Was bringt 2019

Wie der Keks-Teller meiner Schwiegermutter füllen sich dieser Tage auch wieder laufend jene Listen mit Vorsätzen und Plänen, die man sich fürs anlaufende Jahr vornimmt, auf die Fahnen heftet oder gar lauthals in die Welt hinausschreit (auf dass diese Verbindlichkeit nicht zum Verhängnis wird). Neben rein keks-induzierten Vorsätzen - bei mir dauert die “Reparatur” der weihnachtlichen Gewichtszunahme erfahrungsgemäß mehrere Wochen - möchte ich wie jedes Jahr einige meiner Ideen für 2019 formulieren, wie immer ohne Reihung, Wertigkeit und endgültige Verbindlichkeit. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich viele Dinge erst unterjährig und meistens auch recht spontan ergeben, einige davon stellen sich dann als die besten Unternehmungen heraus - besser als man sie je hätte planen können…

Zwift

Mit ein paar Ausdauereinheiten auf der Rolle werde ich erst einmal die überzähligen Kilos beseitigen, die sich zuletzt angesammelt haben. Ich setze hier wie gehabt auf Zwift, die Trainingsplattform bietet aus meiner Sicht den besten Mix aus Leistung, Abwechslung und Spaß. Um den virtuellen Welten allerdings auch einmal einen Offline-Anstrich zu verpassen, freue ich mich besonders darauf, dass die alljährliche “Zwift x Wahoo-Tour” 2019 auch in Wien Halt machen wird. Am 18. Jänner 2019 bin ich daher im “WeXelerate” zu finden, gemeinsam mit ein paar anderen Verrückten, Begeisterten und Fans.

Weitradln

Es geht chronologisch weiter und gleichzeitig bildet der Februar so etwas wie einen Startschuss in die “ernste” Saisonplanung. Ich habe mir einen Vortrag von Christoph Strasser am 16. Februar im Audimax in Wien ausgesucht, der für mich symbolisch als Startpunkt für mein größtes Vorhaben 2019 dienen soll - mein persönliches Race Around Austria. Wer soll mich geistig und psychologisch besser auf ein derartiges Projekt einstimmen, als Mr. Weitradlfoarn Christoph Strasser.

Nach zwei Jahren, die ich das Race Around Austria mit der Kamera begleitet habe, kann ich 2019 nicht mehr anders, als selbst in die Pedale zu treten. Zu verlockend war und ist das Gefühl bei jedem Starter, der die Rampe in St. Georgen verlässt, mich selbst auf den Weg zu machen. Es wird die Einsteigervariante werden - die Race Around Austria Challenge, bei der 560 Kilometer rund um Oberösterreich zurückzulegen sind. Wie das funktioniert, haben Tini und Andi von geradeaus.at im vergangenen Jahr eindrucksvoll vorgemacht. Ich hoffe, dass sie mich mit wertvollen Tipps unterstützen, genauso wie ich jede und jeden ausfragen und ausquetschen werde, der mir in den letzten Jahren beim RAA begegnet ist und mir sachdienliche Hinweise geben kann. Die Vorbereitung macht jedenfalls schon einmal Spaß, hab ich doch schon während der Weihnachtsfeiertage etwas Zeit gehabt, mir über ein paar Dinge Gedanken zu machen und Pläne zu schmieden.

Wie genau die Vorbereitung für das RAA aussehen wird, ist noch nicht fixiert. Es gibt hier weder einen Trainingsplan noch irgendwelche anderen Vorgaben, einziger Plan ist derzeit, möglichst viele Kilometer auf dem Rad zu verbringen. Der Rest ergibt sich auf der Reise dorthin - wer an dieser Stelle ob dieses Auswuchses an Chaos und Planlosigkeit die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, der sei beruhigt… Bis jetzt bin ich so ganz gut gefahren und habe auch vor, das so weiterzuführen. Mir ist nun einmal wichtig, dass auch der Weg zum Ziel Freude bereiten soll und nicht nur die Zieleinfahrt… Da wird sich aber bestimmt noch einiges tun in den nächsten Monaten und ich werde natürlich entsprechend berichten - hier und auf allen anderen Kanälen!

Rennkalender

Damit bis zum “D-Day” Mitte August auch sicher einige längere und flottere Einheiten dabei sind , hab ich den Rennkalender durchstöbert, um mir folgende Veranstaltungen vorzumerken: Osttirol im Juni bleibe ich treu, allerdings ist der Plan, statt der Dolomitenradrundfahrt auf die längere Strecke des Super Giro Dolomiti zu wechseln. Auch auf die längere Strecke wechseln werde ich bei den Wachauer Radtagen im Juli. Hier wird mein Verein - PBIKE - wohl wieder die inoffiziellen Vereinsmeisterschaften austragen, außerdem ist die Veranstaltung vor den Toren Wiens mittlerweile zu einem Fixtermin in meinem Radjahr geworden.

Wachauer Radtage (c) Sportograf

Offen ist, ob derzeit kursierende Ideen (Verbindlichkeit irgendwo zwischen Schnapsidee und Hirngespinst) Realität werden, und wir als Verein bei einem der Langstreckenrennen an den Start gehen, die Juni und Juli in den Rennkalendern zu finden sind. Glocknerman am 20. Juni oder Kaindorf am 20. Juli sind zwei dieser Möglichkeiten. Ein Start dort würde eine gute Vorbereitung auf das Race Around Austria bedeuten, außerdem nimmt das Team wohl etwas den Schrecken vor der Herausforderung. Kaindorf bietet neben dem klassischen 24h-Rennen auch die Möglichkeit eines 6h- oder 12h-Rennens, also auch eine Einstiegsmöglichkeit “light”. Hier müssen allerdings noch einige Vereinsabende vergehen, bis diese Ideen endgültig spruchreif sind und danach möglicherweise Realität werden.

Mitunter etwas gemütlicher geht es bei zwei anderen Veranstaltungen zur Sache, die ich mir ebenfalls einmal mit Bleistift in meinen Kalender eingetragen habe. Nummer 1 ist die In Velo Veritas, die Fahrt mit klassischen Stahlrennern durchs niederösterreichische Weinviertel. In den letzten Jahren stand ich vor dem schier unlösbaren Problem, dass In Velo Veritas und Dolomitenradrundfahrt immer am gleichen Wochenende stattfanden, und ich dabei (auch familienbedingt) immer Osttirol den Vorzug gegeben habe. 2019 finden die beiden Veranstaltungen an unterschiedlichen Terminen statt, Gelegenheit also, endlich wieder einmal mein Select “Weltrekordrad” auszumotten, mein Wolltrikot anzuziehen und von einer weingetränkten Labe zur nächsten zu radeln. Die gleichen Akteure sind auch beim zweiten Vorhaben am Werk, einer Fernfahrt von Wien nach Hamburg, die zur Feier des 150-jährigen Bestehens des ABC Altonaer Bicycle Club anhebt.

Mit ein paar mehr Trainingskilometern und der absolvierten Race Around Austria Challenge stehen im September schließlich noch zwei weitere Aufgaben an. Beim Velorun in meiner ehemaligen Heimatstadt Baden gilt es wieder, auf meinen damaligen Hausrunden einige “Personal Bests” in die Höhe zu heben. Und auch beim King of the Lake - dem Zeitfahren rund um den Attersee - ist eine neue Bestzeit fällig, wieder auf dem Zeitfahrer nämlich, nachdem ich ja dieses Jahr mit den Rennrad unterwegs war.

Bucket-List

Abseits von Rennen und organisierten Veranstaltungen harren auch unzählige Projekte auf meiner ganz persönlichen Rad-Bucketlist ihrer Erfüllung. Je nachdem, wann sich was und wie ausgeht, besteht die Speisekarte aus Vrsic und Mangart als Vorspeise, Stelvio als Hauptgang und ein paar Dolomitenpässen als Dessert. Auch der Mont Ventoux übt einen großen Reiz aus, hier ist aber die Anreise einfach sehr, sehr, sehr weit…

Fotos

Neben aktiver Zeit im Sattel ist mir auch Zeit hinter der Kamera wichtig. Ich bin jedenfalls wieder mit Kamera und Telefon bei der Österreich-Rundfahrt im Juli mit von der Partie - es waren tolle Erfahrungen, die ich bei meiner Premiere in diesem Jahr sammeln konnte, das möchte ich fortsetzen.

Aber auch beim Wiener Bahnorama im Dusika-Stadion, den VICC-Rennen auf der Donauinsel und wann immer es die Zeit erlaubt, werde ich mich mit der Kamera auf die Lauer legen, um den einen oder anderen Schnappschuss zu erhaschen.

Fotos werden demnach auch ein wesentlicher Pfeiler der Inhalte von 169k bleiben. Daneben möchte ich aber noch andere Bereich erschließen - erste Videos sind in Arbeit, Interviews ebenso. Für 2019 sind hier einige Neuerungen und Schmankerl vorgesehen, dranbleiben lohnt sich also!

N+1?

“Brauchen” wäre in diesem Zusammenhang sowieso das falsche Wort, “wollen” passt auch nicht so wirklich, hab ich doch für fast jeden Einsatzzweck geeignetes Gerät. Ein Zeitfahrer steht immer wieder mal auf der Wunschliste, für Race Around Austria und King of the Lake wäre so ein Rad außerdem schon ganz praktisch. Meinen Crosser habe ich hingegen ein bisschen auf “Adventure-Bike” umgebaut (näheres hier in Kürze) - die Idee dahinter ist, ein Rad für alle Einsatzzwecke zu haben (Straße, Cross und MTB light). Hier bin ich noch etwas am Tüfteln, da diese Einsatzbereiche einfach unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen, die mitunter nicht ganz einfach unter einen Hut zu bringen sind. Abhängig davon, ob ich mit meiner derzeitigen Plattform (dem alten Crosser) das Auslangen finde oder nicht, wird es hier vielleicht ein N+1-Aufbau-Projekt geben.

So irgendwie “N+0,5” wird es im Frühjahr aber jedenfalls geben. Damit der Nachwuchs auch Radluft schnuppern kann und gleichzeitig die Trainings-Zeiteinteilung etwas effektiver wird, ist ein Radanhänger in Anschaffung - nicht für Gran Fondos, sehr wohl aber für kurze Ausfahrten auf der Donauinsel oder ähnliches. N+0,1 hingegen wird das erste Laufrad für den Junior - fast so schön, wie ein Rad für sich selbst zu kaufen!

Laufen

Sowohl aufgrund des Trainingseffekts als auch aus Zeitgründen, werde ich 2019 auch wieder öfters die Laufschuhe schnüren. Mit ein paar Kollegen wird es eine Staffel beim Vienna City Marathon im April geben, darüber hinaus möchte ich abseits ausgetretener Pfade mit Rucksack und GPS höher hinaus - in die Berge nämlich. Ob das dann Trailrunning ist oder Wandern oder schnelles Spazieren ist nebensächlich, das Naturerlebnis und die Berge stehen dabei im Vordergrund,

Neben allen Leistungen soll nämlich auch 2019 wieder die Freude als wesentlicher Antriebsgrund im Vordergrund stehen. Platzierungen sind mir seit jeher relativ egal, Rekorde sowieso - wichtiger das Erlebnis, die Erfahrung und die Erkenntnis, was man alles leisten kann und möchte (und leisten kann, WENN man es denn möchte).

In diesem Sinne einen schönen Start ins neue Jahr. Ich hoffe, den einen oder die andere (wieder) zu treffen - egal ob an einer Startlinie, bei einer Ausfahrt oder bei einer anderen Gelegenheit. Ich freu mich!

Jahresrückblick 2018

Es mag unorthodox erscheinen, den Jahresrückblick mit einem Einblick in familiäre Gewohnheiten von Jungeltern zu beginnen. Dennoch hat die Geburt meines Sohnes Ende 2017 den größten Einfluss auf mein abgelaufenes Rad(sport)jahr 2018 gehabt. Es soll an dieser Stelle keinesfalls abgewägt werden, welche Wertigkeiten Radfahren und Familie jeweils haben und ob oder wie diese gegeneinander zu werten sind (diese Reihung steht für mich außer Frage!). Es war schnell klar - und liegt irgendwie auch auf der Hand - dass Elternsein Zeit benötigt, Zeit, die für andere Dinge nicht zur Verfügung steht.

Dementsprechend steht das Jahr 2018 unter dem - zugegebenermaßen etwas abgedroschenen - Motto Qualität statt Quantität. Aus den jedes Jahr grundsätzlich vorgenommenen 10.000 Kilometern am Rad haben zu Jahresbeginn 8.000 als Jahresziel eine Festlegung auf Strava erfahren. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass es nunmehr mit Ach und Krach 6.000 werden. Weniger als geplant, anders in ihrer Charakteristik, anders verteilt aber trotz allem sehr unterhaltsam und sinnstiftend.

Es wurden weniger lange Ausfahrten - auch logisch, benötigen diese doch am meisten Zeit. Die angestrebten Brevets, Radreisen und Erkundungsfahrten quer durch Österreich nehme ich daher mit ins nächste Jahr. Die längste Ausfahrt war dieses Jahr 150 Kilometer lang und noch dazu ein Rennen. Außerdem war ich sehr viel auf der Rolle und in den virtuellen Tiefen von Zwift unterwegs. Keine Angst, die Sorgen eines „Second Life“ sind unbegründet, die Vorteile der Zeiteinteilung und der kurzfristigen Verfügbarkeit liegen aber im Familienalltag auf der Hand - eine Stunde Zeit? Kurz auf die Rolle!

Und dann war da noch mein Rücken, der mir im Februar und März einen Strich durch etwaige Ambitionen gemacht hat. Verspannt, verkühlt, verkürzt, schlechtes und viel Sitzen, keine Core-Muskulatur - so ungefähr geht die Geschichte. Die Lehren daraus waren nachhaltig, konnte ich mich doch mehrere Wochen gar nicht bis wenig bewegen, geschweige denn Radfahren. Rückenübungen, Stabilisations- und Bewegungstraining sowie Yoga stehen auf dem Speiseplan - die Überwindung wertvolle „Radzeit“ für derartige Ergänzungen zu “opfern”, hält sich zwar naturgemäß in Grenzen, der nachhaltige Nutzen und damit verbunden die körperliche Gesundheit haben allerdings einen weitaus höheren Wert. Die entsprechenden Übungen dazu werde ich hier noch an anderer Stelle vorstellen.

Das eigentlich Jahr hat demnach Anfang April begonnen, mit einem Ausflug nach Istrien mit Tini & Andi von geradeaus.at, den ich nur dank einiger Zwift-Einheiten im Vorfeld halbwegs würdevoll absolvieren konnte. Trainingslager als solches sind bei mir irgendwie nicht so verankert oder etabliert, ich war eigentlich immer gerne (und meistens auch gut) zuhause unterwegs. Allerdings sehe ich den Nutzen und Mehrwert eines Trainingslagers absolut ein und werde dies auch in Zukunft einplanen. Kroatien als wertvolle Alternative zu den Klassikern wie Mallorca steht bei mir hoch im Kurs.

Entgegengekommen ist mir - und jeder anderen Radlerin und jedem anderen Radler - wohl der Umstand, dass der Sommer bereits im April begonnen hat (und bis Ende Oktober gedauert hat). April, Mai und Juni standen daher im Zeichen sonniger, unterhaltsamer und entspannter Ausfahrten auf den Wiener Standard-Routen. Spaß war wichtiger als Trainingseffekt, mehr als zwei Ausfahrten pro Woche waren sowieso nicht drinnen.

Anfang Juli dann die Österreich-Rundfahrt als Fotograf und am Wochenende danach die Wachauer Radtage recht am Anschlag. Tief vergraben war da doch noch etwas Ausdauer und Kondition vorhanden, sich ab und zu etwas zu quälen macht mir ja - trotz eigentlich fehlendem Ehrgeiz - doch Spaß. Nach einem kurzen Berg-Trainingslager in Osttirol führte der Weg noch weiter in den Westen - zum Arlberg Giro. Ich werde wohl kein Bergfahrer mehr, die Höhenmeter hinauf auf die Bielerhöhe waren zwar wunderschön - Kehre für Kehre, aber auch anstrengend - Kehre für Kehre. Es ist ein Dilemma - bei meiner Größe und meinem Gewicht wird es wohl immer anstrengend sein, einen Berg hinaufzufahren, gleichzeitig ist ein erarbeiteter Pass aber mit das Schönste, was man auf dem Rad erleben kann. Glücklicherweise ruiniere ich mir alle Segment-Zeigen ohnehin durch unzählige Foto-Pausen, damit kann ich die Auffahrt dann auch entsprechend genießen - ganz ohne Druck.

Mitte August steht traditionell das Race Around Austria auf dem Programm und - Achtung Spoiler! - das wird es auch im nächsten Jahr. Zwischen Fotografieren und den Fahrern auf ihrer Runde um Österreich nachjagen, war noch etwas Zeit, die wunderbaren Hügel des Attergau zu erkunden. Güterwege wie dort findet man sonst nur selten, die Routenvarianten sind zahlreicher als die zur Verfügung stehende Zeit und Kraft in den Beinen. Nicht nur aufgrund des RAA habe ich die Gegend rund um den Attersee sehr lieb gewonnen und dort auch Freunde gefunden, die ich nicht mehr missen möchte. „Rund um den Attersee“ ist dann auch das Stichwort für ein weiteres Highlight, den King of the Lake. 2018 auf dem Rennrad - statt wie im Jahr zuvor auf dem wackligen Zeitfahrer - war ich mit meiner Leistung zufrieden, Luft nach oben bleibt aber immer. Das Event an sich ist aber ein Erlebnis, das jede*r Radler*in in seinem/ihrem Palmarés stehen haben sollte.

Der restliche September war durch die UCI Straßen-WM in Innsbruck geprägt. Es war ein großer Spaß, mit der Kamera mitten im Getümmel zu sein, die Fahrer*innen, die Rennen und die Stimmung live mitzuerleben. Die Fotos schaue ich mir noch heute gerne an und erlebe dabei jeden Moment der Weltmeisterschaften intensiv wieder. Das Rad war in Innsbruck mit dabei, mehr als eine kurze Ausfahrt im Regen vor einem der Profirennen war allerdings zeitlich nicht möglich. Ergiebiger war da der kurzfristig nach der WM anberaumte Besuch bei den Organisatoren des Sportful Dolomiti Race in Feltre, obwohl bei Minusgraden am Passo Manghen die Knie zu schlottern begonnen haben.

Der beginnende Winter bringt Zwift wieder ins Spiel. Knappe zeitliche Ressourcen, tiefe Temperaturen und Dunkelheit lassen mich hauptsächlich auf der Rolle überwintern. Wichtig dabei ist, sich und die Leistungen auf Zwift richtig (und kritisch) einzuschätzen. Rollentraining ist Rollentraining und die erste Ausfahrt im Frühling ist dann noch einmal ganz was anderes. Jeder der glaubt, dass er - wie Zwift manchmal suggerieren würde - im Frühjahr mit 150 Watt mit 34 km/h Schnitt Bäume ausreissen wird, irrt und sollte sich selbst einmal sanft hinterfragen. Der Schlüssel liegt in einer realistischen Einschätzung und der Erkenntnis, dass Rollentraining zwar ein wichtiger Beitrag zur Form des kommenden Jahres sein kann - ein guter Platz bei einem Zwift-Rennen macht einen allerdings noch nicht zum Anwärter auf den nächsten Ötzi-Sieg.

Zum Jahresausklang zieht es mich meistens aus der Stadt. Silvestergeballere, Trinkgelage und Lärm werden weit in den Hintergrund verdrängt - Ruhe, Erdung und (wenn man so will) Andacht sind mir da wichtiger. Wo lässt sich dies besser erfahren als in den Bergen oder in der Natur. Dort relativieren sich dann auch wieder alle (vermeintlichen) Ansprüche und Ziele, die man sich Monate zuvor gestellt hat und erhält für dich selbst, was zählt und wichtig ist.

