jedes Jahr Anfang Juni stattfindet, war daher schon immer etwas Besonderes in meinem Kalender – ist sie doch so etwas wie mein zweites Heimrennen. Die Strecke über den Gailberg, durchs Lesachtal und zurück nach Lienz kenne ich mittlerweile ganz gut – sowohl die positiven als auch die weniger positiven Aspekte. Wobei „weniger positiv“ natürlich eine Frage der Perspektive ist. Mit genügend Training und mentaler Stärke, kann einem das Lesachtal nichts anhaben. Erst wenn man angeschlagen, müde oder nicht ganz so fit ist, rächen sich die rund 20 „Hügel“, die sich in einem ständigen Auf und Ab auf einer Länge von rund 40 Kilometern aneinanderreihen. Irgendwo müssen diese 1.400 Höhenmeter ja auch versteckt sein. Die Lesachtalrunde bin ich also schon ein paar Mal gefahren, sowohl als Trainings- oder Genussrunde als auch im Rennen bei der Dolomitenradrundfahrt. Am Rennwochenende steht allerdings noch eine zweite Option zur Verfügung, der Super Giro Dolomiti.

Super Giro Was?

Viele verwechseln ihn beim ersten Mal Hören mit dem Maratona d´les Dolomites, dieser Riesenveranstaltung jenseits der Grenze, die immer Anfang Juli auf dem Programm steht und mit mehreren tausend Teilnehmern, Fernsehübertragung und mythenbehafteten Anstiegen zu einem der größten Radsportevents der Welt zählt. Der Super Giro Dolomiti gibt sich da weitaus bescheidener, obwohl er sich nominell keineswegs verstecken muss. Um ein anderes großes Radsportevents als Vergleich heranzuziehen – der Super Giro weist ungefähr die gleichen Zahlen auf wie der Ötztaler Radmarathon. Auf rund 230 Kilometern versammelt der Super Giro rund 5.000 Höhenmeter, die Charakteristik der Strecke ist allerdings eine andere als beispielsweise beim Ötztaler. Die Anstiege sind mitunter kürzer, die Belastung abwechslungsreicher, die Steigungen giftiger. Die Tatsache, dass der Super Giro Anfang Juni stattfindet, setzt zudem voraus, dass man recht fit aus dem Frühjahr kommt.

Die „Ur-Strecke“ des Super Giro führt über Gailberg und Plöckenpass nach Italien, über den Lanzenpass – eine alte, schmale Militärstraße mit bis zu 19% steilen Rampen – weiter Richtung Osten bevor man über das Nassfeld wieder nach Österreich gelangt und schließlich durch Gail-, Lesach- und Pustertal zurück nach Lienz fährt. Je nach Definition eines „Berges“ sind derer fünf oder sechs zu überwinden, von kurz & flach über länger & flach bis hin zu kurz & sehr steil und lange & steil. Die Gegend südlich der Dolomiten bzw. Karawanken ist allerdings eine raue und als solche jeden Winter aufs Neue unzähligen Wettersituationen ausgesetzt, die einem einwandfreien Zustand der Straßen nicht unbedingt zuträglich sind. Schnee, Eis, Unwetter, Felsstürze und allerlei mehr sind dort keine Seltenheit, dementsprechend musste auch der Super Giro mit seiner Strecke schon mehrmals ausweichen. Kein Problem, stehen doch im näheren Umkreis Alternativen zur Verfügung, die auch Hand und Fuß haben – hat da jemand „Zoncolan“ gesagt? Der Lanzenpass ist dabei so etwas wie das schwächste Glied – schon in seiner Grundauslegung als alte Militärstraße nicht gerade für den Massenverkehr dimensioniert, besteht außerdem bei Schäden, Felsstürzen und Ähnlichem bei den italienischen Behörden keine allzu große Dringlichkeit, Dinge dort schnell wieder zu richten. 2016 wurde deshalb schon einmal auf den Monte Zoncolan ausgewichen – bei wem an dieser Stelle keine Alarmglocken klingeln, der schau sich auf Youtube einmal ein paar Videos zum Monte Zoncolan an oder das Strava-Segment des Anstiegs von Ovaro aus!