Wiener Bahnorama 14.12.2018

Geschenktipps 2018

Der 24.12. nähert sich mit schnellen Schritten, die Einkaufssamstage werden immer weniger und mit ihnen die Gelegenheiten, noch das eine oder andere Geschenk für den Liebsten oder die Liebste oder einfach für sich selbst zu ergattern. Als kleine Hilfestellung und Inspiration habe ich neun unterschiedliche Tipps gesammelt, die als Geschenk durchaus eine gute Idee sein könnten. ;)

Isadore Ovada Baselayer

Wer auch im Winter draußen unterwegs ist oder sein möchte, kommt um eine gute Ausrüstung - und dabei besonders um gutes Gewand - nicht herum. Ich experimentiere schon seit langem mit unterschiedlichen Bekleidungskonzepten - Zwiebelprinzip, Baselayer ja, Baselayer nein, dicke Jacken, dünne Jacken… ich habe schon recht viel ausprobiert. Umso mehr freue ich mich, wenn ich ein Teil gefunden habe, das sich durch Funktion und Stil einen Fixplatz im Bekleidungsset meines Herzens erarbeitet. Der Ovada Deep Winter Baselayer ist eines dieser seltenen Stücke.

Rollkragen für einen warmen Hals und damit auch keine Zugluft am Hals und auf der Brust, eine Front aus Windstopper-Material, die dafür sorgt, dass der Oberkörper an der Vorderseite gut geschützt ist - immerhin der Ort, wo am meisten Wind hinkommt - und ein samtweiches Merinomaterial an den restlichen Stellen, das wärmt, geruchsneutral und noch dazu angenehm zu tragen ist (und nicht wie manch andere Merino-Produkte, die dann doch etwas kratzig sind).

Ich trage den Baselayer direkt auf der Haut, ein Langarm-Trikot darüber (das muss nicht unbedingt ein besonders dickes Trikot sein) und eine Jacke drüber (je nach Witterung und Intensität) - alles warm, alles trocken, alles gemütlich! Wer auf der Isadore-Homepage fündig wird, kann übrigens als 169k-Leser einen satten 20%-Rabattcode nützen - einfach beim Checkout “169k.net” eingeben!

Infos zum Produkt: https://isadore.com/ovada-deep-winter-baselayer-men

Monkey Sox

Instagram dient nicht nur als Fotogalerie und Werbebühne, ab und zu stößt man auch auf besondere Geschichten und die Menschen dahinter. Ich habe vor kurzem Lianne und James “gefunden” - beide radbegeistert und viel und oft im Sattel, trotz einer Multiple Sklerose-Diagnose, die bei James vor zwei Jahren gestellt wurde. So etwas verändert natürlich die Sichtweise auf viele Dinge, kann aber nicht die Begeisterung für den Radsport mindern, auch wenn die Zukunft mitunter etwas ungewisser erscheint.

Unter ihrem Label “Monkey Sox” designen und verkaufen die beiden Radsocken - die man natürlich auch in der Freizeit vorzüglich tragen kann. Die Hälfte der Erlöse dieser Verkäufe spenden die beiden Projekten, die sich mit Multipler Sklerose beschäftigen. Ich habe meine Socken bestellt, ein paar mehr oder weniger in meinem Kasten tut auch nicht mehr weh, und es ist für einen guten Zweck ;)

Infos und Bezugsquellen: https://www.mrmonkeysox.com oder https://www.sigmasports.com/

Zwift T-Shirt

Zwift hat mein Herz erobert, daraus kann ich kein Geheimnis machen - zu voll mit Bildern aus Watopia, London und New York sind meine Facebook-Timeline, mein Strava-Feed und meine Instagram-Stories. Um die Lauffunktion von Zwift zu testen (näheres dazu in den nächsten Wochen hier auf 169k) habe ich gerade erst einen Running Pod von Zwift bestellt - dieser stellt die Verbindung zwischen dem Laufschuh/Läufer und Zwift her. Nachdem ich aber schon den Zwift-Onlineshop geöffnet hatte, waren ein, zwei weitere Klicks schnell gesetzt und jetzt bin ich stolzer Besitzer eines Zwift-T-Shirts.

Erhältlich in schwarz oder weiß, mit schönen Zwift-Logos auf der Brust und im Nacken und aus hochwertiger Baumwolle gefertigt trägt man damit das “Z” in die Welt hinaus und jeder weiß gleich, dass hier ein Winter-Trainingsweltmeister oder eine Trainingsweltmeisterin vor einem steht. Besonders schön finde ich übrigens die kleine “Designed in Watopia”-Schleife am Saum des Shirts.

Infos: https://zwift.com / Shop: https://zwift.com/shop

Buch “Vintage Räder”

Alte Renner aus Stahl sind schon lange kein Geheimtipp oder Nische mehr. Diverse Klassiker-Rennen á la Éroica auf der ganzen Welt, ein großer Markt für altes Gerät und die dazugehörigen Lifestyle-Artikel zeugen von einem eigenen Wirtschaftszweig. Die Auswahl der dazugehörigen Literatur ist auch beträchtlich, genaues Hinschauen trennt hier jedoch die Spreu vom Weizen. Einer meiner bisherigen Favoriten ist “Legends of Steel” von Bengt Stiller - nicht nur weil ich Bengt gut kenne und seine Arbeit sehr schätze. Mit “Vintage Räder” von Gianluca Zaghi findet jetzt aber eine Erweiterung meiner Favoriten statt.

Das Buch aus dem Covadonga Verlag ist toll verarbeitet, sehr wertig und schön anzugreifen und anzuschauen. Und wie als Kontrapunkt zu elektronischen Schaltungen, Karbon und High-Tech geht es in diesem Schmuckstück von Buch um klassisches Handwerk, Maschinen, Polierpasten, Dreher-Werkzeug und Patina-überzogene Werkstätten. Alles über Rahmenformen, Geometrie, Arbeitsschritte, Pflegehinweise - man sollte Lust am Angreifen und Anpacken mitbringen. Das Buch schafft es jedenfalls, Lust auf schmutzige Hände zu machen und in der Sekunde in der Wohnung einen freien Platz für eine Werkstatt zu suchen.

“Vintage Räder” von Gianluca Zaghi ist im Covadonga Verlag erschienen und im Buchhandel oder auf Amazon erhältlich.

Bikefitting Pbike

Gutscheine zu schenken, mag rund um Weihnachten oft als Notlösung gesehen werden, außer es handelt sich um wirklich praktische und sinnvolle Dinge, wie zum Beispiel ein Bikefitting. Ich habe schon oft gesagt, dass mir schwer bis nicht begreiflich ist, wie viele Menschen mehrere Tausend Euro für ein Rad ausgeben und dann “nichts mehr übrig haben” für ein ordentliches Bikefitting. Dieses ist mit ein Garant für eine spaßerfüllte, vor allem aber auch gesunde und hoffentlich schmerzfreie Zeit im Sattel. Dementsprechend hoch sollte der Stellenwert eines Fittings sein und jede*r sollte ein solches für sein oder ihr Rad in Anspruch nehmen, wenn man halbwegs ambitioniert unterwegs sein will.

Ich habe bereits zwei Blogposts über die Bikefittings bei P.Bike geschrieben (statisch und dynamisch), ich hab diese selbst für meine Räder in Anspruch genommen und für das erst letzte Woche passierte “N+1” wird das auch wieder der Fall sein. Als Geschenk eignet sich ein Bikefitting-Gutschein vielleicht gerade deshalb, weil Geschenke ja oft Dinge sind, die man sich selbst nicht kaufen oder machen würde…

Infos und Preise: http://pbike.at

Middle East Cycling Tour

Der Kalender ist mittlerweile voll mit Veranstaltungen, Rennen, Marathons, Trainingslagern und Vereinsfesten. Wer dabei auf der Suche nach etwas Ausgefallenerem ist, außerdem dazu bereit ist, etwas “out-of-the-box” zu denken, Reisefreude besitzt und Teil von einem größeren Projekt sein möchte, dem sei der Blick auf die “Middle East Cycling Tour (for global peace")” ans Herz gelegt. Bei diesem Etappen”rennen” geht es durch Jordanien und Israel in einer großen Gruppe, organisiert und geleitet. Die “Friedensmission” im Titel klingt vielleicht etwas hochtrabend, soll jedoch die Grundintention des Verbindenden widerspiegeln. Von Jordanien geht es über mehrere Etappen nach Israel, Ziel ist in Jerusalem.

Nicht erst seit dem Giro-Start in Israel diesen Sommer boomt dort der Radsport, an allen Ecken und Enden tauchen Radfahrer und die dazugehörigen Infrastrukturen auf. Die Tour soll nicht zuletzt auch den Radsport in der Region in den Fokus ziehen, Wetterbedingungen und Klima sind für ein Trainingslager ebenso geeignet wie auf Mallorca oder Lanzarote. Wer also Lust auf etwas Neues hat und am Vereins-Stammtisch mit anderen Geschichten auftrumpfen will als “neulich auf dem Col de Soller…” - warum nicht Jordanien und Israel.

Infos dazu auf der Homepage: https://www.metour.info/de/home

Fotos: Middle East Cycling Tour

Brooks Rucksack

Nicht spezifisch für das Rennrad sondern eher für den Alltag am Rad ist der Brooks “Pickwick” Rucksack geeignet. Laptopfach, drei kleinere Fächer - eines davon mit Reißverschluss, ein großes Hauptfach - Platz genug für - in meinem Fall - Laptop, Kamera und alles mögliche an Kleinzeug. Wer mich auf der Straße sieht, wird immer diesen Rucksack an meinem Rücken kleben sehen, seit ich (wieder) mit dem Rad in der Stadt unterwegs bin, trage ich keine Umhängetaschen mehr, der Rucksack ist am Rad einfach angenehmer.

Ich persönlich bin damit auch bei Wind und Wetter unterwegs, das Material bekommt mit der Zeit eine Art Patina, bleibt aber voll funktionsfähig. Es gibt auch eine gewachste Version des Rucksacks, die hält dem Regen dann noch besser stand.

Infos: https://www.brooksengland.com/en_eu / Bezugsquellen: http://pbike.at, Amazon

Vortrag Christoph Strasser

Christoph Strasser fasziniert mich als Person und Radfahrer - mit jedem Mal mehr, wo ich ihn in Action erlebe (wie dieses Jahr beim King of the Lake und beim Race Around Austria) und auch seitdem ich seine Biographie gelesen habe. Christoph hält seit Jahren Vorträge, in denen er über sich, seine sportlichen Erfolge und seine Herangehensweise für derartige Projekte erzählt. Das ganze als sprödes Motivationsseminar zu bezeichnen, wäre falsch - ich denke es geht vielmehr darum, aus seinen Geschichten und Aussagen die Essenz herauszuarbeiten, die für jede*n individuell dazu geeignet ist, die persönliche Motivation wiederzufinden oder zu steigern. Wer also im nächsten Jahr Großes vorhat, sich für Ultracycling interessiert oder aber auch einfach ein paar sehr unterhaltsame Geschichten vom Doyen des Ultracycling hören möchte, der findet auf der Homepage Ultracyclingshop.com alle Termine der kommenden Veranstaltungen.

Führungstrikot Tour of the Alps Pinot

Ich persönlich versuche ja, keine Team-Trikots zu tragen. Nicht wegen irgendwelchen Regeln (Velominati-Rule #17: “Team kit is for members of the team”) sondern weil es stilistisch einfach nicht meines ist. Mit Führungstrikots verhält es sich ähnlich, signierte Trikots sind wiederum eine ganz andere Geschichte. Die hängt man sich eher an die Wand oder betet sie - je nach Verehrungsgrad des Fahrer, der Fahrerin oder der Veranstaltung - anderweitig an. Als Geschenk eignen sich solche Trikots hingegen hervorragend, fallen sie doch wiederum in die Kategorie “würde man sich selbst vermutlich nicht kaufen” oder “gibt es schlichtere so nicht zu kaufen”.

Thibaut Pinot vom französischen Team FDJ hat dieses Jahr die Tour of the Alps für sich entschieden. Ein von ihm signiertes Leader-Trikot ist damals (über Sport.Tirol) 169k in die Hände gefallen und es wurde sorgsam aufbewahrt auf der Suche nach einer würdigen Gelegenheit, es zu verlosen. Diese Gelegenheit ist nun gekommen, das von Pinot signierte Trikot wird daher unter allen Eintragungen in das untenstehende Formular verlost - auf dass es jemanden am 24.12. glücklich macht!

(Foto Tour of the Alps: Copyright “Pentafoto”)

Ein von Thibaut Pinot signiertes Leadertrikot der Tour of the Alps 2018 wird unter allen Eintragungen verlost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, es ist keine Barablöse möglich. Im Zuge des Gewinnspiels bekanntgegebene Emailadressen werden auch für den Newsletter von 169k eingetragen. Die Bekanntgabe der Gewinnerin oder des Gewinners erfolgt auf der Facebookseite von 169k am 20.12.2018. Der Gewinner oder die Gewinnerin wird außerdem per Mail verständigt.

(M)eine kleine Kamerakunde (2018)

Vor knapp zwei Jahren habe ich einen Artikel geschrieben, in dem es um mein Kameraequipment, meine Favoriten und Missgriffe und auch etwas über das Fotografieren beim Radfahren an sich ging (nachzulesen: Hier!). Da sich in der Zwischenzeit einiges getan hat, gibt es hier und heute einen Versuch eines Updates dieses Beitrags.

Radfahren und Fotografieren

Manche Dinge sind gleich geblieben - wie zum Beispiel die Tatsache, dass ich nie mit dem Rad unterwegs bin, ohne eine Kamera mitzuführen. Na gut, Ausnahmen habe ich schon ein paar gemacht… Bei Rennen verzichte ich auf die Kamera - da gibt es ohnehin gute Bilder vom Sportograf oder vom Veranstalter selbst. Auch beim King of the Lake war mir die Windschlüpfrigkeit wichtiger, als die Kamera dabeizuhaben - wären aber eh nur verschwommene Bilder geworden, bei dem Puls!

Meine rechte Trikottasche ist fix reserviert für eine Kamera. Das Smartphone ist auch bei jeder Ausfahrt dabei, dient mir aber nicht als Kamera, obwohl die Qualität der Fotos aus dem iPhone 8 beachtlich ist. Mein iPhone 6 wurde Opfer des Mödlinger Asphalts, als ich es aus der Trikottasche holen wollte, um ein Foto zu machen - im Stehen wohlgemerkt. Seitdem ist das Handy - gemeinsam mit meinen anderen Wertsachen - gut verpackt in einer kleinen Tasche verwahrt und wird nur bei Pausen gezückt.

Auch auf Instagram Stories versuche ich während der Fahrt möglichst zu verzichten - so “real-time” muss es dann auch nicht sein - da reicht es in meinen Augen, ein paar Fotos nach der Ausfahrt hochzuladen.

Foto: Unicorn Cycling (Ricoh GRII)

Ricoh GRII

Auch hier hat sich vorerst noch nichts Grundlegendes geändert. Die Trikottasche ist nach wie vor am liebsten mit der Ricoh GRII gefüllt. Ich bin noch immer davon überzeugt, dass diese Kamera ideal für den Einsatz am Rad ist. Die Bildqualität ist großartig (Crop-Sensor), die Abmessungen sind gering (Trikottasche), das Handling ist einfach (kein Zoom, keine Spielereien) und der Autofokus schnell. Nicht nur im Stehen sondern vor allem auch während der Fahrt kann ich auf diese Weise schnell und mit einer hohen Trefferquote gute Aufnahmen machen. Griff zur Trikottasche, während dem Vorziehen einschalten, fokussieren und abdrücken, ausschalten und wieder in der Tasche verstauen. Das Ganze dauert keine 10 Sekunden und geht glatt von der Hand - wenn man sich den Ablauf einmal eingeprägt hat. Die Festbrennweite ist mit 28 Millimetern ideal für Aufnahmen mit etwas Kontext drumherum - nicht zu weit, dass es “fischäugig” wird und trotzdem genug Platz für ein gutes Bild von einem Radler plus etwas Landschaft.

Es kam wie es kommen musste, im September 2017 wurde mir das Fotografieren während der Fahrt zum Verhängnis. In einer Baustelle, deren Untergrund an sich aus festgefahrener Erde bestand und von daher gut befahrbar war, tat sich vor mir plötzlich ein Schotterfeld auf, das Vorderrad versank und ich ging über den Lenker - die Kamera wohl in der rechten Hand haltend. Schäden an Fahrer und Rad waren minimal, der Schrecken - wie meistens - größer. Die Kamera protestierte allerdings gegen Baustellenstaub, Erde und Schotter und quittierte den Dienst. Einschicken zur Servicestelle in Hamburg (zugegebenermaßen etwas mühsam!) und zurück kam eine reparierte Ricoh, die wieder zu 100% für neue Radfotos zur Verfügung stand. Der hintere LCD wurde bei der Gelegenheit auch gleich ausgetauscht - bei der Reparatur glaubte man, dass hier ein Schaden vorliegt, in Wirklichkeit war das Display allerdings nur derart zerkratzt von meiner Nutzung und tatsächlich auch durch Schweiß und Nässe beeinträchtigt, die über das Trikot zur Kamera kommen. Hier wäre die Überlegung, die Kamera etwas besser vor diesen Einflüssen zu schützen und damit die Lebensdauer einzelner Bestandteile zu erhöhen, dies würde aber in meinem System zulasten der schnellen Einsatzbereitschaft gehen - da ist mir mein “quick shooting” wichtiger.

Das letzte Foto, bevor wenige Meter später Ricoh GRII und Fahrer Bodenkontakt haben…

Alternativen?

Auch ein gutes und funktionierendes System kann und sollte allerdings ab und zu auf Verbesserungsmöglichkeiten hin betrachtet werden. Für wenige Wochen war die Canon Powershot G7 X Mark II mein Begleiter - für jene Wochen nämlich, in denen die Ricoh zur Runderneuerung in Hamburg weilte. Die Eckdaten lasen sich verlockend - gute Bildqualität, Zoomobjektiv, kippbarer Touchscreen, WLAN, und noch einiges mehr. Allerdings kam ich mit der Kamera nicht zurecht, sie fühlte sich irgendwie eher nach Spielzeug als nach Kamera an. Angesichts meines Anspruchs, dass eine Kamera logisch, einfach und schnell zu bedienen sein muss - nämlich die Grundfunktionen! - war ich mit den Funktionen der G7 X schlichtweg überfordert. Heißt nicht, dass es eine schlechte Kamera war - im Gegenteil - allerdings in keiner Weise für meinen Einsatzzweck auf dem Rad geeignet. Für Blogger (und Vlogger) ist die G7 X sicherlich eine gute Wahl, kompakt und gut in der Darstellungsleistung, aber in meinen Augen nur, wenn auch etwas Zeit ist, das Ganze entsprechend zu bedienen.

Konkurrenz für die Ricoh hat sich dennoch gefunden, in Form der Canon EOS M50. Die spiegellosen Kameras sind in Canons Portfolio eine Stufe über den “Powershot”-Kompaktkameras angeordnet und bekommen viele der Features mit eingepackt, die auch die teureren DLSRs aufweisen. Wechselbare Objektive erhöhen die Flexibilität: Beim Kit war ein 15-45mm-Objektiv dabei (entspricht einem 24-70mm auf Vollformat-Kameras), noch besser ist allerdings das superkompakte 22mm-Pancake-Glas (entspricht 35mm). Damit baut die Kamera noch ein Stück kompakter und es fällt das Zoom weg - für den einen vielleicht ein Nachteil, für mich ein großer Komfortgewinn, weil ein Faktor weniger, um den ich mich beim Fotografieren kümmern muss. Die M50 fokussiert sehr schnell, die Bildqualität ist hervorragend für einen Crop-Sensor und die Bedienung ist einfach und schnell. Auch hier gibt es WLAN, Touchscreen und vieles mehr, diese Funktionen sind aber etwas dezenter untergebracht als bei der zuvor genannten G7 X, daher stehen mir diese hier nicht “im Weg”. Die Kamera ist etwas zu groß für die Trikottasche aber fällt umgehängt nicht ins Gewicht und stört daher auch nicht beim Fahren.

Canon EOS M50 mit 15-45mm Kit-Objektiv

Die M50 hat auch einen klapp- und drehbaren Bildschirm, den man komplett umdrehen (das schaut dann so aus, als hätte man keinen LCD - meine Lieblingseinstellung) oder aber auch nach vorne drehen kann, sodass Selfies, ausgefallenere Winkel und was auch sonst noch alles möglich werden. Video ist eine eigene Geschichte, dazu komme ich gleich.

Die “Großen”

Auch nichts geändert hat sich an meinen “großen” Kameras, wenn man sich hier einmal für ein System entschieden hat (das funktioniert), wechselt man nicht mehr so ohne weiteres. Canon 5D Mark IV lautet die erste Wahl, wenn es um Fotos geht, die nicht vom Rad aus geschossen werden sollen. Die großen und schweren Kameras am Rad mitzuführen, habe ich ein paar Mal gemacht, aber auch recht schnell wieder gelassen. Hier muss schon vorab die Entscheidung fallen: entweder selber fahren ODER Fotos machen, beides geht hier nicht.

Eine der seltenen Ausfahrten mit “schwerem Gerät” (dann aber gleich Großglockner…) Foto: Jan

Objektivseitig scheine ich etwas kompliziert gestrickt zu sein, auch hier hab ich so meine Schwierigkeiten mit Zoom-Objektiven bzw. eine absolute Vorliebe für Festbrennweiten. Hier sind mir vor allem die Sigma-Objektive ans Herz gewachsen - 85mm/1.4 und 135mm 1.8 sind jetzt keine Brennweiten, die man klassischerweise für Rad- und Landschaftsfotos heranziehen würde, aber ich bin nunmal verschossen in die beiden Objektive. Dabei mache ich mir noch zusätzlich das Leben schwer, indem ich fast nur mit Offenblende fotografiere - die Fotos bei der Weltmeisterschaft in Innsbruck habe ich beispielsweise zu 99% mit Blende 1.8 aufgenommen. Die Fehlerquote im Sinne von falschen Fokuspunkten mag hier höher sein, aber wenn man trifft, dann sprechen die Ergebnisse für sich. Ganz ohne Zoom komme ich aber auch nicht aus, das Sigma 24-70 und das Canon 70-200 komplettieren mein Setup.

Gemeinsam mit einer entsprechenden Blitzanlage ist dieses Setup natürlich nicht nur bei Radveranstaltungen im Einsatz sondern auch bei allen möglichen anderen Anlässen… (z.B. bei Fotos für das Tomorrows Leader-Programm des ASVÖ Salzburg)

Auf der Bahn?

Einige haben mich gefragt, wie meine Fotos auf der Bahn bzw. im Dusika-Stadion zustande kommen. Die Bedingungen dort sind nicht die einfachsten - es ist vergleichsweise dunkel im Stadion, mehr Licht (=mehr eingeschaltete Lampen) gibt es nur bei größeren Veranstaltungen und dazu sind die Bewegungen der Fahrer*innen schnell.

Natürlich gibt es zahllose “kreative” Möglichkeiten wie “Mitzieher” und dergleichen, mit denen man fehlendes Licht in einer Weise kompensieren kann. Will man aber gestochen scharfe Aufnahmen, muss man entweder die Lichtempfindlichkeit (ISO) erhöhen oder die Blende öffnen - oder beides.

Ich fotografieren meistens mit ISO 1600 oder höher, offener Blende - dass ich das gerne mache, habe ich ja oben schon ausgeführt, und grundsätzlich eine Stufe unterbelichtet (die Tiefen kann man am Computer nochmal herausholen). Mit diesen Einstellungen gelingen - bis auf einige fehlfokussierte Irrläufer - eigentlich die meisten Fotos.

Nachbearbeitung

Ich versuche bei allen Projekten die Nachbearbeitung so gering wie möglich zu halten. Alles was ich schon im Zuge der Aufnahme erledigen und einstellen kann, reduziert den Aufwand vor dem Computer. In Lightroom ändere ich zumeist nur noch geringfügig den Ausschnitt und lege den einen oder anderen Filter über die Bilder. Film-Emulationen, die das Aussehen bekannter (analoger) Filme simulieren finde ich zwar grundsätzlich toll, allerdings leidet meiner Meinung nach die Identität der Bilder (und je nach Programm auch oft die Qualität) darunter, daher versuche ich auch hier, das Ganze auf ein Minimum zu reduzieren - ganz widerstehen kann ich jedoch auch nicht!

Mein grundsätzliches Credo lautet, ein möglichst zeitloses Aussehen zu erzeugen - wenn ich mir heute Fotos eines Lissabon-Urlaubs von vor einigen Jahren ansehe, die ich ausschließlich mit einer Cross-Process-App am Handy gemacht habe, überkommt mich tiefe Trauer, dass ich damals nur zu diesen Filtern gegriffen habe…

Video

Video ist allgegenwärtig und natürlich auch ein Teil meines Alltags. Die oben genannten Kameras sind alle in der Lage, hervorragende Videokameras abzugeben. Ich arbeite gerade daran, mich in dieser Welt zurechtzufinden und möchte auch dorthin meine Fühler weiter ausstrecken - nicht anstelle meiner Fotografie sondern ergänzend, die Möglichkeiten sind hier einfach unterschiedliche.

Erste Projekte laufen bereits im Hintergrund, Ergebnisse gibts natürlich zu allererst auf 169k.net ;)

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Christoph Strasser - "Der Weg ist weiter als das Ziel"

Man kann schon einmal die Jahreszahlen durcheinanderbringen… Verletzung in diesem Jahr, Triumphfahrt in jenem, das Duell mit Reto Schoch im einen, Lungenprobleme im anderen, Streckenrekord hier, „DNF“ dort. Wir befinden uns mitten drinnen in der Biographie von Christoph Strasser mit dem Titel „Der Weg ist weiter als das Ziel“. Dass Christophs Wege weit sind, ist hinlänglich bekannt, gut 4.800 Kilometer durchmisst das Race Across Amerika den nordamerikanischen Kontinent von West nach Ost. Und schnell wird klar, dass das Leben und Wirken von Strasser eng und unmittelbar mit dem „RAAM“ verknüpft ist. Das Race Across America ist aber nur ein Schauplatz, der im Buch beleuchtet wird. Ebenso wichtig und für den interessierten Leser und die Leserin umso spannender sind die Blicke hinter die Kulissen des Ultraradfahrers Strasser. Doch der Reihe nach…

Interessant und aufschlussreich beginnt die Geschichte - eine Biographie eben - bei Elternhaus, Kindheit und Jugend. Strasser erzählt launig von seinen ersten Begegnungen mit dem Rad, den mit dem Rad zurückgelegten Wegen zwischen Großeltern und Eltern, dem Aufwachsen in der steirischen Ortschaft Kraubath und dem Erwachsenwerden. Was bei diesen Episoden mitschwingt sind wichtige Zwischentöne, die helfen, den Radsportler und sein heutiges Schaffen besser zu verstehen. Auf der Suche nach grundsätzlichen Charakterzügen, Wertehaltungen und Weltanschauungen wird man nunmal am ehesten in der Jugend und dem frühen Erwachsensein fündig. Und hier zeigt sich bereits, wo die Reise für Christoph Strasser hingeht: geerdet, bescheiden, fleissig und dabei zielstrebig stellt er sich dar - und wer ihn schon einmal persönlich kennenlernen durfte, erkennt, dass er auch heute noch so ist.

Anfänge

Großartig sind die Episoden, wo Strasser mit dem alten Mountainbike seiner Jugend beim ersten 24-Stunden-Rennen an der Startlinie steht - wenig Augenmerk auf Material, Kleidung oder Aussehen. Und genau das ist es, was manche von uns heutzutage vielleicht vermissen. Die Unschuld, sich einfach aufs Rad zu setzen und loszufahren, sich nicht um Strava, Wattwerte oder Sockenfarbe kümmern zu müssen, sondern die Essenz des Sports zu spüren. Bei diesen 24h-Rennen im steirischen Fohnsdorf trifft Strasser auch zum ersten Mal auf Wolfgang Fasching - 2002 hat Fasching gerade zum dritten Mal das Race Across America für sich entschieden, ist damit also der zu diesem Zeitpunkt größte Ultraradsportler seiner Zeit.

Die Unschuld bleibt vorerst erhalten, auch wenn Strasser bei seinen Teilnahmen immer erfolgreicher wird. 24h-Kraftwerkstrophy in Theiss, Race Across the Alps, 24h von Kelheim - die Wege dorthin werden mit dem Camper in Angriff genommen, die Crews sind aus Freunden und frühen Wegbegleitern zusammengestellt und die Ergebnisse werden besser und besser. Aus losen Bekanntschaften werden Teamkollegen bzw. Crewmitglieder, die teilweise bis heute mit an Bord sind, auf sportlicher Ebene macht sich Strasser nach und nach einen Namen und steht plötzlich Seite an Seite mit vermeintlich unerreichbaren Idolen wie Jure Robic oder Marko Baloh am Podest.

Vorbilder

Jure Robic kommt große Bedeutung im Leben Strassers zu. 2007 treffen sie beim Race Around Slovenia aufeinander, fahren gegeneinander aber irgendwie auch miteinander. Grundsätzlich zieht sich durch das gesamte Buch und auch das Leben von Strasser, dass mit den meisten Fahrern und vermeintlichen Konkurrenten ein sehr gutes bis freundschaftliches Verhältnis gepflegt wird. Zu klein der Sport, zu gering die Teilnehmerzahlen, zu ähnlich die gemeinsamen Interessen und Zielvorstellungen. Freilich bekommt niemand etwas geschenkt und auf dem Rad zählen Leistungen und Ergebnisse, dennoch wiegt die gemeinsame Ausübung des Sports schwerer als kleine persönliche Animositäten. Abgesehen davon ist es auch etwas anderes, ob man sich in einem großen geschlossenen Fahrerfeld bewegt, oder aber auf sich allein gestellt bzw. mit seiner Crew mehrere hundert Kilometer lang alleine unterwegs ist.

Robic dominierte über Jahre den Ultraradsport, gewann die meisten Rennen mehrfach und souverän und war Strassers Vorbild. „War“, weil Robic leider bei einem Trainingsunfall im Jahr 2010 verstarb. Die Aufeinandertreffen von Strasser und Robic sind zahlreich: zuerst der unbekannte Rookie mit dem souveränen Meister, später der beharrliche Herausforderer, dann der tatsächliche Konkurrent auf Augenhöhe, plötzlich jener Fahrer, der die Titel wegschnappt. Die ultimativen Duelle waren aufgrund des frühzeitigen Tods von Robic nicht mehr möglich, in Erinnerung bleibt Strasser der Ausspruch von Robic: „Du wirst einmal das RAAM gewinnen“. Strasser versuchte - bewusst und unbewusst - die Lücke zu füllen, die Robic hinterlassen hatte - mit seinen Leistungen aber auch als Sportsmann und Aushängeschild einer ganzen Sportart.

Race Across America

2009 startet die Beziehung Strassers mit dem Race Across America. Der Erzählstrang des Buchs orientiert sich am Verlauf eines RAAMs und dessen Abschnitten und Time Stations. Der Start an der Westküste im kalifornischen Oceanside, die ersten Kilometer nach Borrego Springs (inkl. des berühmt-berüchtigten „Glass Elevators“, die langen Gerade durch menschenleere Landstriche, die große Hitze und die kalten Nächte, die Rocky Mountains, Kansas und wiederum lange Geraden, die Appalachen und schließlich die letzten Kilometer bis zum Ziel in Annapolis. Strassers Erzählungen sind detailliert und sparen nicht mit selbstkritischen, spannenden, aufschlussreichen und lustigen Anekdoten aus dem Sattel und dem Betreuerauto.

Dabei springen die Erzählungen recht sprunghaft zwischen den unterschiedlichen Teilnahmen (2009, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2017 und 2018) hin und her - so schnell, dass man als Leser teilweise den Überblick verliert, wo und an welchem Zeitpunkt der Geschichte man sich gerade befindet. Das tut dem Lesespaß allerdings überhaupt keinen Abbruch, zu intensiv sind Strassers Erzählungen, man fühlt sich wie ein Betreuer oder Zuschauer, der direkt im Rennen mit dabei ist.

So lebt man mit Strasser mit, wenn er von Duellen mit anderen Fahrern erzählt, seinen Zustand am Rad sehr bildlich beschreibt oder aber über seine Gefühlswelten vor, während und nach dem Rennen berichtet. Zweikämpfe haben in der Historie der Strasser´schen RAAMs zahlreich stattgefunden. Mit Freunden - Severin Zotter, David Misch - Kollegen wie Gerhard Gulewitz und Marko Baloh oder aber mit ungeliebten Konkurrenten wie dem Schweizer Reto Schoch. Bei letzterem ist sogar dem an sich sehr besonnenen und ruhigen Strasser die Wut anzumerken, wenn es um die einschneidenden Erlebnisse des RAAM 2012 geht. Aber Strasser wäre nicht Strasser, wenn er nicht auch in diesen Erlebnissen etwas Positives sehen würde - das Duell mit Schoch und die Lehren daraus haben ihn zu einem besseren Fahrer gemacht, die Motivation zurückzukommen war ungleich größer.

Der Zielstrich des RAAM!

Die Zustände des Radlers Christoph Strasser, die dieser während den acht Tagen des RAAM durchlebt sind mit die unterhaltsamsten Geschichten im Buch, auch wenn die Dramatik der Situation und der körperliche und geistige Zustand eigentlich keinen humorigen Beigeschmack mit sich bringen. Da werden schon einmal Straßenmarkierungen zu nicht aufgerolltem Klopapier, eigene Crew-Mitglieder werden nicht mehr als solche erkannt, nach einem Lenkerbandwechsel wird auch das Rad nicht mehr als das eigene identifiziert. Einmal fragt Strasser seine Crew, warum diese ihn immer und immer wieder den gleichen Anstieg hinauf schickt, obwohl dieser natürlich jedesmal ein anderer ist, Bauarbeiter werden mit Fangruppen verwechselt und beim Anblick des RAAM-Fotografen steuert Strasser gleich direkt in einen Acker hinein (und hofft dabei, dass das wenige Meter hinter ihm fahrende Betreuerauto diesen Fauxpas nicht bemerkt hat).

Während geistige Zustände in erster Linie auf den Schlafmangel zurückzuführen sind, ist natürlich auch der Körper des Radsportlers während einem RAAM extremen Herausforderungen ausgesetzt. Ein wunder Hintern und Probleme mit den Handgelenken sind dabei noch die geringeren Probleme. Lungenerkrankungen bis hin zum Ödem - weswegen auch Strasser eine seiner RAAM-Teilnahmen abbrechen musste, Probleme mit dem Wasserhaushalt, die zu gefährlichen Einlagerungen im Körper führen können und natürlich mögliche Verletzungen als Folgewirkung von Stürzen oder Unfällen sind nicht immer vermeidbar. Der beim RAAM verpflichtende Arzt in jedem Team kann bestimmte Auswirkungen abfedern oder mildern, Vorbeugung und entsprechend richtige Reaktionen bei auftretenden Symptomen sind jedoch der Schlüssel, dass man diese Sportart auch über einen längeren Zeitraum ausüben kann und nicht nachhaltige Schäden davonträgt. Immerhin dauert es mehr als zwei Tage, bis nach einem RAAM der Gleichgewichtssinn wieder zu 100% funktioniert, Gefühl in Zehen und Fußsohlen kommt ebenfalls erst nach und nach zurück. Sechs Wochen dauert es insgesamt, bis der Körper wieder auf dem Leistungsniveau von vor dem Rennen angelangt ist.

Der Faktor Team

Ausführlich - und das absolut zurecht im Sinne der Bedeutung - wird die Notwendigkeit des richtigen Teams skizziert. Ein Team ist jedenfalls keine lose Ansammlung von Adjutanten sondern integraler Bestandteil des Unterfangens und laut Strasser (neben Körper und Geist) zu 34% verantwortlich für ein erfolgreiches Rennen. Die Menschen an Strassers Seite sind dort schon lange am Werken, haben ebenfalls bereits große Erfahrung bei Langstreckenrennen und wickeln eine derartige Herausforderung hochprofessionell ab. Die Aspekte, die die Crew dabei zu behandeln hat, sind mannigfaltig und für den gemeinen Beobachter von außen oft gar nicht sofort erkennbar. Neben eher offensichtlichen Aufgaben wie Nahrungsversorgung oder medizinischem Beistand kommt natürlich der „Unterhaltung“ und Motivation des Fahrers enorme Bedeutung zu. Dass dieser Fahrer diese Hilfestellungen manchmal nicht oder nur sehr unwillig annimmt steht auf einem anderen Blatt Papier und ist eine große Herausforderung für Crewmitglieder - hier passiert aber zumindest im Team Strasser nichts, was sich nicht durch ein Bier nach dem Rennen reparieren doer geradebiegen ließe.

Soziales

Natürlich nicht Teil des Teams sind die anderen Fahrer, die zumeist als Gegner, sehr oft aber auch als Freunde und gute Kollegen Teil der Geschichte sind. Hervorgehoben und im Buch auch entsprechend gewürdigt werden David Misch und Severin Zotter. Misch beendete das RAAM selbst als Rookie of the Year, bestritt mit Strasser gemeinsam einige Rennen im Team und - in seiner Funktion als Autor - interviewte er Strasser für sein zuletzt erschienenes Werk „Intensität“. Zotter gewann das RAAM als Strasser nicht zur Stelle war und gesundheitsbedingt das Rennen aufgeben musste. In Zotter wuchs ein ernstzunehmender Konkurrent für Strasser heran, dieser widmete sich jedoch nicht zu 100% dem Ultraradsport sondern behielt seinen Job als Sozialarbeiter und plante die Gründung einer Familie. Diese Episode ist ein spannender Einblick in das Leben eines Ultraradsportlers in dem Sinne, dass es jedenfalls schwer ist, auf mehreren Kirtagen gleichzeitig zu tanzen und die Entscheidung FÜR eine Sache mitunter auch eine Entscheidung GEGEN eine andere darstellt.

Race Around Austria

Das Race Around Austria ist nicht nur mir ein persönliches Anliegen und eine Freude sondern auch Christoph Strasser. Davon zeugen zahlreiche Teilnahmen und Siege und eine entsprechende Wertschätzung, die in einem eigenen Kapitel des Buchs zu lesen ist. Das von Michael Nussbaumer ins Leben gerufene Event in der heutigen Form gilt als eines der schwersten Ultra-Radrennen in Europa und der ganzen Welt. Zur Geschichte des RAA habe ich an anderer Stelle schon mehr geschrieben - Strasser war einer der beiden Protagonisten, die 2008 die ursprünglich von Manfred Guthardt erprobte Österreich-Umrundung auf deren Wiederholbarkeit testeten und das Race Around Austria in der heutigen Form ermöglichten.

Die Atmosphäre des Race Around Austria wird im Vergleich zum RAAM als unglaublich beschrieben - während im Ziel des RAAM ein Official und einige Team- oder Familienmitglieder warten, werden in Sankt Georgen im Attergau ja sämtliche Fahrer durch das gleichzeitig stattfindende Marktfest gelotst - ein Ankommen, das keiner der Teilnehmer so schnell wieder vergisst. Auch nicht vergessen wird Strasser wohl die Teilnahme als Vierer-Team im Jahr 2013 - die Geschichten dazu sind nicht ganz jugendfrei und sollten daher am besten im Buch selbst nachgelesen werden.