Ende 2018 wurde dann noch das halbe Lesachtal bei Unwettern weggespült, die Spuren davon sind auf den Straßen bis heute sichtbar. Im Besonderen in Form einer Ersatzstraße, die vor Maria Luggau errichtet werden musste, um die Passage des Lesachtals überhaupt erst zu ermöglichen. Für das Rennen 2019 kursierten im Vorfeld daher unterschiedliche Varianten. Zuerst wurde kommuniziert, dass die „Ur-Strecke“ aufgrund von massiven Schäden am Lanzenpass nicht befahren werden kann und es wurde der Monte Zoncolan (analog zu 2016) als Ersatz auserkoren – ein Raunen und eine Mischung aus Angst und Begeisterung ging durch die Foren. Kurz darauf wurde allerdings der Zoncolan wieder von der Karte gestrichen, da auch dieser angeblich Frost- und andere Winterschäden aufweisen würde. Es wurde eine Ersatzschleife über Arta Terme und Paularo entworfen, die dann allerdings für die hartgesottenen „Höhenmeterfresser“ fast an eine Enttäuschung grenzte – so war es zumindest in vereinzelten Postings zu lesen. Andererseits war die neue Strecke mit rund 210 Kilometern und 4.800 Höhenmetern für Leute wie mich noch immer eine sehr große Nummer und angesichts eines regnerischen Frühjahrs und dadurch fehlenden Trainingskilometern nicht ganz unwillkommen!

Das Rennen!

Im Vergleich zur kürzeren Dolomitenradrundfahrt ist das Starterfeld des Super Giro Dolomiti noch etwas überschaubarer. Das hat Nachteile – die Wahrscheinlichkeit, in einer späteren Phase des Rennens noch mit einer gut funktionierenden Gruppe fahren zu können, sinkt dramatisch - aber auch Vorteile: Die Startphase ist entspannt und völlig unproblematisch. Ohne jegliche Zwischenfälle oder brenzlige Situationen rollt das Feld aus Lienz hinaus in Richtung Oberdrauburg. Die Temperaturen zum Start um 6:30 sind frisch und angenehm bei rund 13 Grad - warm genug, um die Jacke schon vor dem Start auszuziehen und auf Ärmlinge zu verzichten. Das Wetter ist ein wesentlicher Faktor – auch da gab es in den vergangenen Jahren schon alles, was der Himmel zu bieten hat. Gewitter, Wolkenbrüche, Temperaturstürze, große Hitze, Wind – die hohen Berge der (Lienzer) Dolomiten sind hier nicht zu unterschätzen, eine Nofall-Jacke mitzuführen ist grundsätzlich eine intelligente Option.

Bis Oberdrauburg gilt es, das Rennen zu genießen und in der großen Gruppe mit knapp über 40 Km/h Schnitt dahinzugleiten – es wird dieser Abschnitt der erste und letzte sein, in dem man in den Genuss eines ausgeprägten Windschattens kommt. Ab dem Gailberg – also den Bergen – wird nunmehr jede*r ihr und sein Tempo fahren, größere Gruppen werden sich keine mehr finden. Der Gailberg ist nominell keine allzu große Herausforderung, je nachdem in welchem Tempo man ihn befährt. Erfahrungsgemäß sind es ja oft die kleineren Hügel oder sogar die Flachpassagen, in denen man sich vernichtet – während alles und jeder auf die großen Prüfungen vorbereitet ist, vergisst man nur allzu oft, dazwischen mit seinen Kräften zu haushalten. Nach dem Gailberg geht es hinunter nach Kötschach-Mauthen, von hier entstammt meine Mutter – Grund genug, dort jedes Mal kurz unbestimmt in die Gegend zu winken, wenn ich vorbeifahre. Durch Kötschach geht es weiter Richtung Süden und für mich auf unbekanntes Terrain. So oft ich schon in Lienz und im Gailtal war, noch nie hat es mich hier über die Grenze verschlagen. Den Anstieg auf den Plöckenpass habe ich mir im Vorfeld auf Strava angeschaut, auch hier war nichts dabei, was mich nominell riesig erschreckt hätte. Umso mehr überraschen mich die hohen Steigungsprozente im Anstieg, die ihren Höhepunkt im stockfinsteren Tunnel vor der Passhöhe erreichen – 17%? Der Wahoo hat kein Signal mehr und jegliche Messung von Geschwindigkeit und Anstieg bleibt stehen. Ich werde nie erfahren, wie steil es dort wirklich ist, gefühlt zu steil, um gemütlich bergauf zu kurbeln. Mir schwant Böses, vielleicht waren die durchschnittlichen Steigungen auf Strava ein Ergebnis der nicht aufgezeichneten Steigungen in den Tunnels? Dann müsste ich auch meine Einschätzung über die Südseite des Plöcken erneuern, dort hat Strava überhaupt nur 4% Durchschnittssteigung ausgegeben! Aber alles zu seiner Zeit, davor gilt es noch, andere Prüfungen zu meistern.

Bei der Labe oben am Plöcken fülle ich meine Flaschen auf und richte einen Riegel her, den ich dann während der Abfahrt essen kann. Dabei hab ich ein neues System entwickelt: Ich nehme den Riegel (z.B. meinen ClifBar) aus der Verpackung und stecke nur den Riegel unter den Beinabschluss meiner Hose. Von dort kann ich jetzt Stück für Stück vom Riegel abbrechen und in Ruhe essen. Es hat mich immer gestresst, den Riegel komplett in der Hand halten zu müssen während dem Fahren, vor allem weil die ClifBars ja keine Riegel sind, die man schnell einmal kaut und hinunterschluckt. Im Vorfeld habe ich mich ja mit meiner Ernährungsberaterin Caro vorbereitet und auch für dieses Rennen ein paar Dinge ausprobiert. Die Ernährung während des Rennens war ein Teil davon, wann ich welche Riegel und Gels zu mir nehmen soll, entnehme ich vertrauensvoll dem Plan, den mir Caro noch per Mail zugeschickt hat.

Es geht vom Plöcken hinunter Richtung Paluzza, es rollt gut, der Tacho zeigt immer irgendetwas über 40 an. Habe ich die Abfahrt noch alleine begonnen, haben sich rund um mich nun noch ein paar Fahrer zusammengefunden, gemeinsam geht’s dann doch nochmal schneller und im Nu ist der südlichste Punkt der Strecke bei Arta Terme bzw. Cedarchis erreicht. Es geht sofort wieder bergauf auf eine kleine Straße, die sich den Hang entlang schmiegt und moderat aber stetig ansteigt. Der plötzlich fehlende Fahrtwind lässt mich recht unvermittelt spüren, dass es mittlerweile recht heiß geworden ist. Die Sonne strahlt am blauen Himmel, wir sind südlich der Karnischen Alpen, es hat knapp unter 30 Grad. Zu viert fahren wir die Straße entlang, das Tempo nicht sonderlich hoch, der Weg an sich nicht besonders anspruchsvoll. Ich lasse die kleine Labe aus, an die wir gemeinsam kommen – blöde Idee, wie sich später herausstellen soll. Bevor ich allerdings über die Tragweite irgendwelcher Entscheidungen nachdenken kann, beginnt eine abwechslungsreiche Zwischenabfahrt durch kleine Dörfer, vorbei an gutbesetzten Cafés, durch flowige Kurven, weiter hinein ins Tal. Paularo erscheint am Ende des Tals, der Wendepunkt der Strecke – auf der Originalstrecke würde man hier zum Lanzenpass abzweigen. Ich habe mir vor dem Rennen ein paar Abschnitte der Strecke auf Google Street View angesehen – nicht wegen irgendwelchen Details sondern um einen generellen Eindruck zu bekommen. Von Paularo ist mir in Erinnerung geblieben, dass es sehr steil zur Kirche hinauf geht, dann aber oben eine Art Hochplateau kommen soll. Wäre meine Recherche da nur mal ausführlicher gewesen… Den Stich zur Kirche von Paularo hinauf – mit seinen knapp 20% Steigung – konnte ich da noch irgendwie überwinden, dass danach allerdings kein Hochplateau sondern weitere fünf Kilometer mit rund 12% folgen würden, war fatal!

Worst comes to worst

Da war ich nun im Anstieg von Paularo nach Ligosullo. Manche jener, die sich im Vorfeld noch beschwert hatten, dass der Monte Zoncolan nicht Teil der Strecke war, sind hier wohl eines Besseren belehrt worden. Gut, der Monte Zoncolan ist noch einmal ein Kaliber ärger, aber das war mir persönlich in diesem Moment nicht einmal ein schwacher Trost. Und spätestens hier dämmerte mir auch zum ersten Mal, dass ich bis dorthin viel zu wenig getrunken UND zusätzlich auch noch die letzte Labe ausgelassen hatte - Bravo, Martin! Caro hatte mir im Vorfeld auch gesagt, ich solle viel trinken – „No na…“, aber warum mach ich es dann nicht? Die Flüssigkeitsreste aus meinen Flaschen hatte ich am Ende des Anstiegs schon längst bis auf den letzten Tropfen in mich geleert, mein Flüssigkeitshaushalt und damit auch mein Kreislauf waren an dieser Stelle allerdings schon nachhaltig beleidigt. Da half auch die Akut-Ration Extra-Wasser und Iso-Drink bei der nächsten Labe nichts mehr. Ich kenne meinen Körper mittlerweile ganz gut und weiß in den meisten Situationen, wie ich gewisse Signale zu deuten habe.

Und dann kam noch ein Punkt dazu, den ich ganz ohne Gram und Reue akzeptieren muss: ich hatte im Jahr 2019 einfach noch nicht genug Kilometer in den Beinen. Mit etwas mehr Fitness und Power wären solche Tiefs noch eher zu übertauchen gewesen, hätte ich über den schmerzenden Rücken und Nacken eher hinweggesehen, wären die noch bevorstehenden (100) Kilometer weniger respekteinflößend gewesen.