Sportliche Ausflüge

Es ist natürlich maßlose Untertreibung, an dieser Stelle von „Ausflügen“ zu sprechen, vielmehr ist jedes Unterfangen von Strasser verbunden mit körperlichen und geistigen Höchstleistungen, die keinerlei Ähnlichkeit mit entspannten Ausflügen aufweisen.

In Erinnerung bleibt jedenfalls der 24h-Weltrekord auf der Bahn im Schweizer Grenchen. Wenn Strasser selbst das Kapitel mit „Gschissn und Richtig Gschissn“ bezeichnet, dann soll das schon was heißen… Zuerst noch wegen einer Erkältung verschoben, spulte Strasser in 24 Stunden 941,8 Kilometer ab - gleichbedeutend mit 3.767 Runden auf der 250 Meter langen Radbahn. Für Strasser retrospektiv das „Irrste“, was er jemals gemacht hat. Die Rekord-Urkunde bekam Strasser vom vorherigen Rekordhalter Marko Baloh überreicht, mit ehrlicher Freude - ein unfehlbarer Indikator für das gute Verhältnis, das Strasser zu seinen Kollegen pflegte und pflegt.

Die Stadt Wien bekommt an dieser Stelle übrigens - zu Recht! - ihr Fett weg. Bürokratische Prügel, die dem Team Strasser im Vorfeld in den Weg gelegt wurden, verhinderten, dass der Weltrekordversuch im Wiener Ferry-Dusika-Stadion stattfindet.

Humorig - aber auch hier mit eigentlich ernstem Hintergrund - liest sich die Episode rund um den 24h-Weltrekord am Berliner Tempelhof. Die Strecke war nur sporadisch abgesperrt, das Wetter war nicht gerade einladend, der Wind bösartig. Trotzdem zog Strasser die Nummer durch, der Weltrekord betrug danach 896,2 Kilometer. Die magische Marke von 900 Kilometer hat Strasser in der Zwischenzeit übrigens pulverisiert - die 24h-Weltmeisterschaften in Borrego Springs fanden gerade erst im Oktober 2018 und damit nach Fertigstellung des Buchs statt.

Charakteristika eines “Weiradlfoaras”

Was ist notwendig, um Ultraradfahrer auf derart hohem Niveau zu sein? Das Buch kann diese Frage natürlich nicht erschöpfend beantworten - abgesehen davon, dass viele Aspekte absolut individuell sind und daher nicht von einer Person auf die andere gemünzt werden können. Strasser legt eine absolute und starke intrinsische Motivation an den Tag - dies spiegelt sich in allen seinen Aussagen, Ansichten und Taten wider. Stetige Verbesserung der eigenen Person und Leistungen steht absolut im Vordergrund, wobei - aus meiner Sicht absolut essentiell und mit ein Alleinstellungsmerkmal von Strasser - auch eine große Portion Bescheidenheit und Demut erhalten bleibt.

Strasser hat sich in den letzten Jahren an die Spitze des Ultra-Radsports hinaufgearbeitet. Konkurrenten oder Herausforderer sind Mangelware. Was auf den ersten Blick als Glücksfall erscheint, offenbart auf den zweiten Blick großen Druck, Motivationslöcher und viel notwendiges Durchhaltevermögen. Keiner spricht mehr von Durchkommen oder vom olympischen „Dabeisein ist alles“, sondern nur noch von Pflichtsiegen und verbesserten Streckenrekorden. Die Mutter sagt etwa „Super Junge, dann kann endlich ein anderer gewinnen“, als bekannt wird, dass Strasser 2016 nicht beim RAAM antreten kann. Ständig Favorit zu sein ist schön, aber kein Garant dafür, dass man diese Rolle auch weiterhin einnimmt. Positiv formuliert heißt das bei Strasser, immer weiter hart an sich zu arbeiten, um den Moment hinauszögern zu können, in dem ein Besserer kommt.

Kritiker werfen Strasser gar vor, die Gegner zu verhöhnen, in dem er Stunden und Tage Abstand zwischen sich und seinen Verfolgern herstellt. In seinen Augen ist allerdings genau das Gegenteil der Fall: Für Strasser zeugt es von Respekt gegenüber den anderen Teilnehmer*innen, dass er gut vorbereitet und top motiviert an die Startlinie kommt. Im Jahr 2018 war das beim Race Across America gut ersichtlich: Die Konkurrenz war „überschaubar“, der Druck des fünften Siegs groß, die Motivation aber schwierig aufrecht zu erhalten. Funktioniert hat es dann trotzdem, aber nicht „eh“ sondern „obwohl“!

Und außer Radfahren? Was sonst noch?

„Das Rad und ich - das ist etwas Längerfristiges“ meint Strasser und der Romantiker in mir frohlockt ob der einfachen aber so authentischen Botschaft. Völlig unromantisch allerdings (oder vielleicht gerade auch wieder romantisch!) ist allerdings, dass es im Ultraradsport im Wesentlichen keine Preisgelder gibt. Das erscheint auf den ersten Blick fatal und mag es aus wirtschaftlicher Sicht auch sein, andererseits erhält dieser Umstand eine gewisse Unschuld der Szene und der Rennen und - sehr wesentlich angesichts der erbrachten Leistungen - verleitet es weniger zur Verwendung unlauterer Mittel, um einen Sieg herbeizuführen. Tatsächlich wird dies durch bis dato fehlende positive Dopingergebnisse weitgehend untermauert.

Wie finanziert man sein Leben als Ultra-Radrennfahrer, wenn die sportlichen Erfolge keine entsprechende Entlohnung versprechen? Die Antwort liegt in Büchern und Vorträgen, ersteres zu erklären ist ob dieses Artikels glaube ich obsolet, zweiteres hat sich Strasser sukzessive erarbeitet. Vorab steht man vor einem Dilemma: Trainieren, um die sportlichen Erfolge zu garantieren oder mit Vorträgen und anderen Aktivitäten Geld verdienen (dafür aber Trainingszeit zu opfern)? Strasser hat einen erfolgreichen Mittelweg gefunden - offensichtlich!

Seine Vorträge handeln von seinen Abenteuern und dienen dazu, Motivation und Herangehensweise von Strasser bei seinen Projekten zu erläutern. Es sind keine klassischen Motivationsseminare - obwohl manch Aussage von Strasser durchaus Potential für ein Motivationsposter hätte („Wer glaubt etwas zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden“, „Knappe Niederlagen gehören im Sport zum Motivierendsten, was es gibt“, „Wenn ich erfolgreich sein will, muss ich auch echte Leistung bringen“). Im Kontext seiner Erfahrungsberichte und gepaart mit der natürlichen Authentizität nimmt man ihm gerne ab, worüber er spricht. Ganz abgesehen davon ist ja wenig Hokuspokus an der Sache, meistens geht es doch nur darum, einen Spiegel vorgehalten zu bekommen und von anderen zu lernen. „Wollen“ wird man schon müssen, aber wer nicht „will“, wird wohl weder dieses Buch lesen noch in einen Vortrag eines Ultraradsportlers gehen (obwohl ich es ihm oder ihr wünsche).

Gewinnspiel

Es wird ein signiertes Exemplar des Buchs “Der Weg ist weiter als das Ziel” von Christoph Strasser unter allen Teilnehmenden verlost. Das Buch wurde von Christoph Strasser, Ultracyclingshop.com und Egoth Verlag zur Verfügung gestellt.

Alle Teilnehmenden werden auch für den 169k-Newsletter eingetragen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, keine Barablöse. Die Teilnahme ist bis inkl. 20.11.2018 möglich, die Bekanntgabe des Gewinners bzw. der Gewinnerin erfolgt auf der Facebook-Seite von 169k und per Mail.

Mein Zwift-Setup

Es wird bereits merklich früher finster und die Temperaturen an den Tagesrandzeiten sind nicht mehr ganz so kuschelig wie zuletzt gewohnt. Umso attraktiver wird nach und nach wieder das Training auf der Rolle. Wobei "attraktiv" bis vor wenigen Jahren kein Attribut war, das man mit Rollentraining im Winter in Verbindung gebracht hat - und dann kam Zwift. 

Man kann nach wie vor fabelhaft über Sinn und Unsinn, Realitätsgrad und Trainingseffekt von Zwift diskutieren - für mich war und ist Zwift im Winter eine großartige Möglichkeit, mich zu motivieren, meine Trainingseinheiten effektiv zu gestalten und auch mein Zeitbudget flexibel einzusetzen. Dinge wie virtuelle Rennen, "Missionen" oder andere Zusatzfeatures und kleine Belohnungen halten den Unterhaltungsfaktor außerdem konstant hoch. Und nicht zuletzt hat mit dem neuen WM-Kurs von Innsbruck auch noch ein Stück Österreich Eingang in die Software gefunden.

In diversen Facebook-Gruppen ist eine beliebte Beschäftigung, Fotos von der persönlichen "Pain Cave" zu posten - Schmerz und Schweiß sind als Synonyme für Rollentraining doch noch erhalten geblieben - bei aller Unterhaltung durch die Software... Interessanter als die physische Räumlichkeit ist aus meiner Sicht allerdings die Ausrüstung, die zur Verwendung kommt. Es gibt zahlreiche Varianten, wie man das Rollentraining mit Zwift angehen kann - keine davon ist falsch, manche sind besser oder realistischer als andere, alle zusammen sollten die Unterhaltung und Motivation beim Rollentraining fördern. Egal daher, ob eine Verbindung zwischen Geräten via Bluetooth oder ANT+ erfolgt, gleichgültig, ob das Rad aus Karbon oder Alu ist, egal auch ob der Bildschirm des Mobiltelefons oder jener des Fernsehers zum Einsatz kommt. Das folgende Setup ist rein exemplarisch und soll eine Idee davon geben, wie ein funktionierendes Zwift-Setup aussehen kann - Individualisierung und Ausrichtung auf die persönlichen Bedürfnisse ist ausdrücklich erwünscht.

Hardware

Zwift

Im Grunde basiert der ganze Artikel hier ja auf der magischen Software - der Kern des Setups ist demnach logischerweise Zwift selbst. Über Inhalt, Umfang und Funktionsweise muss an dieser Stelle glaube ich nicht mehr allzu viel gesagt oder geschrieben werden. Alle Infos zu Abo, Preisen, Systemvoraussetzungen und kompatiblen Geräten sind auf der Homepage von Zwift zu finden. Was sich so unterjährig an Verbesserungen und Ergänzungen ansammelt, ist beispielsweise hier zu lesen - besonders im Jahr 2017 ist ein großer Schwung an Funktionen hinzugekommen. Zwift arbeitet dabei tatsächlich mit Hochdruck daran, das Erlebnis permanent weiter zu verbessern. Gerade jetzt wird auf Facebook die kommende Erweiterung “New York” angekündigt.

Wahoo Kickr

Um das Zwift-Erlebnis "immersive" zu machen (so heißt das in der Computersprache - also "umfassend" und "eindringlich"), ist ein sogenannter Smart Trainer essentiell. Während die altbekannte Rolle sich dem Tritt des Fahrers und der Fahrerin anpasst und der Widerstand meistens proportional zur angewendeten Kraft steigt, können Smart Trainer auf Zuruf von Software, Geräten oder anderen Tools ihren Widerstand entsprechend variieren. Geht es in der virtuellen Zwift-Welt also bergauf, erhöht die Software automatisch den Widerstand des Trainers und umgekehrt - gleiches passiert beispielsweise bei Trainingsprogrammen, bei denen vorgegebene Wattwerte getreten werden sollen.

Der Markt von Smart Trainern ist in den vergangenen zwei, drei Jahren stark gewachsen, die Modellvielfalt ist groß, ebenso die Preisspanne, innerhalb derer man so ein Gerät erwerben kann. Die Speerspitze bilden die Topmodelle von Tacx und Wahoo, die Modelle "Neo" und "Kickr" unterscheiden sich im Detail (vor allem konzeptionell) deutlich voneinander und bringen jeweils andere Qualitäten ins Spiel um die Gunst des Käufers. Kompatibilität, Maße und Leistungsumfang sprechen aus meiner Sicht für den Kickr, der deswegen auch Teil meines Zwift-Setups ist. 

Für mich wesentlich ist die Kompatibilität des Trainers mit unterschiedlichen Achs-Standards - sowohl für Steckachsen (bei scheibengebremsten Rädern) als auch für Schnellspanner hält der Kickr entsprechende Adapter parat. Wer Nachbarn hat, wird sich zudem für die geringe Geräuschentwicklung begeistern - das aktuelle 2018er-Modell ist dann überhaupt schon leiser als der Ventilator daneben! Außerdem ist der Kickr (auch aufgrund der einklappbaren Standfüße) gut und klein verstaubar, er versteht sich mit sämtlichen ANT+ und Bluetooth-fähigen Gerätschaften, der maximale Widerstand von 2.000 Watt hält dem Gros der Nutzer*innen stand und die Genauigkeit des Widerstands bzw. der Leistungsmessung von 2 % ist für mich ohnehin nicht überprüfbar und eigentlich auch nicht ganz so wichtig. Sympathische oder praktische Kleinigkeiten runden das ganze Paket für mich persönlich noch ab - so ist beispielsweise kein Standfuß unter dem Vorderrad notwendig, im Zusammenspiel mit einem Wahoo Radcomputer lassen sich ohne zusätzliches Setup bereits gefahrene oder beliebige hochgeladene GPS-Tracks nachfahren.

Zur Installation sind nicht viele Worte zu verlieren. Will man die vollen Funktionen des Kickr nutzen, benötigt er eine Steckdose in der Nähe - ohne Strom verhält sich der elektromagnetische Widerstand proportional zur eingesetzten Kraft -> mehr treten = mehr Widerstand. Die Verbindung zum Computer kommt per Bluetooth Smart zustande. Diverse Kabellösungen (wie bei meinem vorherigen Smart Trainer: USB-Port des Computers -> USB-Verlängerungskabel -> ANT+ Sensor nahe der Rolle) sind damit überflüssig, die Verbindung erfolgt kabellos und bleibt stabil bestehen, was auch immer man am Rad für Kunststücke vollzieht.

Rad

Je nach Verfügbarkeit, Sauberkeit oder Lust & Laune kommt entweder die scheibengebremste BMC Roadmachine oder der Specialized Crosser zum Einsatz. Durch die leicht austauschbaren Adapter am Wahoo Kickr ist ein Wechsel zwischen Steckachsen und Schnellspannern kein Problem und schnell erledigt. Die Zeit, um das Rad einzuspannen und betriebsfertig zu bekommen, beträgt maximal ein bis zwei Minuten. 

Einen Gedanken sollte man der Wahl der geeigneten Kassette widmen. Die beim Kickr mitgelieferte Kassette konnte ich bei meinen Rädern leider nicht optimal einstellen, manche Gänge wollten nicht und nicht rund laufen. Hat man mehrere Räder mit unterschiedlichen Schaltungen im Einsatz, verstärkt sich dieses Problem naturgemäß und jedesmal die Schaltung einzustellen bzw. dann wieder umzustellen, kann keine Lösung sein. Für mich war der Ausweg, die identische Kassette auf den Kickr zu schrauben, wie jene auf meinem Laufradsatz für draußen. Bei baugleichen Kassetten gibt es keinerlei Probleme und die Gänge laufen sauber und rund. Der Crosser läuft auf SRAM, findet sich aber glücklicherweise auf der Shimano-Kassette zu 99 Prozent gut zurecht.

In Foren liest man häufig Diskussionen, dass Karbonräder bzw. -rahmen nicht fest in Trainer eingespannt werden sollten. Unvermeidlich sind dann diverse Erfahrungsberichte von gebrochenen Rahmen, geborstenem Karbon und allem Möglichen, was einem Freund einer Bekannten von der Schwägerin, die einen anderen kennt, dem was ähnliches mal vor zehn Jahren angeblich widerfahren ist... Die gleichen "Studien", Expertenmeinungen und Erfahrungen gibt es für die Gegenseite. Im Endeffekt muss jede*r für sich entscheiden, was man dem Material zumuten möchte - aus meiner Sicht muss ein hochwertiger Rahmen diesen Belastungen standhalten und die 1.200 Watt-Sprints sollte man sich ohnehin für andere Gelegenheiten aufheben.

Garmin Vector3

Wenn wir schon bei der Leistung sind... Grundsätzlich misst der Kickr selbst, wieviel Watt gerade getreten werden und meldet dies unverzüglich und laufend an Zwift. Wer jedoch in freier Wildbahn mit Powermeter unterwegs ist, möchte vermutlich auch die gleichen Wattangaben auf der Rolle bekommen. Es geht hier nicht darum, dass die einen Watt besser sind als die anderen, es geht um Konsistenz. Da ist es wie mit der Genauigkeit von Powermetern im Allgemeinen - im Grunde ist wichtig, dass die Person am Rad immer die gleichen Werte angezeigt bekommt, egal ob diese jetzt zwei Prozent unter oder vier Prozent über dem tatsächlich erbrachten Wert liegen. Statt also zwischen unterschiedlichen Systemen zu wechseln, existiert hier die Möglichkeit, den am Rad montierten Powermeter zu verwenden.

Die an meinem Rad montierten Garmin Vector 3 Pedale habe ich von Garmin für einen Langzeittest zur Verfügung gestellt bekommen - dazu gibt es hier in Kürze mehr. Mit Zwift sind diese - wie schon der Kickr - per Bluetooth verbunden.

Polar OH1

Messen, messen, messen - die Herzfrequenz gibt neben der Wattleistung einen guten Indikator für die Leistungsfähigkeit und eignet sich entsprechend gut für die Leistungs- und Trainingssteuerung. Für Zwift können grundsätzlich sämtliche Brustgurte verwendet werden, die auch draußen im Einsatz sind. Beim Modus der Datenübertragung sollten allerdings alle Geräte möglichst die gleiche Technik verwenden - Bluetooth oder ANT+. Wie schon erwähnt, kommunizieren Computer, Kickr und Garmin-Pedale bei mir via Bluetooth, da wäre es wenig sinnvoll, die Herzfrequenz erst recht wieder über ANT+ zu spielen. Herzfrequenzmessung via Bluetooth gibt es am Markt mittlerweile zur Genüge, Wahoo ist hier sowohl mit Brustgurten als auch dem Tickr-Armband vertreten. Armbänder gibt es auch von anderen Firmen - kurze Zeit vor Wahoo brachte Polar bereits ein derartiges Armband heraus, den OH-1. Ein kleiner Pod an einem elastischen Armband misst dabei verlässlich die Herzfrequenz am Oberarm und überträgt diese via Bluetooth an den Computer und die Software (der Stecker im Bild dient nur zum Aufladen).

Trittfrequenz

Ich fahre immer schon und traditionell ohne Trittfrequenzsensor - ob das gescheit ist oder nicht sei dahingestellt. Hat man keinen Smart Trainer, dann berechnet Zwift die Leistung des Avatars aus Geschwindigkeit und Trittfrequenz des Rads. Wer also keinen Smart Trainer sein eigen nennt, wird beim Zwiften jedenfalls einen Trittfrequenzsensor benötigen. Mit Smart Trainer kommt die Leistung direkt vom Trainer selbst, die Trittfrequenz ist dann nur noch für bestimmte Trainingseinheiten wichtig, bei denen z.B. explizite Trittfrequenzen trainiert werden sollen. Ach ja, und die Bewegungen des Avatars am Bildschirm orientieren sich auch an der tatsächlichen Trittfrequenz - falls das ein Argument dafür sein sollte. Ansonsten bin ich bis dato gut ohne Messung der Trittfrequenz ausgekommen.

Computer

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass für Zwift - Überraschung! - auch ein Computer notwendig ist. Je nach Darstellungsoptionen und Detailgrad der virtuellen Welt steigen die Systemanforderungen an den Rechner. Auf dem Bildschirm eines großen und halbwegs leistungsstarken iMac schaut das ganze dann schon recht gut aus. Wer in den Einstellungen die Details etwas herunterschraubt, wird nach wie vor den vollen Funktionsumfang von Zwift erleben können, allerdings geht meiner Meinung nach etwas vom Spielspaß verloren, wenn man durch eine etwas pixeligere Landschaft strampelt.