Nach der Labe in Ligosullo waren Downhill-Kilometer angesagt - immer eine willkommene Gelegenheit, sich etwas auszuruhen und oft schaut die Welt nach einer kurzen Abfahrt schon wieder ganz anders aus als wenn man gerade erst am Ende eines Anstiegs erschöpft aus dem Sattel gestiegen ist. Waren bei der Labe noch einige Leute um mich herum, war ich in der Abfahrt plötzlich mutterseelenalleine. Erste Zweifel kamen auf, ob ich denn noch auf der richtigen Strecke war – die Abfahrt war verwinkelt, die Kehren eng, bei einer der etlichen Abzweigungen hätte man schon falsch abbiegen können… Endlich kam aber wieder eines der Streckenmarkierungsschilder in den Blick und die Fahrt konnte ungehindert fortgesetzt werden – ich hätte da keinen Meter wieder bergauf zurückfahren wollen.

In Paluzza war schließlich die Bundesstraße wieder erreicht, auf der wir eine Stunde zuvor hinuntergekommen waren. „What went down, must go up“ – oder so ähnlich, die gleiche Strecke wieder hoch zu müssen, auf der man zuvor runtergefahren ist, kann eine psychische Herausforderung sein. An dieser Stelle war ich ohnehin schon eher im Sparmodus unterwegs, daher: in den ersten Gang schalten und locker den Berg raufkurbeln. Die Aussicht auf 16 Kilometer Anstieg hinauf bis zum Plöckenpass und zur nächsten (notwendigen) Labe haben mich dann allerdings gebrochen. Die Temperaturanzeige am Wahoo begann bei 30 Grad im noch halbwegs geschützten Paluzza und zeigte einen Maximalwert von 38 Grad mitten im Anstieg zum Plöcken, auf den direkt vom Süden schön die Sonne draufknallte. Auch wenn der Wahoo hier mehr Grad anzeigte, als es wirklich waren… 20 Grad mehr als beim Start wenige Stunden zuvor und meine wenig intelligente Flüssigkeitsversorgung taten das ihrige. Es dauerte gefühlt mehrere Stunden, bis ich oben am Plöcken Richtung Labe rollte. Der Entschluss, das Rennen nicht fertigzufahren, war zu diesem Zeitpunkt schon gefällt – ich hatte ja genug Zeit, im Anstieg meine Gedanken zu sortieren, Argumente abzuwägen und Optionen durchzudenken. Ich kenne das Lesachtal und weiß, welche Herausforderungen dort noch auf die Fahrer*innen warten - auch wenn ich weiterfahren hätte wollen, es wäre nicht wirklich zielführend gewesen. 1.400 Höhenmeter noch bis ins Ziel? – zu viel für mich an diesem Tag.

Oben am Plöcken reicht ein kurzer Anruf bei der Familie in Lienz und der Abholservice setzt sich dankenswerterweise in Bewegung. Die Abfahrt vom Plöcken nehme ich noch mit, quasi Ausrollen denke ich mir. Der (wirklich) schlechte Belag in der Abfahrt und die wenigen kurzen Gegensteigungen räumen die letzten Zweifel aus, ob ich nicht doch weiterfahren hätte sollen. Ich bin müde und fertig, rolle am Streckenposten in Kötschach vorbei, der mich verzweifelt auf die (richtige) Strecke zurücklotsen will.

Mein privates Taxi rollt auf den Kirchenvorplatz von Kötschach während ich auf der Mauer liege und meine Beine hochlagere. Mein Schwager ist so lieb und holt mich ab, reagiert verständnisvoll und tröstet mich mit Aussicht auf die bevorstehende Grillerei im Garten. Wobei Trost brauche ich an dieser Stelle keinen, das Rennen vorzeitig zu beenden stürzt mich weder in eine existenzialistische Krise noch lässt es mich am meiner grundsätzlichen Leistungsfähigkeit oder am Spaß des Radfahrens zweifeln.

Ursachen?

Die Ursachenforschung ist ebenso schnell erledigt bzw. hatte ich genügend Zeit, im Anstieg zum Plöcken darüber nachzudenken.

Nummer 1: Ich habe schlecht gehaushaltet. Während die feste Ernährung gut funktioniert hat, habe ich einfach nicht genug getrunken. Und da kann mir eigentlich keiner helfen, Caro kann noch so oft sagen „Viel trinken“. Man sollte sich halt auch daran halten! So reizvoll es auch ist, an Laben flott vorbeizufahren, stehenbleiben und nachfüllen stellt die bessere Lösung dar – vor allem, wenn es um die Entscheidung zwischen Gesamtrang 245 und 238 geht.

Nummer 2: Ich habe schlicht und ergreifend zu wenig Kilometer gesammelt in meinem bisherigen Jahr 2019. Egal, wo die Gründe dafür liegen und warum es sich da und dort vielleicht nicht so ausgegangen ist, wie es geplant war. Ein Rennen über 210 Kilometer mit etlichen Höhenmetern bedarf einfach eines gewissen Trainingszustands, hier habe ich das Ganze vielleicht etwas zu sehr auf die leichte Schulter genommen.

Wie geht’s weiter?

Googelt man „DNF“ kommen Ergebnisse wie „Disjunktive Normalform“, „Deutsch-Norwegische Freundschaftsgesellschaft“ oder „Duke Nukem Forever“. Leider lässt sich aus keinem dieser Akronyme ein unterhaltsamer Schlusssatz für diesen Blogpost basteln. Ich probiers einfach mal mit „Dieses Rennen Nochmal Fahren“!

Disclaimer

Die Teilnahme fand auf Einladung des Veranstalters statt, die Rennfotos wurden durch Sportograf gemacht.

Alpen Tour - Martins Nachlese

Im Vorfeld der Alpentour Trophy Anfang Juni wurde hier ja schon einiges berichtet - jetzt hat Martin, der sich für 169k ins anspruchsvolle Rennen gewagt hat, seine Erfahrungen und Eindrücke zusammengefasst. Viel Spaß beim Lesen!

Seit der letzten Etappe sind jetzt einige Tage und meine Bachelor Prüfung erfolgreich vergangen und ich werde versuchen die Tage der Alpentour hier Revue passieren zu lassen.

Tag 0, Mittwoch 05.06.2019, Die Anreise

Schon voller Vorfreude beginnt der Tag und ich packe mein Auto mit sämtlichem Zeug für das bevorstehende Etappenrennen. Seit Jahren nehme ich mir vor, mir endlich eine Packliste zu schreiben - Fakt ist, die gibt es noch immer nicht. So läuft das Packen jedes Mal gleich ab. Kasten auf, Koffer auf und alles Mögliche reinwerfen - Nervenkitzel beim Auspacken am Rennort inklusive.

Die Anreise verlief absolut problemlos. Auch der Check-In im vom Veranstalter zur Verfügung gestellten Hotel war flott erledigt. Kurz darauf rief auch schon mein Bekannter Philipp Wetzelberger an, der die Alpentour heuer bereits das fünfte Mal in Angriff nahm. Wir einigten uns auf einen Treffpunkt, um das Einfahren für die morgige erste Etappe gemeinsam zu erledigen.

Das besondere bei der Alpentour ist nicht nur der tägliche Start in Schladming, sondern auch der Schlussanstieg vom Gasthaus Landalm Richtung Planai mit Zielabfahrt durch den Zielhang des Bikeparks Planai. Dieser Abschnitt wird bei den ersten drei Etappen immer gleich befahren. Da liegt es natürlich nahe, diesen Abschnitt zu besichtigen. Bei strahlend blauem Himmel absolvierten wir die Schlussrunde und streuten ein paar Intervalle ein um die Beine für die erste Etappe in Schwung zu bringen. Nach gelungenen 90 Minuten am Bike ging es zurück ins Hotel und ab zur Startnummernabholung in der Tenne Planai. Bevor ich den Chip für die Zeitnehmung und die Startnummer montiere wird das Bike natürlich noch gereinigt und geschmiert. Da es am ersten Abend noch kein gemeinsames Abendessen im Kongress gibt, treffe ich mich mit der lieben Alina Reichert, einer der Damen Elite Starterinnen zum Pizzaessen im Ort. Nachdem der Magen für die erste Etappe gefüllt war gings noch schnell zum Riders Briefing. Hier mussten wir erfahren, dass die erste Etappe aufgrund der enormen Schneemassen des Winters um ein paar Höhenmeter gekürzt wird. Der höchste Punkt der Türlwand und der Rittisberg waren noch nicht passierbar. Macht nichts dachte ich mir, kommt mir als Medium Distanz-Fahrer eh entgegen. Dann gings aber rasch ins Bett, schließlich warteten 2500 hm verteilt auf 64 km.

Tag 1, Donnerstag, 06.06.2019, Etappe 1 Türlwand

Der Tag der ersten Etappe begann wie der letzte endete, mit blauem Himmel und hohen Temperaturen bereits in der Früh. Nach einem ausgezeichneten Frühstück rund drei Stunden vor dem Start, um meinem Magen ausreichend Zeit zur Verdauung zu genehmigen, ging es nach einem kurzen Aufwärmprogramm zum Start. Dieser war heuer Aufgrund der Bauarbeiten für die neue Planai-Seilbahn, anders als die Jahre zuvor, beim Kongress in Schladming. 20 Minuten vor 10:00 begann der Rennleiter die Elitefahrer für die Startaufstellung aufzurufen. Da ich nur einen Weltranglisten-Punkt hatte, befand ich mich am hinteren Ende des Elitefeldes.