Versionen für Apple Mobilgeräte (iPhone und iPad) gibt es auch - ebenfalls mit vollem Funktionsumfang. Die Variante für AppleTV erlaubt es, vor dem Fernseher im Wohnzimmer zu zwiften. Großzügigen Bildschirmdiagonalen steht hier vermutlich nur die mangelnde Praktikabilität im Weg - wer möchte schon nach jeder Einheit das ganze Equipment wieder wegräumen und verstauen...

Vielleicht mag es ohnehin sonnenklar sein, dennoch möchte ich hier noch einen Punkt erwähnen. Ich habe - aufgrund der räumlichen Begebenheiten in meinem "Zwift-Zimmer" - monatelang schräg auf den Monitor des Computer geschaut, hatte also am Rad immer den Kopf leicht zur Seite geneigt. Im Nachhinein habe ich mir zusammengereimt, dass diese Position wohl großen Anteil an meinen Rückenbeschwerden im Frühjahr hatte. Meine Empfehlung ist daher, immer ganz gerade auf den Computerbildschirm zu schauen, die Position so geradlinig wie möglich zu gestalten. Jede Verwindung kombiniert mit Anstrengung, Luftzug, langem Sitzen und geduckter Position wird schnell zum Rückenkiller.

Ventilator

Last but not least - definitely not least! - ist ein Ventilator absolut essentiell. Schnell wird man bemerken, wie sehr man beim Radeln eigentlich schwitzt - nur dass man es draußen dank Fahrtwind nicht merkt. Sturzbäche und große Lacken an Schweiß begleiten jede Zwift-Einheit, entsprechend lohnt es sich, frühzeitig Fenster und Türen aufzumachen und den Ventilator aufzudrehen. Es ist zum Teil ein Lernprozess: anfangs denkt man sich, Stufe 1 beim Ventilator wird reichen - schnell wird man Stufe um Stufe hinaufschalten, auf der verzweifelten Suche nach Luft und Kühlung. Bei einigen Fahrer*innen sind auch mehrere Modelle gleichzeitig im Einsatz. Hier kann jede*r individuell entscheiden, was am passendsten ist. 

Ich habe einen Honeywell-Ventilator auf Amazon (Affiliate-Link) bestellt, weil dieser in einer Zwift-Facebookgruppe von vielen Leuten empfohlen wurde. Er ist klein, kompakt, leise, dreistufig einstellbar und mit rund 25 Euro auch preiswert. Aufgestellt ist er neben dem Computerbildschirm ungefähr auf Lenkerhöhe und bläst mir schön auf Oberkörper und Kopf.

Gewand

Es ist nicht allzu überraschend, dass beim Zwiften das leichte Sommergewand zum Einsatz kommt - wenn überhaupt. Besser als ein leichtes Trikot ist “kein” Trikot, diesbezügliche Versuche von mir ("Vielleicht absorbiert ein leichter Baselayer den Schweiß besser”) sind alle gescheitert. Von Rapha gibt es in der “Core”-Linie eine trägerlose Radhose, die auf der Rolle mein Favorit ist - wie gesagt, weniger ist mehr. Wenn die gerade nicht verfügbar ist - nach jeder Zwift-Session wandert alles unbedingt in die Waschmaschine! - dann nehme ich die dünne Sommerhose von Isadore zur Hand. Wer auf den Gedanken kommt, die ausgemusterte und alte Kleidung zu tragen, wird schnell bemerken, dass gerade auf der Rolle ein guter Sitzpolster und gute Materialen wichtig sind. Man bewegt sich weniger im Sattel, sitzt länger und gleichmäßiger und schwitzt eben auch mehr.

Auch ganz untenrum - der Schweiß ist einfach allgegenwärtig - lohnen sich leichte Socken und gut belüftete Schuhe. Auch hier - wie bei der Kleidung - gilt, nach der Session alles trocknen lassen, Innensohlen rausnehmen und so gut es geht reinigen. Nichts schmerzt die eigene Nase und jene der direkten Umwelt so sehr wie mehrfach angeschwitzte (Sport-)Kleidungsstücke.

Den Helm darf man auf der Rolle ausnahmsweise mal weglassen - aber auch nur hier.

Sonstiges

Handtuch

Dies sollte wohl eher ein Artikel über Schweiß sein als über Zwift… Ein Handtuch in Reichweite zu haben ist dringend notwendig, zum Trocknen des eigenen Körpers und auch des Equipments. Standardmäßig lege ich mein Handtuch über den kompletten Lenker, sodass kein Schweiß direkt dorthin tropft. Es gibt im Internet diverse Artikel und Videos, in denen zu sehen ist, wie es unter einem Lenkerband aussieht, in das man zuvor monatelang reingeschwitzt hat - no words needed…

Neben dem Lenker gilt es auch den Rest des Rades zu schützen. Auf meinem alten Alu-Canyon waren nach einer Wintersaison auf der Rolle die Züge auf der Unterseite des Oberrohrs durchgerostet - der Schweiß war über das Oberrohr nach unten geronnen und hatte die Züge entsprechend verunstaltet. Von Tacx hatte ich ein paar Mal einen Schweißfänger im Einsatz, der zwischen Lenker und Sattelstütze gespannt wird, diese Lösung war für mich aber nicht praktikabel, da man teilweise mit den Oberschenkeln daran streifte und außerdem der Schweiß seitlich vorbei tropfte.

Also Handtuch auf den Lenker und ab und zu Kopf, Gesicht und Oberkörper abwischen, dann funktioniert das ganz gut.

Wahoo Kickr Matte

Um nicht nach wenigen Wochen den wertvollen Parkettboden sanieren zu müssen, zahlt sich die Investition in eine Unterlagsmatte meiner Meinung nach jedenfalls aus. Passend zum Trainer habe ich die Matte von Wahoo im Einsatz, diese ist dünn und dämmt dabei trotzdem sehr gut die Bewegungen und damit auch einen Teil der Geräusche des Trainers, lässt sich sehr gut abwischen und sie ist breit genug, um dem vollen Equipment Platz zu bieten.

Alternativ hatte ich zuvor schon Handtücher, Turn- und Yogamatten im Einsatz. Diese sind dann entweder zu dick, zu schmal oder einfach unpraktisch.

Telefon

Die “Companion”-App ist Teil des Zwift-Universums und bietet auf dem Mobiltelefon ergänzende Informationen zur Aktivität, Einstellungs- und Steuerungsmöglichkeiten und vieles mehr. Es zahlt sich also grundsätzlich aus, nebenbei noch das Telefon zu aktivieren. Dieses muss dafür nur im gleichen Netzwerk (WLAN) sein wie der Computer, auf dem Zwift läuft.

Außerdem kann man sich - wenn man das möchte - mit den Mitfahrenden per Chat unterhalten, die Kameraeinstellungen steuern, Screenshots machen und einige andere Dinge, für die man sich sonst zur Tastatur des Computer nach vorne beugen müsste.

Und wenn man gerade nicht am Rad sitzt, dient die App als “Hub” für alle Zwift-bezogenen Informationen und Aktivitäten. Man kann die Liste der kommenden Events sehen und diesen auch gleich beitreten, sieht, was Freunde und Bekannte gerade so machen und kann auch seine persönlichen Zwift-Einstellungen bequem über die App erledigen.

Trinkflaschen

Was als Schweiß am Boden landet, wird hoffentlich gleichzeitig als Flüssigkeit wieder zugeführt. Trinken, trinken, trinken, ist das Motto. Ich starte nie ohne Trinkflasche auf der Rolle, standardmäßig sind beide Flaschenhalter mit Iso-Getränken oder Wasser munitioniert. Und praktischerweise muss man in den eigenen vier Wänden auch nicht bei zwei Flaschen Halt machen. Für längere Einheiten auf der Rolle kann man sich auch schon mal vier oder fünf Flaschen neben das Rad stellen - die im Laufe der Zeit angehäuften Flaschen von Marathons, Veranstaltungen und Werbegeschenken wollen doch auch einmal benützt werden.

Oder aber man steigt einfach zwischendurch kurz ab und geht ins Bad oder die Küche, um die Flaschen nachzufüllen - Home, sweet home!

Nahrung

Schließlich bleibt noch die Frage der Ernährung. Je nach Länge und Intensität der Einheit auf der Rolle ist auch hier eine entsprechende Ernährung notwendig. Da in meinem Fall die meisten Einheiten nicht länger als eineinhalb Stunden dauern, verzichte ich dabei meistens auf feste Nahrung. Darüberhinaus ernähre ich mich genauso, wie ich es draußen auch tun würde - Clifbars, Powerbar Shots, “Ausdauervutter” und andere Riegel. Auch davon kann man sich ja einen Vorrat neben den Trainer legen, umsonst mitschleppen muss man ja in diesem Fall nichts.

Fazit

Man kann natürlich aus allem eine Wissenschaft machen und auch an meinem persönlichen Setup scheint vielleicht manches übertrieben. So soll auch jede*r ein eigenes Setup finden, im Vordergrund soll jedenfalls die Freude am Radfahren stehen.

Wer Zwift erleben möchte, dem sei auf jeden Fall ein Smart Trainer nahegelegt, nur so kommt man in den Genuss der Steuerung des Trainers durch die Software und der damit verbundenen Funktionen.

Wer hier und jetzt denkt, ich schwitze abnormal viel, die oder der soll sich einmal für eine intensive Einheit auf die Rolle setzen und dann noch einmal beurteilen, warum ich mir hier so ausführlich über Handtücher, Ventilatoren und sommerliche Kleidung Gedanken mache. ;)

Bleibt die Erkenntnis, dass Zwift tatsächlich einen großen Beitrag dazu leistet, das Wintertraining und die Stunden auf der Rolle unterhaltsam zu gestalten. Im Frühjahr werden die Karten zwar ohnehin immer wieder neu gemischt und auch Radfahren im Winter hat absolut seinen Reiz - ich persönlich möchte diese Variante aber keinesfalls mehr missen. Ride On!

UCI WM Innsbruck 2018

Jetzt ist sie auch schon wieder vorbei, die UCI Straßenrad-WM in Innsbruck und Tirol. Ich hatte das große Glück, als Fotograf eine Woche mitten im Trubel mit dabei zu sein und dabei auch das österreichische Nationalteam zu begleiten. Die Eindrücke und Erfahrungen, die ich in dieser Woche sammeln konnte sind so vielfältig, dass es schwer ist, diese in einem banalen Blogpost zusammenzufassen. Traditionellerweise werde ich daher Bilder sprechen lassen :)

Aus österreichischer (sportlicher) Sicht war die Goldmedaille von Laura Stigger - zwei Tage nach ihrem 18. Geburtstag und wenige Wochen nach ihrem Weltmeistertitel am Mountainbike! - sicher das Highlight. Bei den Juniorinnen und Junioren gab es einige Ausrufezeichen, in den Eliterennen lief es leider nicht ganz so, wie sich das manche im Vorfeld vielleicht erwartet hätten.

Auch eine Erkenntnis dieser Woche ist für mich die Gnadenlosigkeit von Ergebnislisten. Durch meine Nähe zum österreichischen Team und Betreuerstab konnte ich recht nah mitverfolgen, warum ein Einzelner oder eine Einzelne diese oder jene Platzierung erreicht hat oder eben nicht. In der Ergebnisliste und der darauffolgende Berichterstattung geht aber unter, ob ein Fahrer mit Sitzproblemen, eine Fahrerin Schmerzen von den Bandscheiben oder aber jemand einen technischen Defekt hatte. Dass diese Athletinnen jedoch ihre bestmögliche Leistung abgerufen haben, gerät in Vergessenheit und so erscheint so manche Kritik ungerechtfertigt. Diesbezüglich zolle ich allen Sportler*innen großen Respekt, damit muss man auch erst mal umgehen können.

Bei den Zeitfahren konnte man den Sportler*innen - vor allem am Start - sehr nahe kommen. Fototechnisch natürlich eine große Gelegenheit aber auch einer der tollen Aspekte des Radsports - in keiner anderen Sportart kommt man den Akteuren derart nahe und auch dementsprechend (oder trotzdem?) bodenständig sind die meisten von ihnen.

Bei den Betreuern im Auto mitzufahren eröffnet neue Perspektiven auf den Sport, ein Rennen und die Abläufe, die man normalerweise nicht mitbekommt, wenn man an der Strecke steht oder vor dem Fernseher sitzt. Auch die Autokolonne hinter den Fahrer*innen ist so etwas wie ein eigener Organismus, bestimmt von offiziellen Regeln aber auch ungeschriebenen Gesetzen, von nervösen und mitfiebernden Betreuerteams, haarigen Verkehrssituationen, Hektik, Gnadenlosigkeit aber auch Empathie.

Keine Großveranstaltung ohne Fans! Was entlang der Strecken während der WM-Woche los war, ist schwer in Worte zu fassen. Vor allem zum Wochenende hin waren sämtliche Straßen mit Menschen gesäumt, auf dem Olympia-Kurs rund um Innsbruck war vor jedem Wirtshaus, vor jedem Geschäft und vor jedem Hotel eine Fanzone inklusive Getränken, Fernseher und Sitzgelegenheiten aufgestellt. Fans aus aller Welt machten Innsbruck zu einem bunten Fahnenmeer. Die kolportierten Zahlen von rund 250.000 Fans entlang der Strecke beim Herrenrennen am Sonntag glaub ich sofort. Hoffentlich geht mit dem Bejubeln der Fahrer*innen auch eine weiterer Ruck durch die Welt, der die Akzeptanz für den Radsport weiter hebt und die positiven Aspekte derartiger Veranstaltung hervorhebt.

Und zu guter letzt: Ja, es war steil. Ja, es war hart. Ob es die schwerste WM aller Zeiten war - wie die Veranstalter sich auf die Fahnen heften - ist eigentlich unerheblich. Die Fahrerinnen wurden jedenfalls gut gefordert, die 28% steile “Höttinger Höll” hätte es dazu gar nicht gesondert gebraucht, schon auf dem Olympiakurs war den Fahrer*innen das Leiden aus dem Gesicht abzulesen. Dass es landschaftlich ein Schmankerl war, brauche ich hier wohl nicht extra zu erwähnen.

Nächstes Jahr geht es in Yorkshire weiter, der einzige Anstieg und damit höchste Punkt der Rennen misst dort 510 Meter. ;)

Fokus vor dem Zeitfahren

Aus dem Auto heraus

Fans

Mehr Fotos von der WM gibt es auf Instagram und Facebook!

King of the Lake 2018

Ich bin auf dem Weg zu einem Familientreffen. Es ist Samstag Abend und ich parke mein Auto bei der Marina in Schörfling, um meine Startunterlagen für den 8. King of the Lake abzuholen. Quer über die Straße entdecke ich den ersten Teil meiner “Familie” - Michael Nussbaumer, seines Zeichens Organisator des großartigen Race Around Austria und seine Mediencrew. Erst vor einem Monat hab ich mein Zelt ein paar Kilometer weiter in Sankt Georgen im Attergau aufgeschlagen gehabt, um die Radler*innen auf ihrer Langstrecke rund um (Ober)Österreich zu begleiten. Zehn Minuten später habe ich mein Starterpaket in der Hand und Erwin Mayer - Mastermind des King of the Lake - gesellt sich zu uns. Er ist frohen Mutes - gutes Wetter, gefüllte Teilnehmerlisten und zufriedene Mitarbeiter sind Dinge, die einen Rennorganisator glücklich machen.

Zur Familie gesellen sich “Freunde” - egal ob beim gemeinsamen Abendessen am Freitag oder am Renntag. Alle sind sie gekommen, um selbst eine Runde um den Attersee zu drehen oder jene anzufeuern, die sich anschicken, es zu tun. Die Gesellschaft ist eine illustre, die tägliche Facebook-Timeline materialisiert sich zu realen Personen, die sich alle rund um den Start-Zielbereich des “KOTL” drängen. Egal ob Radbundesliga, Profis, Vereine aus ganz Österreich, Vorjahressieger, Vertriebspartner, Medienmenschen, Blogger, Fotografen, Freunde und Nachbarn aus Wien, Hersteller, Sponsoren - wenn nicht Familientreffen dann zumindest Klassentreffen. Würde nicht in wenigen Minuten ein Rennen stattfinden, das Kommen hätte sich trotzdem ausgezahlt. Ein entspannter Nachmittag am schönen Attersee…

Die Idylle trügt allerdings, es liegt etwas in der Luft - Adrenalin, Laktat, Schmerzen. Immerhin gilt es Queen und King of the Lake zu eruieren. Dazu sind die bereits bekannten rund 47 Kilometer um den Attersee zurückzulegen. 47 Kilometer sind viel für ein Zeitfahren - üblicherweise bewegen sich die klassischen Zeitfahrdistanzen bei rund 20-30 Kilometer. Ein paar Höhenmeter kommen auch noch dazu - perfide versteckt in einigen kurzen aber nerven- und kräftezehrenden Anstiegen auf der Westseite des Sees. Die Strecke ist gesperrt - rund sechs Stunden sind die Anrainer des Sees (mehr oder weniger) bereit, “ihre” Straße den Radfahrer*innen zu überlassen. Feuerwehren, Polizei und freiwillige Helfer stellen sicher, dass sich trotz Beschilderung und Infos keine Autos auf die Strecke verirren.

Die Sperre ist eines - wenn nicht DAS - Alleinstellungsmerkmal des King of the Lake, nirgendwo anders in Europa (und vermutlich auch weltweit) gibt es etwas Vergleichbares. Die 1.275 Teilnehmer - und die vielen hundert mehr, die nur mehr einen Wartelistenplatz ergattert haben - danken es dem Veranstalter mit Treue und positiver Rückmeldung. Die Tatsache, dass die Startplätze im Einzel in diesem Jahr innerhalb von wenigen Tagen restlos ausverkauft waren, machen weitere Kommentare dazu überflüssig - bei den Teams waren die Startplätze ähnlich schnell vergriffen.

Was macht den KOTL außerdem noch besonders? Die Landschaft Österreichs hat traditionell einen hohen Stellenwert in allen meinen Blogbeiträgen und besonders die Gegend rund um den Attersee hat es mir angetan - hier also ein Rennen zu veranstalten, trifft genau meinen Nerv und ich denke es geht auch vielen anderen so. Auch wenn man während des Rennens vermutlich keine allzu große Muße hat, sich an der Landschaft zu erfreuen, sie ist da! - spätestens am Abend beim gemeinsamen Feiern wird der Blick über die Marina Richtung See wandern, man wird kurz den Trubel rund um sich herum ausblenden und erkennen, was für einen schönen Fleck man hier vorfindet. Kleiner Tipp für das Rennen übrigens: Solange der See rechts ist, stimmt die Richtung!

Und noch ein Aspekt spielt dem KOTL in die Hände. Unromantisch wie wir leider immer alle mehr werden, dreht sich auch im Training oft alles nur noch um Wattwerte, Leistungszahlen und Abkürzungen von FTP über NP bis CP. Der King of the Lake bietet mit seiner Strecke die Möglichkeit, diese manchmal eher theoretischen Werte in die Realität zu übertragen. Die FTP (Functional Threshold Power) ist jener Wert, den man über die Dauer von einer Stunde erbringen kann - zur Bestimmung dieses Werts fährt man aber nie eine Stunde, der Wert von bspw. 20 Minuten wird meistens hochgerechnet, um die FTP zu ermitteln. Am Attersee bietet der Rundkurs nun eine potentielle Fahrzeit von - je nach Ambition - 1:00 bis 1:20. Eine gute Gelegenheit also, Leistungswerte der “hour of power” auf ihren Realitätswert zu prüfen und die eigene Leistung “in echt” auszureizen. Auf die ehrlichste und gleichzeitig schonungsloseste Art und Weise - alleine im Wind!

Der Renntag startet mit der Rad-Bundesliga und deren Mannschaftszeitfahren. Letztes Jahr als Premiere eingeführt, bieten die Bundesligateams einen zusätzliche Anreiz für alle Zuschauer, eine weitere Vergleichsmöglichkeit mit den Profis und auch die Fahrer selbst werden wohl froh sein, ein derartiges Rennen in ihrem Kalender zu haben. War letztes Jahr noch die Mannschaft von Hrinkow vorne, konnten 2018 die Fahrer von Felbermayr-Wels das Rennen für sich entscheiden. Für die bevorstehende Weltmeisterschaft in Tirol eine perfekte Vorbereitung und Generalprobe, gibt es doch bei der WM zum letzten Mal den Titel des Mannschaftszeitfahrens in der derzeitigen Form zu gewinnen.

Danach wird es ernst für die zahlreichen Vierer-Teams, die sich für den KOTL gemeldet haben. Wer die erste Hürde - die doch recht hohe und steile Startrampe - gemeistert hat, wird von zahlreichen Zuschauern und Fans ins Rennen geschrien - ein Start wir bei einem Profirennen. Vier Fahrerinnen bilden ein Team, die Zeit des oder der Dritten zählt, eine*n Fahrer*in kann man quasi auf der Strecke “opfern”. Die Taktiken sind dabei unterschiedlich - Teams kommen zu dritt oder viert an, manche haben die Ablösungen im Vorfeld schon akribisch einstudiert, haben als Zug trainiert oder fahren einfach drauf los.

Während die Viererteams wieder Richtung Ziel kommen, bin ich gerade am Rückweg in mein Hotel in Moos (ich bin ja neben dem Fotografieren auch zum Fahren angereist). Der Litzlberger Keller (mein Hotel) liegt bei der 2-Kilometer-Marke und genau hier baut sich der letzte Schupfer auf, der zwischen den Fahrer*innen und dem Zielstrich liegt. Und genau hier ist es auch, wo Teams gesprengt werden, Kräfte am Ende sind, Anweisungen nur noch diffus durch die Gegend gerufen werden und sich bei manchen Teilnehmer*innen nur noch der Tunnelblick breitmacht.

Ich ziehe mich am Balkon meines Zimmers für mein persönliches Rennen um und beobachte dabei das Spektakel auf der Uferstraße unter mir. Es ist eine Prozession von Erlösung Suchenden - in Auflösung befindliche Viererteams, durcheinander gewürfelte Windstaffeln, Grüppchen von verlorenen gegangenen Teammitgliedern und die ersten Einzelfahrer, die mit einem Wummern von der montierten Vollkarbon-Scheibe durch das Feld pflügen. Die leicht chaotische Szenerie passt so gar nicht zur idyllischen Seenlandschaft an diesem ruhigen und sonnigen Samstagnachmittag.

Zwanzig Minuten vor meiner Startzeit - die Einzelfahrer starten in 15-Sekunden-Intervallen - stehe ich im Startbereich in der Schlange zur Startrampe, lächelnd, freudig wartend auf mein Startsignal, dass mir mit Sicherheit Schmerzen verursachen wird. Aber irgendwie scheint sich auch jede*r um mich herum darauf zu freuen, sich quälen zu dürfen. Es ist eines der Mysterien der Menschheit und des Sports, warum wir uns das immer wieder antun… - aber es ist nicht genug Zeit, sich jetzt darüber Gedanken zu machen. Auf die Rampe, die Sekunden laufen herunter und schon geht es los.

Ein kleiner Hügel direkt nach dem Start sorgt für den ersten Peak in der Leistungs- und Herzfrequenzkurve, danach rollt es am Ostufer des Sees erstmal “gemütlich” dahin. Eines der Rezepte für einen erfolgreichen KOTL ist, sich in der ersten Hälfte etwas aufzusparen. Wie das genau funktionieren soll oder ob man auch schafft, das umzusetzen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Man wird überholt und fühlt sich dann natürlich doch jedesmal etwas im Stolz verletzt, man durchfährt Fanzonen und will sich gerade dort natürlich keine Blöße geben, und so weiter - so viel zum Thema “ruhig angehen”.

Die Zwischensteigungen entlang des Südufers dürfte ich letztes Jahr verschlafen haben, jedenfalls bin ich überrascht, als ich auf den ersten Anstieg zufahre, den hatte ich jedenfalls nicht eingeplant. Den Anstieg bei Unterach kurz vor der Wende habe ich mir allerdings vom Vorjahr gemerkt. Bei der Halbzeit geht es hier ordentlich bergauf, die meisten Rennradfahrer tun sich hier sichtlich leichter als viele auf ihren Zeitfahrern.

Ich bin 2018 mit dem Rennrad unterwegs,. Wer meinen Blogbeitrag vom Vorjahr noch in Erinnerung hat (oder ihn hier kurz nachlesen möchte), weiß, dass ich 2017 meine Premiere auf dem Zeitfahrrad gefeiert habe, wobei mir die Sitzposition, mangelnde Nacken- und Rückenmuskulatur und zuwenig Vorbereitung auf dem Zeitfahrer (drei “Versuchsfahrten”) einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Für 2018 habe ich mir daher als Ziel genommen, auf dem Rennrad die Zeit vom Vorjahr einzustellen oder zu unterbieten. Nach meinen Rückenproblemen im Frühjahr war der Zeitfahrer für dieses Jahr keine wirkliche Option.

Auf der Westseite des Sees wird es dann spannend. Insgesamt sind es drei oder vier kleinere Hügel - die genauen Ausmaße und Dimensionen sind schwer zu beschreiben bzw. würden sie lächerlich wirken wenn man sich frisch und ausgeruht auf die Straße stellt und locker die paar Meter hinauffährt. Im Rennmodus des KOTL - bis obenhin voll mit Adrenalin, Laktat und “Will-nicht-mehr” - werden diese kleinen Hügel allerdings zu Bergen monumentalen Ausmaßes. Die Wahl pendelt zwischen “Drübertreten” - und dem Risiko, sich totzufahren und das Laktat bis zum Ziel nicht mehr aus den Beinen zu bekommen - oder aber langsam hinaufkurbeln und sich gleichsam im Anstieg verenden sehen. Zu allem Überfluss ist im steilsten Abschnitt auch noch eine Fanzone des Race Around Austria aufgebaut (siehe oben - “Familie”), da muss man irgendwie ohne Gesichtsverlust durchkommen.

1500 Meter vor dem Ziel ist aber auch der letzte “Gipfel” bezwungen, es geht flott bergab zurück Richtung Ziel. Vor der Agerbrücke wartet noch eine 90-Grad Kurve, danach kann man getrost nochmal alles aus den Beinen rausholen, die Ziellinie ist in Sicht und damit unendlicher Ruhm und Genugtuung. Ob auf der Anzeigetafel 1:05 steht (in diesem Fall tiefe Verneigung) oder 1:21 (wie in meinem Fall) ist völlig nebensächlich - sage ich, dem es in erster Linie um den Sieg über den inneren Schweinehund geht. Wer hier im Ziel ausrollt, nach Luft schnappt und Krämpfe zu vermeiden versucht, kann stolz sein - stolz auf das, was in den letzten Minuten passiert ist, was man geleistet hat, wie man gesiegt hat.

Während ich über mein Oberrohr gebeugt im Zielkanal schnaufe, wird im Hintergrund der Start von Georg Preidler angekündigt. Er hat 2017 - als amtierender Zeitfahrer-Staatsmeister - eine Fabelzeit und einen neuen Streckenrekord von 55 Minuten in den Asphalt der Attersee-Uferstraße gebrannt. Eine knappe Stunde später wird Georg mit einem neuerlichen (und unfassbaren) Rekord von 53 Minuten wieder im Ziel sein. Das ist mir im Moment aber egal, die eingangs erwähnten Freunde und Familienmitglieder stehen bei mir, man trifft sich wieder, gratuliert sich, fragt nach dem Erlebten, tauscht sich aus. Und auch die eigene Freude ist noch einmal intensiver, wenn man sie mit jemandem teilen kann.

Für Georg Preidler freue ich mich übrigens sehr, er ist einer der nettesten und bodenständigsten Fahrer im Zirkus. Am Morgen des Renntags waren wir gemeinsam mit seiner Freundin “einfahren” - während er eine lockere Runde um den ganzen See gefahren ist, war das für mich schon die erste Belastung des Tages ;) Ich bin jedenfalls gespannt, welche Leistung Preidi im Zeitfahren der WM bringen kann und freue mich schon, auch dort dabei sein zu können.

Gratulation an Marcus Baranski (den King of the Lake), Adelheid Schütz (die Queen), Babsi Mayer, Christoph Strasser, alle, die neue Bestzeiten erzielt haben, sich aus der Komfortzone bewegt haben, ins Ziel gekommen sind oder einfach Spaß hatten. Dank und Glückwünsche auch an Erwin Mayer und das ganze Team der Atterbiker, die wiederum eine großartige Veranstaltung auf die Beine gestellt und abgewickelt haben. Ich freue mich auf 2019!

Meine Teilnahme am Rennen und die Übernachtung am Attersee erfolgten auf Einladung des Veranstalters. Fotos wurden selbstgemacht oder vom Sportograf.

"Intensität" von David Misch

Ich würde ja gerne schreiben, dass ich mich noch genau daran erinnern kann, als es an diesem oder jenen Tag, genau um diese Uhrzeit Klick gemacht hat. Aber ich kann Zeitpunkt und Auslöser nicht mehr genau festmachen, als sich bei mir irgendein mysteriöser Schalter umgelegt hat. Ab diesem Moment waren manche Dinge irgendwie anders: Erzählungen über tagelange Radtouren lösten bei mir plötzlich kein Kopfschütteln mehr aus, Geschichten über Schlafentzug schockierten mich weniger als zuvor, Berichte von “Qualen" bei der Bewältigung einer hunderte Kilometer langen Strecke machten plötzlich geradezu Lust, selbst sofort in den Sattel zu steigen.

Ultracycling, aber auch jede andere Sportart, die eine ähnliche Hingabe und Zuwendung abverlangt, ist ein Feld, über das man hervorragend philosophieren kann. Wie sonst soll man manche Ausprägungen “rational” erklären? Zwangsläufig sieht man sich mit Fragen konfrontiert wie “Ist das noch normal?”, “Ist das nicht gesundheitsschädlich?” oder “Wo liegt der Sinn dieser Aktionen?”. Diese grundlegenden Fragen zu beantworten und die vielen Zwischentöne und Nuancen zu beleuchten ist eine große Herausforderung, zumal Motive und Herangehensweisen höchst unterschiedlich sind. Als gemeinsamer Nenner lässt sich jedoch der Begriff “Intensität” ermitteln, geht es doch immer um ein bewusstes Erleben, Steigern oder Erfahren.

David Misch - selbst Ultra-Radsportler und Autor des schönen Buchs “Randoneé” - hat sich unter ebenjenem Titel “Intensität” daran gemacht, den Themenkomplex fundierter zu betrachten. Und er tut dies nicht alleine, sondern mit Hilfe von zahlreichen Protagonisten ebendieser “intensiven” Erlebniswelten - Radfahrern, Läufern, Tauchern, Bergsteigern und Paragleitern. In siebzehn Interviews versucht Misch, einen Einblick in die Gedankenwelt dieser Personen zu erlangen - immer mit dem Ziel, die Motivation, Herangehensweise und die damit verbundenen Hoffnungen und Ängste zu erfahren, die in der Verwirklichung von immer extremeren Projekten liegen. Das resultiert in teilweise ernüchternden, manchmal erwartbaren aber oft auch überraschenden Geschichten, denn mit Hobby-Psychologie alleine kommt man nicht weiter, wenn man auf der Suche nach Erklärungen für diese Höchstleistungen ist.

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Die Interviews

Es macht natürlich keinen Sinn, hier zu versuchen, das Buch klassisch zusammenzufassen, zu unterschiedlich sind dafür die einzelnen Gespräche und Erfahrungen. Eine gemeinsame Klammer um alle Interviews zu spannen ist ebenso nicht möglich, einerseits hat jede Person in dem Buch ihre Alleinstellungsmerkmale, andererseits führt ja schon der Autor selbst am Anfang des Buchs aus, dass es nicht möglich ist, alle Projekte der Protagonisten in einen gemeinsamen Topf zu werfen.

Für eine Rezension eine schwierige Aufgabe… Bevor ich daher auf jedes der gefühlt 2.000 Fähnchen eingehe, das ich bei der Lesung des Buches eingeklebt habe - “Das könnte für die Rezension interessant sein!”, “Das hier auch”, “Naja, das hier eigentlich auch noch” - versuche ich ein paar der Aspekte aus den einzelnen Interviews hervorzuheben, die mich persönlich entweder berührt, verwundert oder überrascht haben und hoffentlich Lust aufs Lesen machen - ohne roten Faden, Wertung oder Reihenfolge…

Momentaufnahmen

Quälerei

Rainer Predl - den ich übrigens 2017 beim Race Around Austria vor der Linse hatte - ist Pragmatiker. Bei ihm scheint der Lustgewinn nicht primärer Antrieb zu sein bzw. geht es ihm neben der Leistung jedenfalls nicht um landschaftliche Schönheit oder andere Genüsse. Er scheint getrieben davon, Leistung erbringen zu müssen und schreckt dabei auch vor Selbstzerstörung nicht zurück, obwohl sein Körper schon sämtliche Alarmsignale aktiviert hat. Leistung und Tempo sind für ihn die einzigen Messgrößen, nur Finishen alleine ist für ihn persönlich noch kein Ziel. Doch wer hier eine emotionslose Maschine vermutet liegt falsch, ist doch ein Mindestmaß an Reflexion essentiell, wenn man sich in solchen Extremen bewegt. Bewundernswert finde ich daher die Anekdote, in der Predl ein Rennen aufgab, als er sich bewusst wurde, dass sich viele andere Läufer über ihre vernünftigen Grenzen hinaus verausgaben und er “nicht mehr Teil dieser Horrorshow sein wollte”.

Social Media-Druck

Ein sehr spannender Aspekt wird von Florian Grasel - unter dem Pseudonym “Trailbeard” einer der erfolgreichsten Trailrunner - eingebracht, und zwar der Druck, der durch soziale Medien entsteht. Im Extremsport bedeutet das, sich tagtäglich mit neuen Rekorden, Projekten und Versuchen konfrontiert zu sehen, gut produziert, hervorragend dokumentiert und vermeintlich auch recht einfach nachzumachen und damit auf eine Art und Weise die Leistungen wieder relativierend. Die eigene Social Media-Präsenz ist dabei zugleich Fluch und Segen, ist es doch ohne entsprechenden Internetauftritt heutzutage schwierig, Leistungen zu vermarkten und Sponsoren zu finden. Der permanente Druck des Produzierens neuer Inhalte - die im Idealfall auch noch spektakulär sein sollen - ist allerdings enorm. Da kann das persönliche Erleben schon einmal fast durch den Rost fallen.

Suchtpotential

RAAM-Sieger Severin Zotter arbeitet als Sozialarbeiter in Graz und hat in dieser Funktion auch mit zahlreichen Suchterkrankten zu tun. Er widerlegt in seinem Interview auf spannende und eloquente Art und Weise die Hypothese, dass viele (Extrem-)Sportler aus einem Suchtverhalten heraus handeln, immer neue Rekorde und Extreme suchen, vergleichbar mit dem “nächsten Schuss” - und es finden sich in “Intensität” auch andere Sportler, die in das gleiche Horn stoßen. Die meisten der Protagonisten sind überlegte, rational handelnde, berechnende und sämtliche Eventualitäten abwägende Individuen. Von unüberlegten, sinnlos riskanten oder irrationalen Handlungen sind alle weit entfernt - wesentlich ist der im Vorfeld grob abgesteckte Rahmen, in denen sich deren Aktivitäten bewegen. Und wenn schon Sucht, dann erwähnt Zotter Sport als Suchtprävention - hier wird schlimmstenfalls eine gefährliche Sucht gegen eine weitaus harmlosere getauscht.

Übermenschliche Leistungen

Immer wieder kommt auch das Thema Doping zur Sprache - überall dort verständlich, wo Leistungen über die Vorstellungskraft eines externen Betrachters hinausgehen. Christoph Strasser - gerade frisch gebackener Staatsmeister im Ultracycling beim Race Around Austria - berichtet von seinen Sorgen, dass die Stimmung ihm gegenüber kippen könnte, angesichts der Leistungen, die er auf beständig hohem Niveau erbringt. und er sieht dabei ein systemisches Versagen - sobald mehr Geld im Spiel ist, “bleibt kein Platz für Idealismus, für den vielzitierten olympischen Gedanken”. Dass das Race Across America nach wie vor ohne Preisgelder auskomme, sei in diesem Sinne als Vorteil zu werten, um die Unschuld und auch Unbekümmertheit der Szene zu bewahren. Denn Fakt ist auch - und das auch abseits des klassischen Dopings: wer bei einem mehrere tausend Kilometer langen Rennen betrügen wollte, der wird das schaffen - trotz Referees und Regularien.

Christoph Strasser bei der Race Around Austria Challenge 2018

Immer weiter

Warum läuft oder fährt man immer weiter und weiter - wie kommt es zustande, dass man sich an die Startlinie eines (unvorstellbaren) 20-fach Ironman stellt? Xandi Meixner beschriebt, dass sie vom Konzept des “immer schneller” in einer bestimmten Disziplin zum “immer weiter” gewechselt hat - eine vermeintlich grundlegende Entscheidung zwischen zwei Entwürfen von Sport, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Für Meixner nimmt die Entscheidung für das “immer weiter” auch Druck von ihr, falls in einem Jahr einmal nicht die entsprechenden Leistungssteigerungen auftreten.

Ambivalenz

Ambivalent ist das Bild, das von Michael Strasser entsteht, wenn man seine Interviewpassagen studiert. Es ist schwierig, sich zwischen Top-Leistungssportler, Narziss, Sozialprojekt und Öffentlichkeitsarbeit ein stimmiges Bild zu machen. Er wirkt getrieben von der absoluten und permanenten Leistungsoptimierung wobei gleichzeitig der Eindruck entsteht, dass an anderen Stellen Dinge zu kurz kommen. Auch wenn ein gewisser Pragmatismus bei monumentalen Projekten wie dem aktuell laufenden “Ice2Ice” natürlich notwendig ist, um so etwas erfolgreich abzuwickeln.

Das Buch

Die Zielgruppe für dieses Buch ist breit gefächert. Sport-Interessierte, Hobbyathleten mit Ambitionen, Partner und Angehörige und alle Menschen, die verstehen wollen, was in Extremsportlern vor sich geht. Das Buch beschönigt nichts - nicht dass dies notwendig wäre, leugnet nichts, wertet aber auch nicht. Die Protagonisten sprechen aus ihren Innersten, allzu viele Kommentare sind dazu nicht notwendig. Es bleibt genügend Spielraum für den Leser und die Leserin, die Aussagen für sich selbst zu deuten und damit auch die Möglichkeit, sich selbst wiederzufinden.

Autor und Buch verzichten auf jegliche Effekthascherei. Die enthaltenen Bilder der Protagonisten verdeutlichen lediglich, in welchem Umfeld sich diese bewegen und untermauern damit deren Aussagen. Die Interviews selbst sind so verfasst, als säße man mit am Tisch - auch hier bedürfen die Worte der Interviewpartner keiner zusätzlichen Stilmittel oder Dramatisierungen, die “Intensität” des Gesagten reicht hier absolut aus, um das Buch nicht weglegen zu wollen.