Pünktlich um 10:00 viel der Startschuss. Da die ersten drei Kilometer neutralisiert hinter dem Auto des Rennleiters erfolgten, ging es am schmalen Ennstal-Radweg ganz schön hektisch zu. Doch sobald der Startschuss ein zweites Mal erklang, war die Neutralisierung aufgehoben und die Profis wie Daniel Geismayr und Alban Lakata drückten mächtig aufs Gas. Das Feld von rund 400 Startern zog sich dadurch ordentlich in die Länge und es wurde sofort etwas entspannter. Auf einem schmalen Waldweg ging es zunächst steiler und dann bald flowig über Wurzeln und Steine rauf in die Ramsau. Von dort ging es über den Winterwanderweg hinauf Richtung Türlwand. Anders als die Jahre zuvor mussten wir bereits ca. 100 hm unter der Türlwand hinüber Richtung Adlerlifte queren. Hier galt es, etliche Schneefelder und schwierige Wiesenschräghänge mit Geschick zu überwinden. Da lacht das Mountainbiker-Herz. Wieder in der Ramsau angekommen ging es über Langlaufloipen direkt ins Langlaufzentrum am Fuße des Kulms. Dort wartete zum Glück schon Sandra vom RC Sport Vollmann-Team mit einer vollen Flasche auf mich - Danke dafür! Jetzt ging es direkt neben der Sprungschanze in extrem steilen Serpentinen auf den Kulm hinauf. Daheim im Wienerwald frag ich mich oft, wozu ich das 50er Ritzel auf meiner Kassette brauche - jetzt weiß ich es.

Oben angekommen ging es zunächst flach in Richtung Vorberg, von dort dann über einen steilen und erdigen Singletrail hinunter nach Pichl zur zweiten TFZ. Von dort ging es ohne Verschnaufpause gleich wieder bergauf auf die Hochwurzen, hier mussten viele Fahrer dem hohen Anfangstempo und den heißen Temperaturen Tribut zollen und ich konnte noch etliche Fahrer überholen. Nach der Hochwurzen galt es nur mehr, den am Vortag besichtigten Schluss zu bewältigen. Das Besichtigen hat sich definitiv ausgezahlt, konnte ich doch bergab gleich eine der schnelleren Zeiten hinlegen. Müde aber glücklich erreiche ich nach 03:39 das Ziel auf dem 29. Platz in der Elite. Die Freude ist groß, schließlich bekommen bei einem Rennen der S1 Kategorie die ersten 34 Plätze Weltcuppunkte.

Nach dem Motto Maschine vor Fahrer kümmerte ich mich gleich im Planai-Zielraum um die Reinigung meines Bikes. Hier warten – vorbildlich - etliche Waschplätze auf die erschöpften Fahrer. Gegen eine kleine Gebühr wäre es auch möglich das Bike im Bikeshop abzugeben und am nächsten Tag das frisch servicierte Bike für die zweite Etappe in Empfang zu nehmen.

Danach ging es sofort ins Hotel und unter die Dusche. Der Vanille Recovery Shake tat dann auch richtig gut. Ehe es um 18:00 ins Kongress Zentrum zum gemeinsamen (vorzüglichen!) Abendessen ging, war noch etwas Zeit, die wunderschönen Landschaftsbilder der 1. Etappe Revue passieren zu lassen.

Das gemeinsame Abendessen mit 400 Gleichgesinnten und die täglichen Siegerehrungen inklusive der Überreichung der Leaderjerseys ist sicher ein Highlight der Alpentour. Hier sitzen Olympiasieger wie Sabine Spitz mit Hobbysportlern gemeinsam am Tisch und unterhalten sich über unser aller liebstes Hobby, das Radfahren.

Nach dem Essen gibt es noch die wichtigsten Infos für den nächsten Tag. Aufgrund der enormen Schneemassen konnte die Etappe über die Giglachseen nicht stattfinden. Stattdessen ging es über die Reiteralm. Vorbildlich gibt es immer schon am Vortag den GPS-Track auf der Alpentour-Homepage zum Download.

Strava

Tag 2, Freitag, 07.06.2019, Reiteralm

Tagwache um 07:00 - puhh die Beine haben sich auch schon mal frischer angefühlt. Der erste Weg am Frühstückbuffet führt mich deshalb gleich direkt zur Kaffeemaschine. Gut gestärkt ging es wieder pünktlich um 10:00 los - diesmal aufgrund der Ergebnisse des Vortages sogar etwas weiter vorne in der Startaufstellung. Es ging erneut hinauf in die Ramsau, diesmal aber ohne Umwege direkt runter nach Pichl und hinein in den langen Anstieg auf die Reiteralm. Die Beine fühlten sich grauenhaft an und der eine oder andere Krampf kündigte sich an. Hier kam das erste Mal meine Geheimwaffe, konzentriertes Essigwasser, erhältlich z.B. von Sponser Sportfood (Muscle Relax) zum Einsatz. Zwar waren meine Beine danach genauso müde wie zuvor, jedoch ging es krampffrei weiter. Noch unter dem Gipfel der Reiteralm querten wir hinüber zur Hochwurzen. Anders als am Vortag ging es diesmal bis auf den höchsten Punkt der Hochwurzen. Bereits am Beginn der Abfahrt schloss ich zur österreichischen Marathon-Staatsmeisterin Angelika Tazreiter auf. Gemeinsam ging es zurück nach Schladming. Angelika fuhr bergauf extrem stark und ich hatte schwer zu kämpfen, den Anschluss zu halten. Nach etwas über drei Stunden überquerte ich als 34. die Ziellinie, somit fiel ich auch im Gesamtklassement auf den 34. Platz zurück. Scheinbar haben sich die anderen besser von den Strapazen des Vortages erholt. Ziemlich erschöpft fiel die Bikewäsche heute noch dürftiger aus als gestern. Um die Beine bei der Regeneration zu unterstützen, rollte ich noch gemütlich den Ennstal-Radweg entlang und genoss das wunderbare Bergpanorama. Dabei fiel mir ein ungewohntes Geräusch von meinem Rad auf, bei der genaueren Betrachtung konnte ich erkennen, dass die Karbonstreben meines Sattels an zwei Stellen gebrochen waren. Zum Glück dürfte dieser Schaden erst gegen Ende aufgetreten sein und noch größeres Glück war, dass ich noch Ersatz mit hatte.

Die gemütlichen Abende im Kongress finden immer unter einem Motto statt, der Freitag war der Steiermark-Abend. Das Essen war schon wie am Vorabend hervorragend und ideal, um die leeren Speicher für die bevorstehenden Tage zu füllen. Außerdem wurden heute ein Dirndl und eine Lederhose verlost. ☺

Ähnlich wie am Tag zuvor waren die Siegerehrungen kurz vor 20:00 erledigt und ich machte mich auf ins Hotelzimmer, um mich für die dritte Etappe auszurasten.

Strava

Tag 3, Samstag, 08.06.2019, Hauser Kaibling

Überraschenderweise fiel mir das Aufstehen am dritten Tag wieder deutlich leichter als noch am Tag zuvor. Auch das Morgenritual vor dem Start um 10:00 ist schon gut einstudiert. Die heutige Etappe wird die einzige sein, die wie geplant durchgeführt werden kann. Der Start erfolgt wieder neutralisiert und es geht hinauf in die Ramsau Richtung Lodenwalker - eine Gegend, die ich gut aus dem Winter kenne. Der flowige Waldweg wird ringsum von wunderschönen Ausblicken auf Dachstein und Co. gesäumt. Vorbei am Fliegenpilz - einer kleinen Jausenstation - geht’s runter Richtung Haus im Ennstal. Die erste Labestation befindet sich direkt am Parkplatz der Seilbahn, super für alle Betreuer zu erreichen. Hier muss man den Veranstalter gleich loben, alle TFZ’s der Etappen sind schnell und unkompliziert mit dem Auto erreichbar, das ist nicht immer so. Und auch wenn man so wie für die zweite TFZ am Hauser Kaibling die Seilbahn benötigt, ist das kein Problem, da die Benutzung mit der Schladming/Dachstein-Gästekarte, die man in jeder Unterkunft bekommt, kostenlos ist.