Übrigens hat im Egoth Verlag vor kurzem auch Christoph Strasser ein Buch veröffentlicht - eine Biographie mit dem Titel “Der Wer ist weiter als das Ziel”. Eine Rezension und das dazugehörige Gewinnspiel gibt es in Kürze hier auf 169k.net

Neben dem Rezensionsexemplar wurde vom Egoth Verlag noch ein Exemplar zur Verlosung zur Verfügung gestellt. Alle vollständig ausgefüllten und abgeschickten Formulare nehmen automatisch an der Verlosung teil. Es besteht kein Rechtsanspruch und es ist keine Barablöse möglich. Mit Absenden des untenstehenden Formulars erfolgt außerdem eine Eintragung des Absenders in den Verteiler des 169k-Newsletter. Die Bekanntgabe des Gewinners oder der Gewinnerin erfolgt auf der Facebook-Seite von 169k.net, die Teilnahmefrist endet am 30.09.2018.

VICC-Cup 09.09.2018

Alle Infos zur Rennserie, Ergebnisse und Termine hier: https://vicc.racing

Frauen/Junior*innen

Männer

"Schnupper-Kriterium"

ÖM/ÖSTM Bahn (06.-07.09.2018)

Tag 1 - Einzelverfolgung 4000m Männer Elite

Tag 1 - Einzelverfolgung 4000m Männer Amateure

Tag 1 - Rekordversuch 2000m Tim Wafler

Tag 1 - Punkterennen Nachwuchs

Tag 1 - Einzelverfolgung 4000m Para

Tag 1 - Einzelverfolgung 2000m Juniorinnen

Tag 1 - Einzelverfolgung 3000m Masters

Tag 1 - Madison

Tag 2 - Scratch Race Frauen

Tag 2 - Scratch Race Männer

Tag 2 - Rekordversuch 3000m 4er-Team

Tag 2 - Temporennen Frauen

Tag 2 - Temporennen Männer

Tag 2 - Ausscheidungsrennen Frauen

Tag 2 - Ausscheidungsrennen Männer

Tag 2 - Ausscheidungsrennen Masters

Tag 2 - Punkterennen Frauen

Tag 2 - Punkterennen Männer

Tag 2 - Siegerehrungen + Omnium 

Race Around Austria 2018

Zehn Mal Race Around Austria - die Geschichte des Rennens war in Sankt Georgen allgegenwärtig. Auf dem riesigen Screen im Startbereich waren die Meilensteine der bisherigen Historie zu sehen - die Erstbefahrung von Manfred Guthardt, die Jungfernfahrt des Rennens in der heutigen Form von Christoph Strasser vor zehn Jahren und die Sieger*innen der letzten Austragungen. Das Geburtstagsgeschenk machte man sich schließlich selbst - Österreichische Meisterschaften auf der Langstrecke und damit Meistertrikots, auf die viele der Teilnehmer hofften.

Die Veranstaltung selbst ist mittlerweile großartig eingespielt. Die Impressionen und Eindrücke, die ich beim RAA 2017 sammeln konnte, haben sich dieses Jahr bestätigt bzw. noch einmal verstärkt. Eine professionelle Organisation, die auch gleichzeitig eine der nettesten und sympathischsten im Veranstaltungskalender ist, entspannte und geerdete Teilnehmer, eine Gemeinde, die das RAA mit Haut und Haar mitträgt und damit insgesamt eine positive Stimmung, die sich auf alle Beteiligten überträgt - egal ob man die 2.200 Kilometer lange Extrem-Strecke fährt, entlang der Strecke fotografiert oder als Zuschauer das Spektakel genießt.

Ich habe mein RAA 2018 anders organisiert als im Vorjahr. War ich 2017 noch alleine mit dem Auto unterwegs - immer "auf der Jagd" nach Fahrern, um diese an möglichst spektakulären Orten abzulichten - war das Motto für dieses Jahr "Weniger ist Mehr". Weniger Kilometer im Auto, weniger Stress, weniger unterschiedliche Locations - mehr Überblick, mehr Kontrolle, mehr produktive Zeit. Die daraus entstandenen Fotos und Geschichten können daher immer nur Momentaufnahmen sein, Kurzberichte vom Start, von unterwegs und aus dem Ziel, fragmentarisch, punktuell aufgenommen aber dennoch (hoffentlich) einen recht umfassenden Eindruck des Race Around Austria vermittelnd.

Die Extrem-Strecke

Die Extrem-Strecke verläuft über eine Distanz von rund 2.200 Kilometern entlang der Grenzen Österreichs, dabei werden ganz nebenbei auch noch rund 30.000 Höhenmeter abgespult. Keine einfache Herausforderung - dementsprechend sind hier die Könner des Ultracycling-Fachs versammelt und all jene, die schon eine erkleckliche Anzahl an Kilometern in ihrem Radler-Leben gesammelt haben, um diese Herausforderung absolvieren zu können. Das Jahr 2018 war klimatisch und wettertechnisch deutlich besser als das Vorjahr - 2017 war das Rennen noch von Hitze, Unwettern, Hagel, Sturm, Regen und Schnee geprägt. Entsprechend schneller waren die Teilnehmer diesmal unterwegs, die erbrachten Leistungen damit allerdings um keine Deut geringer!

Anna Bachmann

Als Rookie am Start sprintete Anna geradezu vom Start weg auf die lange Strecke. Die erste Nacht wurde noch bei starkem Regen absolviert, das tat dem spannende Zweikampf mit Isabel Pulver allerdings keinen Abbruch. Wenn man das Tracking am Computer oder auf dem Smartphone verfolgte, so lagen die zwei Punkte der Fahrerinnen fast immer neben- oder sogar übereinander. Am Ende konnte sich Anna aber doch deutlich durchsetzen und rollte mit neuem Streckenrekord bei den Damen ins Ziel zurück in Sankt Georgen.

Markus Hager

Markus konnte im Vorjahr das Rennen für sich entscheiden und war dementsprechend mit der Startnummer "1" am Start in Sankt Georgen. Ich hatte das Glück, Markus im Sommer besser kennenzulernen und fieberte daher mit ihm mit, als er die Startrampe herunterrollte und auch jedes Mal, wenn ich ihm und seinem Team auf der Strecke begegnete. Seinen Vorjahressieg konnte er 2018 trotz besserer Fahrzeit nicht verteidigen. Der Zeitgewinn ist übrigens auch zu einem guten Teil auf den Umstand zurückzuführen, dass Markus (nach bereits atemberaubenden 40 Minuten im Vorjahr) dieses Mal "0" (in Worten: "NULL") Minuten geschlafen hat - in mehr als drei Tagen!  

Patric Grüner

Patric begleitete der Nimbus des ewigen Zweiten beim Race Around Austria, finishte er doch 2014, 2015 und 2016 jeweils "nur" auf dem zweithöchsten Treppchen. Auch bei der Ausgabe 2018 sah es längere Zeit nach einem guten aber eben nicht ersten Platz aus, sogar eine Beendigung des Rennens stand im Raum. Dann sah Patric den bis dahin Führenden - Rainer Steinberger - am Straßenrand stehen und aufgeben, sagte sich "Gegen den Markus Hager verliere ich nicht noch einmal" und riskierte. In einem Höllentempo durchquerte er sein Heimatland Tirol und machte sich als Führender auf in Richtung Ziel. Der Fluch des Zweiten war also gebrochen, Patric überglücklicher Sieger des Race Around Austria 2018. 2019 steht beim ihm das Race Across America am Programm - mit einem RAA-Titel in der Tasche macht die Vorbreitung darauf sicher noch mehr Spaß!

Philipp Reiterits

Immer wieder denke ich gerne an das Kennenlernen mit Philipp zurück, als Jan und ich im Mai 2016 am Glockner auf einen Radler mit RAA-Kapperl gestoßen sind. Seitdem durfte ich letztes Jahr seine Premiere auf der 1.500er-Strecke bewundern, ihn besser kennenlernen und auch seine Vorbereitungen auf den diesjährigen Start auf der Extrem-Strecke mitverfolgen. Philipp hat das Rennen stark gestartet, musste in Vorarlberg jedoch aufgrund eines sogenannten "Shermers Neck" absteigen. Dabei ermüdet die Nackenmuskulatur dermaßen, dass man den Kopf nicht mehr hochhalten kann. Philipp hat allerdings bereits nach wenigen Tagen seinen Start beim RAA 2019 angekündigt - ich freue mich schon jetzt, ihn wieder auf der Startrampe und auf der Strecke zu treffen.

4er-Teams

Die Viererteams waren 2018 zahlreich vertreten, war dies doch eine der Kategorien, in denen ein Meistertrikot zu gewinnen war. Glamour erhielt die Startbühne durch den Start des "Hill Racing Teams", sportlich konkurrierte dieses das ganze Rennen über mit dem Team "CLR Sauwald Cofain 699" - letzteres konnte am Ende den Bewerb für sich entscheiden.

Die Challenge

Die 560 Kilometer rund um Oberösterreich gelten als "Einstiegsdroge" in den Ultra-Radsport und bieten eine gute Gelegenheit, das Ganze einmal auszuprobieren. Dementsprechend ist viel los auf der "kurzen" Strecke und es tummeln sich zahlreiche - auch bekannte - Gesichter auf der Startrampe. Zu allem Überfluss dürfte ich Michi Nussbaumer - dem Veranstalter des RAA höchstpersönlich - meine Teilnahme im nächsten Jahr zugesagt haben - so sehr lässt man sich von der tollen Stimmung am Start mitreissen.

Christoph Strasser

Über "Straps" braucht man nicht mehr allzu viele Worte verlieren - er ist der Großmeister des "Weitradlfoarns" (wie es einer seiner Hashtags ausdrückt). Mit nach eigenen Angaben noch etwas müden Beinen ist er von seinem fünften Race Across America-Sieg nach Oberösterreich gekommen, um das Staatsmeistertrikot auf der Langdistanz zu gewinnen. Fragen nach Sieg und auch Streckenrekord spielte Christoph zu Beginn noch herunter - tatsächlich kann auf der kurzen Strecke der Challenge schon ein falsches Abbiegen oder ein technischer Defekt über den Sieg entscheiden. Am Ende war es dann der erwartete Sieg auf der Challenge mit einer fabelhaften neuen Rekordzeit, die wohl in den nächsten Jahren keiner knacken wird können. Und jedes Mal, wenn ich Christoph treffe, bin ich wieder positiv überrascht, wie normal, geerdet und sympathisch er ist - trotz oder gerade wegen seiner Erfolge. In Kürze wird es übrigens auf 169k mehr von Christoph und seiner gerade erschienenen Biographie "Der Weg ist weiter als das Ziel" zu lesen geben.

Barbara Mayer

Im Palmarés von Babsi leuchtet 2018 alles bronze, silber und golden - egal ob Staatsmeisterschaften Straße, Zeitfahren, Mountainbike, Salzkammergut-Trophy... Alles was Barbara angeht, endet erfolgreich - und die WM im September kommt ja erst noch. In fabelhafter Rekordzeit umrundete sie Oberösterreich und sicherte sich damit das Staatsmeistertrikot. Und dabei war immer ein Lächeln auf ihren Lippen zu sehen - so vermittelt man Freude am Sport und an der Leistung! Meine tiefe Verneigung!

geradeaus.at

Tina und Andy bloggen gemeinsam als geradeaus.at über ihre Erlebnisse, denen sie mit der RAA-Challenge im Jahr 2018 ein großes Kapitel hinzugefügt haben. Das ganze Jahr über konnte man auf ihrem Blog alles über Training, Equipment, Vorfreude aber auch die Schattenseiten der Rennvorbereitung lesen. Am Tag X lieferten die beiden dann eine großartige Leistung ab und bewiesen am meisten sich selbst, was alles möglich ist. Ein erster emotionaler Rückblick ist auf der Seite geradeaus.at nachzulesen.

Team Chase

2017 waren sie noch als Team Chase gemeinsam am Challenge-Start, für 2018 hatte man sich ein Rennen Mann gegen Mann - Felix gegen Berni - zurechtgelegt. Die Vorbereitung verlief jedoch nicht ganz so (gleichmäßig) wie geplant, dementsprechend wurde es nicht das Rennen gegeneinander sondern "nur" gegen die Zeit und die anderen Teilnehmer. Felix konnte sich - mit einer Zielankunft an seinem Geburtstag - zudem den großartigen vierten Platz sichern. 

Die 1500er

Die mittlere Runde führt über 1.500 Kilometer entlang der Grenzen des Landes, spart aber den Westteil Österreichs aus. Logistisch und vom Timing her war das Fotografieren der 1.500er eine Herausforderung, vor die Linse bekam ich großteils nur das Führungsduo Franz Scharler und Christian Gammer. Letzterer konnte das Rennen für sich entscheiden und wurde in Sankt Georgen als Sieger gefeiert.

Lesachtal

Großglockner

Exkurs: Rennradfahren rund um Sankt Georgen

Wer so wie ich etwas früher Richtung Attersee reist, kommt außerdem noch in den Genuss großartiger Rennradstrecken. Entlang der wunderschönen Seeufer (Atter-, Mond-, Wolfgang- und Fuschlsee) ist der Verkehr zugegebenermaßen ein kleiner bis mittelgroßer Spaßhemmer, wer sich aber "eine Reihe nach hinten" begibt, kommt in den Genuss menschen- und autoleerer Güterwege, pittoresker Landschaften und herausfordernder Höhenmeter. Als Abschluss hier ein paar Bilder zur Inspiration - Oberösterreich, Attergau, Race Around Austria, wir sehen uns spätestens im August 2019!

Zwift - WM-Strecke Innsbruck

Einen WM-Kurs (wenn auch "nur" virtuell) abfahren zu können ist etwas besonderes - wenn dieser WM-Kurs auch noch im schönen Tirol liegt, dann ist es etwas ganz besonderes. Zu unserem Glück hat sich Zwift mit der Rad-WM 2018 in Innsbruck zusammengetan und eine Variante des Kurses in und um die Landeshauptstadt Innsbruck in die virtuelle Welt der Trainingsplattform integriert. 

Zwift

Was Zwift eigentlich ist, muss hier nicht mehr erklärt werden. Die Trainingsplattform mit ihren virtuellen Strecken hat längst eine Popularität erreicht, die Erklärungen über Funktionsweise, Inhalte und (echte) Schweißlacken auf der Trainingsmatte überflüssig machen. Für mich persönlich ist Zwift zu einem elementaren Bestandteil meines Radlerlebens geworden. Im Winter sowieso, wenn die Temperaturen oder Witterungsverhältnisse ein Training draußen nicht zulassen oder aber zumindest massiv erschweren. Auch für strukturierte Trainings ist die Software meines Erachtens oft besser geeignet als die Trainingsrunde im Freien - Laborbedingungen und gleichmäßige Umstände findet man draußen eben nur sehr selten.

Und seit ich Ende letzten Jahres Vater geworden bin, konnte ich noch einen anderen Vorteil von Zwift feststellen: Zeit! Mit einem kleinen Kind ist diese eher Mangelware und die Einteilung entsprechend schwierig - da kommen die Vorteile von Zwift zum Tragen. Alle fünf Minuten beginnt irgendein Event, dem man sich spontan anschließen kann oder man spult eben eines der vielen Trainingsprogramme ab - ein Stunde reicht hier vollkommen aus, um sich auszupowern (mit der geeigneten - leisen! - Rolle auch am Abend oder in der Nacht).

Im Sommer geht die Nutzung von Zwift auch bei mir naturgemäß zurück. Wenn es draußen 35 Grad hat, ist die Vorstellung von Schweißbächen auf der Rolle im nochmal zehn Grad heißeren Zimmer keine sehr reizvolle Vorstellung. Für die neue Strecke der WM in Innsbruck habe ich aber gerne eine Ausnahme gemacht, wie oft gibt es schon eine WM in Österreich und die dazugehörige Strecke für jedermann und -frau zum Nachfahren...

Strecken

Vier Varianten stehen auf Zwift zur Verfügung, um die WM-Strecke in Innsbruck zu erkunden:

  • 2018 UCI Worlds Short Lap
  • "Achterbahn"
  • "Innsbruckring"
  • "Lutscher"

Die "2018 UCI Short Lap" ist der Originalkurs der Straßenrennen der WM. Nach der Anfahrt durch das Inntal wird diese Runde von den Herren sechs Mal, von den Damen drei Mal und von den Juniorinnen, Junioren und Männern U23 ein, zwei bzw. vier Mal durchfahren.  Es geht dabei unter der Inntalautobahn durch an den Südrand der Stadt, hinauf nach Aldrans und Lans und über Igls wieder hinunter nach Innsbruck. In der Stadt folgt ein flotter (weil relativ flacher) Parcours über die Maria-Theresen-Straße und dabei auch vorbei am Goldenen Dachl.

"Achterbahn" ist eine Streckenvariation, bei der dieser Parcours einmal mit und einmal gegen den Uhrzeigersinn durchfahren wird, "Innsbruckring" bezeichnet nur den Teil der Strecke durch die Innenstadt - die Bergwertung Igls wird dabei ausgelassen. "Lutscher" erspart dem Fahrer wiederum den Innenstadtteil und konzentriert sich rein auf den Anstieg. Für Abwechslung ist also gesorgt, entweder puristisch auf der WM-Strecke oder auf einer der unterschiedlichen Varianten.

Hier zum Vergleich die Strecke und Topologie des WM-Abschnitts durch Innsbruck - deckungsgleich!

Die WM in Innsbruck rühmt sich ja mit dem Attribut, eine wenn nicht die schwerste WM aller Zeiten zu sein. Nun ja, das erreicht sie grundsätzlich schon mit den Streckenlängen und Höhenmetern, die in den unterschiedlichen Bewerben von den Athlet*innen zu absolvieren sind. Aber immer wieder wird auf das "Sahnehäubchen" Höttinger Höll verwiesen, die dem WM-Kurs (der Herren) mit 28 Steigungsprozenten die Krone aufsetzen und als Abschluss des Parcours noch einmal eine letzte Auslese durchführen soll. 

Als Zwift-User*in sucht man diese Sonderprüfung in der virtuellen Welt vergeblich, auch wenn ein zarter grauer Strich in den Streckenskizzen auf deren Existenz hinweist. Auf Rückfrage bei Zwift wurden meine Hypothesen bestätigt: kein derzeit erhältlicher Smart-Trainer ist imstande, die 28% der Höttinger Höll zu simulieren - der Tacx Neo schafft 25%, der Wahoo Kickr 20%. Viel wichtiger als der Smart Trainer ist allerdings der Smart User, der hoffentlich smart genug ist, seine Grenzen zu kennen. Dieser Logik folgend möchte Zwift den Spiel"spaß" erhalten und schickt dementsprechend seine User*innen nicht durch die Hölle. Schade auf der einen Seite, aber verständlich und vermutlich auch gescheiter auf der anderen. Seit der Innsbrucker Bürgermeister außerdem der (leidigen) Debatte um die Befahrbarkeit der echten Höttinger Höll ein Ende bereitet hat, steht es nun ohnedies frei, die reale Strecke zu befahren. Diese Variante wird - bei aller Realitätsnähe von Zwift - ohnehin einen besseren Eindruck von den Strapazen des Rennen ermöglichen. Ich werde jedenfalls versuchen, mir vor der WM noch persönlich ein Bild vor Ort zu machen.

(Fahr)Eindrücke

Eine Proberunde auf dem WM-Kurs bietet rund 500 Höhenmeter auf knapp 24 Kilometern. Auf der Rolle schon eine anspruchsvolle Prüfung, ist nicht auszudenken, was die Profis hier im Renntempo für Leistungen abliefern müssen. Nach einer kurzen Runde durch Innsbruck steigt es Richtung Aldrans mit oft zweistelligen Prozentwerten an, man durchfährt einige Kehren, bevor man weiter aufsteigt. Wer ab und zu in den Bergen fährt, weiß um die unterschiedliche Topologie und die damit verbundenen Anstrengungen - vielmehr aber auch um die psychologischen Aspekte von Anstiegen. Geht es lange geradeaus? Wie breit ist die Straße? Wie weit kann ich nach vorne sehen? Die Zwift-Welt rund um Innsbruck vermittelt gut den Höhengewinn und den Landschaftswechsel, den man beim Verlassen von Innsbruck erfährt. Und speziell nach den Kehren bei Aldrans findet man sich in einer langen geraden Steigung wieder, die immer um die 7-9, punktuell auch um die 11 Prozent pendelt - eine recht harte Prüfung!

Der gesamte Anstieg (und damit der Zwift-KOM) ist mit 7,4 Kilometern und einer durchschnittlichen Steigung von sechs Prozent beziffert - angesicht der zwischenzeitlichen Ebenen bewegt sich die Steigung aber eben im oberen Bereich. Rund eine halbe Stunde ist man unterwegs, bevor man am höchsten Punkt der Runde angekommen ist. Von da an geht es rasant bergab, durch Igls zurück Richtung Innsbruck und dabei vorbei an der markanten Schisprungschanze von Zaha Hadid, die in der Welt von Zwift noch dazu violett beleuchtet ist - nicht zu verfehlen also.

Die Abfahrt weist großteils zweistellige Prozentwerte auf, dementsprechend kann man sich vorstellen, was bei einer Auffahrt hier bevorsteht. Die WM-Teilnehmer*innen müssen hier nicht hinauf, wer eine andere Streckenvariante auf Zwift wählt, schon. Die Hungerburgbahn wird unterquert - auch hier prangt ein Zwift-Logo auf dem Metallgestänge. Danach geht es auf eine Runde durch die Stadt - Zwift spricht von einem flachen, schnellen Kurs, auch hier sorgen aber Steigungen von bis zu zehn Prozent, dass es (zumindest bei mir) nicht allzu schnell wird...

Den besten Eindruck bekommt man, wenn man sich ein paar Bilder von der Strecke ansieht:

Details

Die Strecke sollte also für die Profis eine Möglichkeit bieten, sich den WM-Kurs vor dem eigentlichen Ereignis anzuschauen und die Schlüsselstellen oder Besonderheiten kennenzulernen. Während sich also die Pros eher um die technischen Daten kümmern, bleibt dem "Genuss-Radler" in mir, sich auf die landschaftlichen Details zu stürzen und - das macht man ja bei solchen Gelegenheiten immer - zu kontrollieren, ob eh alles so abgebildet ist wie in Wirklichkeit. 

Einige Punkte sind bewusst "falsch". So hat man darauf Wert gelegt, die Landmarks der einzelnen WM-Strecken entlang des Kurses durch Innsbruck zu präsentieren. Damit liegt der berühmte wasserspeihende Swarovski-Riese jetzt kurzerhand bei Igls, auch Teile von Rattenberg, der Outdoor-Spielplatz Area47 und die Festung Kufstein findet man - recht disloziert - an der Strecke rund um Innsbruck wieder. Aber der Hinweis auf die Vielfältigkeit Tirols und die unterschiedlichen Startorte sei an dieser Stelle gerne gestattet.

Auf der anderen Seite legt die virtuelle Welt erstaunlichen Detailreichtum an den Tag. Fährt man unter der Bahnüberführung durch, quert oben eine rot-weiße Cityjet-Garnitur der ÖBB. Auf der Inntalautobahn rollt der Verkehr, beim sommerlichen Dauerstau wirkt allerdings das Tempo der Fahrzeuge stark übertrieben. ;) Markante Gebäude wie das Ramada-Hotel sind klar wiedererkennbar, das Goldene Dachl sowieso. So macht es Spaß, über den WM-Kurs zu fahren - auch wenn man einmal nicht die Watt-Anzeige im Auge hat.

Fazit

Zwift ist realistisch. Punkt. Über einzelne Details und Algorithmen wird man immer diskutieren können, aber Schweiß, Anstrengung und auch Trainingseffekt sind real. Was in der Formel Eins schon lange praktiziert wird, ist jetzt auch zum Teil für Radsportler möglich - sich einen Kurs vorab einzuprägen. Die Umsetzung des WM-Kurses wirkt sehr gelungen, der Detailreichtum ist groß und es macht Freude, einzelne Dinge wiederzuerkennen. Die 28 Prozent der Höttinger Höll bleiben jenen vorbehalten, die ins echte Innsbruck reisen - und das ist vermutlich auch besser so...

Arlberg Giro

Aus mir wird kein Bergfahrer mehr… Vor knapp drei Wochen bin ich mit zwei Kameras zwischen den Serpentinen der Arlbergstraße auf der Lauer gelegen - wartend, bis sich der Tross der 70. Österreich Rundfahrt über die langgezogene Straße heraufbewegt, die Kehren durchfährt um anschließend auf der anderen Seite des Arlbergs nach Tirol hinunter zu rollen.

Letztes Wochenende bin ich es nun, der hier auf dem Rad sitzt und sich Tritt um Tritt hinaufarbeitet. Die Suplesse der Tour-Teilnehmer lege ich natürlich nicht an den Tag - was bei ihnen spielerisch leicht ausgesehen hat, gleicht bei mir eher einem Überlebenskampf. Dabei ist der Arlberg doch erst der Anfang - aus mir wird wohl kein Bergfahrer mehr…

Der Hochstein in Lienz über Bannberg - 1400 Höhenmetern auf 11 Kilometern

Die Woche zuvor hab ich noch ein (sehr) kurzes Trainingslager in Osttirol eingelegt. Wo sonst, wenn man Berge fahren will - kurz und steil, das Intensiv-Training quasi. Auf die Hochsteinhütte bin ich gefahren - 1400 Höhenmeter auf knapp elf Kilometern. Ich hab es hinauf geschafft, aber aus mir wird wohl kein Bergfahrer mehr. Hinunter hab ich dafür meine Bremsen beleidigt. Merke: Auch Scheibenbremsen kommen irgendwann an ihre Grenzen. Die Bremsleistung ist zwar nach wie vor da, Schleifen und Quietschen (bis hin zu einem ab und zu auftretenden ohrenbetäubenden Kreischen) sind ab diesem Zeitpunkt meine Begleiter. Scheibenbremsen-Diskussion außen vor gelassen… ein paar Dinge haben noch Optimierungspotential!

Sankt Anton am Arlberg ist den meisten wohl als Wintersportort bekannt, aber als keiner, in dem Apres Ski, „Klopfer“ und Ski-Ballermann regieren. Nach St. Anton - oder „Stanton“, wie die englischen ÖBB-Durchsagen bis heute suggerieren - kommen jene, die tatsächlich Ski-Urlaub verbringen wollen und jene, die auch tatsächlich Skifahren können. Für alles andere ist das Gelände hier zu anspruchsvoll. Wie so viele Wintersportorte versucht St. Anton, sich auch im Sommer als Destination zu etablieren. Die Voraussetzungen dafür sind dabei erdenklich gut. Wunderbare Berge laden zum Wandern ein, das hochalpine Gelände bringt jeden Besucher zum Staunen, diverse Freizeitangebote im Ort bieten Möglichkeiten zur Zerstreuung. Außerdem hat man mit der sogenannten Sommercard auch eine gute Variante gefunden, all diese Angebote leicht zugänglich zu machen und entsprechend zu bündeln. Im Unterschied zu anderen Destinationen hat es St. Anton außerdem geschafft, den Erfolg des Winters halbwegs nachhaltig in die Landschaft und das Ortsbild einzufügen. 

Und man setzt auf das Fahrrad - sowohl Mountainbike als auch Rennrad sind wesentliche Pfeiler der Sommerstrategie. Mountainbike liegt auf der Hand, die Tiroler Alpen empfangen Fahrer*innen mit offenen Armen und zahlreichen und abwechslungsreichen Strecken (auch wenn Wegerecht und Nutzungskonflikte natürlich auch hier Themen sind). Auf dem Rennrad verringert sich der Variantenreichtum der Streckenführung entsprechend - zu eng sind die Täler, zu dicht der Verkehr. Umso größere Bedeutung haben die Veranstaltungen, die man alljährlich ausrichtet, und die mittlerweile eine beträchtliche Anhängerschaft aufweisen, die jedes Jahr wieder an den Fuß des Arlbergs kommt - zum Beispiel wenn es darum geht, den Arlberg Giro zu bestreiten.

Zum achten Mal findet der Giro statt, 2018 ist er zum ersten Mal ausverkauft und mit 1.500 Starter*innen der Adoleszenz jedenfalls entwachsen. Die Strecke ist altbekannt: Von Sankt Anton über den Arlberg nach Vorarlberg, durch das Montafon, hinauf auf einen der spektakulärsten Alpenpässe - die Silvretta Hochalpenstraße, durchs das Paznauntal zurück bis Pians und nach der Wende durchs Stanzertal zurück zum Startort. 150 Kilometer und rund 2.500 Höhenmeter misst diese Runde.

Um sieben Uhr fällt der Startschuss zum Rennen. Es gibt vier Startblocks, die Zuteilung ist mit farbig codierten Startnummern zweifelsfrei erkennbar, es gibt keine Diskussionen oder Fragezeichen. Wer in den falschen Block eingeteilt wurde oder sich im letzten Moment doch noch umentscheiden möchte, der findet bei der Startnummernausgabe noch (kooperatives) Gehör bei den freundlichen Mitarbeiter*innen der Veranstaltung. Mit sechs Minuten Abstand werden die Blocks auf die Strecke gelassen - ausreichend, um ein flottes Vorankommen zu gewährleisten und gleichzeitig allzu große Fahrergruppen zu vermeiden.

Der Startbogen steht vor dem Gemeindeamt in der Fußgängerzone von Sankt Anton - zentraler geht es nicht - vorteilhaft, da auch alle Hotels praktisch in Gehweite des Startbereichs liegen. Bereits zur frühen Morgenstunde sind zahlreiche Zuschauer vor Ort, man wird angefeuert und mit den besten Wünschen auf die Strecke entlassen. In den letzten Jahren war der Start noch auf 6:00 gelegt, damals hauptsächlich aus Rücksichtnahme auf die Baustelle im Arlbergtunnel und das damit verbundenen erhöhte Verkehrsaufkommen. Sieben Uhr ist immer noch früh genug, doch auch hier wird sich später auf der Strecke herausstellen, dass es sinnvoll ist, dem Verkehr so gut wie möglich auszuweichen (auch ohne Baustellen).

Nach einer kurzen Schleife durch die Innenstadt von St. Anton geht es über die Umfahrungsstraße vorerst noch ein paar hundert Meter nahezu flach dahin, bevor es mit dem Anstieg auf den Arlbergpass unmittelbar ernst wird. Auf rund sechs Kilometern sind bis Sankt Christoph rund 500 Höhenmeter zu absolvieren - es ist ein ruhiger und vergleichsweise langsamer Start im Feld. Für mich heißt der erste Anstieg 300 Watt für gut zwanzig Minuten, nachdem es nachher recht lang bergab geht, kann man hier noch investieren.

(c) Dominik Kiss für bikeboard.at

Um 7:30 dann die Kuppe am Arlbergpass erreicht, kurz nach St. Christoph lichten sich die Wolken, die Berge sind plötzlich in goldenes Morgenlicht getaucht und der frische Wind der bevorstehenden Abfahrt fährt durch jeden Teil des Körpers - "High" nennt man das dann wohl. Doch zum Genießen bleibt nicht viel Zeit, es folgen die wunderbaren neuen Kehren auf der Vorarlberger Seite des Arlbergs und danach eine schnelle Abfahrt durch Galerien und Tunnels. Es geht gut bergab, die Straßen sind breit und leer - das Tempo ist entsprechend hoch, 80 km/h stehen auf dem Tacho. Vorsicht ist trotzdem geboten, in einem großen Feld mit anderen Amateuren und Hobbyfahrern gilt es immer, die Übersicht zu bewahren. Mein Rad meldet sich zwischendurch "zu Wort" - die Bremsen funktionieren einwandfrei, die Scheiben gleichen allerdings nach eineinhalb Wochen Bergfahren und der Abfahrt vom Arlberg eher Pringles-Chips als glatten Metallscheiben, dementsprechend "originell" ist die Geräuschentwicklung. Zumindest bekomme ich dadurch etwas mehr Platz, so schnell fahren die Leute ängstlich zur Seite, sobald von hinten meine Bremsen zu hören sind.

Kurz vor Bludenz ist der erste Wendepunkt der Strecke erreicht, es geht ins Montafon und dort zuerst gute zwanzig Kilometer recht flach ins Tal hinein. "Flach ins Tal hinein" schreit nach einer guten Gruppe zum Mitfahren, aber genau diese hat sich irgendwie kurz zuvor aufgelöst. Ein Phänomen, das ich immer wieder bei Rennen bemerke - plötzlich sind gut zehn oder sogar zwanzig Fahrer zersprengt und irgendwo verschwunden, Gruppenarbeit ist so nicht mehr möglich. So bin ich einige Kilometer nur mit einem zweiten Fahrer unterwegs, es gleicht eher einer gemütlichen Ausfahrt als einer sportlichen Großveranstaltung. Auch wenn sich dann langsam wieder andere Fahrer*innen zu uns gesellen, spätestens bei Kilometer 60 ist das ohnehin nicht mehr allzu relevant.

Da beginnt nämlich bei der Mautstelle Partenen der Anstieg zur Biehlerhöhe. Der kleine Aufkleber auf meinem Oberrohr, den alle Teilnehmer*innen im Startersackerl bekommen haben, zeigt einen langen Anstieg, ab in die niedrigen Gänge und konstant und ruhig hinaufkurbeln. Die durchschnittliche Steigung täuscht, geht es doch im oberen Bereich auch mal etwas mehr als einen Kilometer flach dahin. Die Steigungsprozente sind daher mehrheitlich zweistellig, die Beine werden schwerer und gleichzeitig leerer, auch die Sonne hat sich rechtzeitig entschieden, in ihrer vollen Kraft auf die Radler*innen herunterzuscheinen. Aus mir wird definitiv kein Bergfahrer mehr.

(c) Dominik Kiss für bikeboard.at

Wunderschön liegen die Kehren am Hang und mit jedem Höhenmeter wird der Ausblick noch spektakulärer - auch wenn für die Schönheit der Natur wenig Zeit bleibt. Teilweise ist der Verkehr auf der Strecke etwas lästig, brenzlige Situationen bleiben jedoch - zumindest für mich - aus. Leider ist es für den Veranstalter schlicht und ergreifend nicht möglich, die Strecke für einen längeren Zeitraum zu sperren, gibt es doch auf österreichischem Territorium nur diese zwei Strecken in Ost-West-Richtung.

(c) Dominik Kiss für bikeboard.at

Oben am Stausee angelangt, gönne ich mir eine Pause bei der zweiten Labe - aufgeschnittene Wurst- und Käsesemmeln, aufgeschnittenes Obst, Iso-Getränke, Wasser - außerhalb eines Rennens würde ich hier länger bleiben, eine gemütliche Jause mit grandiosem Ausblick genießen. Die folgende Abfahrt ist lang - genau genommen rund vierzig Kilometer lang. Es ist keine spektakuläre Abfahrt mit Kehren und Serpentinen - davon gibt es nur zwei im oberen Teil der Abfahrt. Die restlichen Kilometer sind anspruchsvoll, keine Zeit zum Ausruhen, nicht steil genug um es - ohne Treten - rollen zu lassen. Es bedarf also wiederum einer guten Gruppe, um diesen Streckenabschnitt erfolgreich und flott bewältigen zu können. Es dauert einige Kilometer, bis sich eine halbwegs gute Gruppe gefunden hat, auch ich habe meinen Teil an Führungsarbeit zu leisten, es gibt Diskussionen, keiner will mitführen, irgendwann funktioniert es dann doch - ein bekanntes Spiel, das jedoch in den meisten Fällen Kraft kostet.

Es geht durch Galtür, vorbei an Ischgl und hinunter nach Pians - es werden unzählige Tunnel und Gallerien durchfahren - bei höherem Tempo ein spannendes Gefühl! Um keine Langeweile aufkommen zu lassen, verirrt sich mitten während der Abfahrt ein Insekt in meinen Helm - wohlgemerkt hat der Met Manta nur drei klitzekleine Öffnungen, es gleicht also der Wahrscheinlichkeit eines Lottogewinns, dass mein fliegender Freund ins Innere meines Helms gelangt. Das Krabbeln auf meinen Haaren macht mich dann doch etwas nervös, also kurz Helm ab und gleich wieder auf - Problem gelöst. Und wenn wir schon von Unterhaltung sprechen - auch hier bieten sich zahlreiche Gelegenheiten, über meine schleifenden Scheibenbremsen zu plaudern, ich verweise immer wieder mit Augenzwinkern darauf, dass es sich dabei um psychologische Kriegsführung handelt...

Die Labe in Pians lasse ich aus - im Nachhinein betrachtet vielleicht nicht die intelligenteste Entscheidung, aber mit funktionierenden Gruppen möchte man ja immer gerne weiterfahren. Von Pians nach St. Anton geht es "nur noch" rund zwanzig Kilometer "nach Hause", auch die Steigung ist nominell nicht tragisch. Die schmierende Steigung (3-4 Prozent), die mittlerweile heißen Temperaturen und die dann doch recht leeren Beine ziehen bei mir den Stecker. Ich muss meine Gruppe fahren lassen, finde ein paar versprengte Fahrer*innen, die offenbar in einer ähnlichen Situation sind, werde von anderen Gruppen eingeholt, muss dieselben wieder fahren lassen. Mit drei Kollegen finde ich mich auf den letzten zehn Kilometern wieder, noch immer ansteigend und immer nach dem Talschluss mit der Ziellinie Ausschau haltend. Der Blick pendelt zwischen der Kilometeranzeige auf meinem Tacho und dem Hinterrad meines Vordermanns. Einmal noch Zähne zusammenbeissen - mein Ziel von fünfeinhalb Stunden tickt gerade vorüber, da erkenne ich nach einer Links-Rechts-Kombination die Ortseinfahrt von St. Anton - Flamme Rouge und die Zielgerade in die Innenstadt. Moderator Martin Böckle von Alpentour.tv begrüßt mich im Ziel, nachdem wir uns zuletzt bei der Ö-Tour und bei den Wachauer Radtagen oft begegnet sind - er und sein Team sorgen übrigens für die sehr erfreulichen und tollen Livestreams und Fernsehberichte von Radsportereignissen.

(c) Dominik Kiss für bikeboard.at

Die Zielverpflegung genieße ich ausgiebig, bei mittlerweile knapp dreißig Grad wollen die Flüssigkeitsspeicher wieder entsprechend aufgefüllt werden. Im Ziel freue ich mich, meine Freunde und Kollegen und einige bekannte Gesichter zu treffen - Radsport mit und bei Freunden, so macht das am meisten Spaß!

Aus mir wird also kein Bergfahrer mehr - zumindest kein guter. Aber ich werde trotzdem immer und immer wieder auf Berge hinauffahren, mich hinaufquälen. Weil Radfahren am Berg so etwas wie die Essenz des Radfahrens darstellt. Egal wie lange man braucht, das Erreichen des Gipfels, der Sieg gegen sich selbst, die Steigung und die Elemente - mit dem eigenen Körper als Antrieb, großartig! Die Faszination, die die Berge ausüben, lässt ohnehin jegliche Zeiten und vermeintliche Rückstände vergessen machen.

Und wenn wir schon bei den Bergen sind: den als Wiener zugegebenermaßen weiten und mühsamen Rückweg nicht am gleichen Tag antreten zu müssen, legt nahe, gleich ein paar Tage in St. Anton zu verbringen. Im Sommer muss man kein Vermögen sein eigen nennen, um hier auf das gesamte Urlaubsangebot zugreifen zu können. Wer sich davon selbst überzeugen möchte, dem sei eine Gondelfahrt auf die Valluga oberhalb des Orts nahegelegt - 2.809 Meter! Bis zum nächsten Mal!

Der Strava-Track zu meinem Arlberg-Giro 2018.

Die Teilnahme am Arlberg Giro 2018 und dem Rahmenprogramm erfolgte auf Einladung des Veranstalters.

Mehr Fotos im Bericht auf bikeboard.at. Titelfoto: (c) Dominik Kiss für bikeboard.at