Der gleichmäßige Anstieg auf den Hauser Kaibling, der zugleich der östlichste Punkt der Schladminger 4-Berge-Schischaukel ist, kommt mir sehr entgegen. Ich kann ohne Krämpfe und mit gutem Tempo der Bergwertung entgegenfahren. Oben am Hauser Kaibling geht es bei der Krumholzhütte durch die zweite TFZ und rauf auf den Gipfel. Nach dem Gipfel führt die Strecke über einen mit vielen Schneefeldern gesäumten Weg Richtung Planai. Ein weiterer Weg, den ich vom Skifahren kenne. Es ist schlichtweg genial, die ganzen bekannten Wege aus dem Winter auch mal auf dem Rad zu erleben. Dann ging es noch über steile, schmale Wurzeltrails weiter hinauf auf die Planai. Hier ist besonders die sehr gute Streckenmarkierung hervorzuheben. Selbst ich, bekannt als regelmäßiger „Falschfahrer“ hatte bei der Alpentour keinerlei Probleme, den richtigen Weg zu finden. Das Highlight der dritten Etappe war für mich die Abfahrt über den Flowtrail im Bikepark. Voll in meinem Element konnte ich so noch acht Plätze gutmachen und rollte mit einem Grinsen als 35. durchs Ziel. Im GC arbeitete ich mich an diesem Tag auf den 33. Rang vor. Da die heutige Etappe nur knapp drei Stunden dauerte, blieb mir länger Zeit zum Regenerieren vor dem Abendessen. Der letzte Abend war der Australien-Abend. Da die beiden Organisatoren der Alpentour Regina und Gerhard auch seit vielen Jahren die Crocodile-Trophy in Australien organisieren, gab es hier einen großartigen Bericht zu sehen. Unglaublich, welche Distanzen schon vor mehr als 20 Jahren mit abenteuerlichem Material bewältigt wurden. Als Highlight gab es für je eine Dame und einen Mann einen Startplatz für die Crocodile Trophy 2019 zu gewinnen.

Strava

Tag 4, Sonntag, 09.06.2019, EZF Planai

Wie auch im letzten Jahr, fand das Bergzeitfahren auf die Planai in gestürzter Startreihenfolge statt. Sprich, der langsamste der Gesamtwertung startet als Erster und dann folgt alle 20 Sekunden ein weiterer Fahrer, bis schließlich der Gesamt-Führende als Letzter ins Rennen startet. Durch dieses Konzept kommen nahezu alle gleichzeitig im Ziel auf der Schafalm an und den Zuschauern wird ein tolles Spektakel geliefert. Es galt, knapp 1150 hm auf 9 km zu überwinden. Anders als die Jahre zuvor, musste der Uphill über den extrem steilen und teilweise gatschigen Flowtrail gefahren werden. Das Bergzeitfahren war extrem hart und trotz meines leichtesten Gangs von 34 zu 50 kam ich selten über 60 RPM hinaus. Ich verlor viel Zeit, konnte jedoch zum Glück meinen 33. Platz im GC halten. Völlig erschöpft erreichte ich das Ziel auf der Schafalm. Belohnt wurden alle Teilnehmer mit Traumwetter und dem wohl schönsten Ausblick auf den Dachstein und die umliegenden Berge.

Um rechtzeitig um 14:00 bei der abschließenden Pasta Party im Kongress zu erscheinen, machte ich mich bald auf den Rückweg runter ins Tal. Dort gab es dann eine große Auswahl an verschiedensten Nudelgerichten. Von Spaghetti über Fusilli bis hin zu Lasagne – „Pasta Party Deluxe“ quasi. Anschließend fand noch die finale Siegerehrung statt und die Top-Platzierten konnten sich ihr wohl verdientes Preisgeld abholen. Voller schöner Eindrücke trat ich erschöpft aber zufrieden die Heimreise an.

Strava

Fazit

Ich kann die Alpentour einfach jedem begeisterten Radfahrer ans Herz legen. Die perfekte Organisation, gepaart mit einer traumhaften Landschaft und gutem Essen gibt es in dieser Form wohl nicht oft. Vor allem das besondere an der Alpentour, der Etappenstart immer am gleichen Ort spart Geld, Zeit und Nerven. Nichtsdestotrotz gibt es jeden Tag tolle neue Wege zu erkunden. Auch habe ich mir vor meinem Start gedacht, dass die Abfahrten wohl eher schotter-lastig und wenig spannend werden, hier wurde ich allerdings eines Besseren belehrt - auch begeisterte Trail-Fahrer kommen bei der Alpentour voll auf ihre Kosten. Ich hoffe, ich kann nächstes Jahr wieder bei der Alpentour starten und die neuen Erfahrungen aus diesem Jahr nutzen. Übrigens, die Anmeldung für 2020 ist schon möglich. ;)

Bis bald auf den heimischen Trails und Liebe Grüße, Martin Rauscher

Disclaimer

Die Teilnahme erfolgte auf Einladung des Veranstalters, die Fotos wurden durch Sportograf aufgenommen.

Fotos // In Velo Veritas 2019

Manchmal wäre es vergebene Liebesmühe, einen Text zu verfassen - zum Beispiel, wenn es einen Bericht von “NoMan” auf Bikeboard gibt, der an Virtuosität und Leidenschaft eigentlich nicht mehr zu übertreffen ist. Der großartige Nachbericht ist unter diesem Link zu finden!

Darüberhinaus alle Infos, Berichte zur In Velo Veritas 2019 in und rund um Poysdorf und noch einen Haufen mehr Fotos hier!

Fotos // VICC Race Day #4